Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
junge Mann. Grambrod schluckte.
»Da
hab ich sie immer längs joggen sehen, diese Reporterin. Ich hab sie sofort
erkannt, denn meine Julia schaut oft auf Sporttwenty4seven allen
möglichen Mädchensport, und da ist die Ratzki immer mit von der Partie. Morgens
und nachmittags, jedenfalls, joggte sie am Strand, immer ungefähr zur gleichen
Zeit.«
»Woher
wissen Sie das? Haben Sie auf die Uhr gesehen?«
»Nein,
wozu? Ich hab keine normale Uhr. Das ist meine Uhr!« Grambrod klopfte sich auf
den Bauch. »Morgens war es etwa eine Stunde nach dem Frühstück und eine halbe
Stunde vor meinem Prä-Mittagessen-Imbiss. Nachmittags lief sie eine dreiviertel
Stunde vor Ollis Kuchenschlacht am Meer lang. An dem Tag, als dieser furchtbare
Artikel erschien, bin ich nach dem Frühstück an den Strand und hab auf sie
gewartet, denn ich war richtig im Brass. Wie kam sie dazu solche Gemeinheiten
über meine Jungs zu faseln? Ich wollte ihr ordentlich den Marsch blasen, aber,
naja, sie kam nicht. War wohl auf Tauchstation gegangen und wollte nicht in der
Nähe des Hotels joggen, in dem die Bütter wohnen. Verständlich. Also bin ich am
Nachmittag den Strand runtergelaufen, fast bis zu den Klippen. Auf einmal waren
da überall Algen und gruseliges, schleimiges Zeug, kein Mensch war dort, und
ich dachte mir, dass man hier weder in der Brandung sitzen noch joggen kann,
doch da tauchte sie plötzlich auf, sprang über das Algenzeug wie ein munteres
Rehkitz! Da hab ich mich ihr in den Weg gestellt und sie konnte nicht weiter.«
Kadir
nickte. Verständlich.
»Ich
bin direkt zur Sache gekommen, wollte wissen, warum sie meine Bütter so durch
den Dreck zieht, vor allem meinen Rocco, der…« Maximus Grambrod schniefte und
wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab.
»Sie
war… so merkwürdig… wie in einem Rausch! Stemmte die Hände in die Hüften und
lachte mich aus, wollte sich gar nicht mehr einkriegen. Nun, das bin ich
gewöhnt, das passiert mir ständig, außer in meiner Firma, naja, dort vielleicht
hinter meinem Rücken, aber trotzdem – wie diese Frau lachte, da machen Sie sich
keine Vorstellungen. Da bin ich immer wütender geworden, ganz von alleine,
richtig wütend! Es ging ja nicht um mich sondern um Rocco. Um die Bütter. Meine
Mannschaft!«
Kadir
warf Schmalfuß einen verstohlenen Blick zu. Stimmige Reaktion, in toto
nachvollziehbar, signalisierte Schmalfuß zurück.
»Ich
hab sie angefleht, es bei diesem einen Artikel zu belassen, hab ihr sogar Geld
geboten, stellen Sie sich vor! Als das nichts fruchtete, hab ich ihr gedroht,
hab ihr gesagt, dass ich sie fertigmachen würde. Wie, das wusste ich nicht, und
ich war selbst erstaunt, dass ich mich auf einmal anhörte wie ein
Knochenbrecher. Und sie hat’s mir angesehen, dass ich keinen Schimmer hatte.
Schließlich hab ich gebettelt, dass sie, wenn sie schon Schund schreiben muss,
alle anderen aufs Korn nimmt, aber nicht mehr Rocco. Bitte nicht mehr Rocco!«
Wahre
Liebe, dachte Kadir und betrachtete Grambrods aufgeschwemmtes Gesicht mit neu
erwachtem Interesse.
»Da
hat sie aufgehört zu lachen und mich angezischt, dass es gerade für Rocco noch
dicker kommen würde. Alles im Kasten, sagte sie, und wedelte mit ihrem doofen iPhone
vor meiner Nase hin und her. Sie bräuchte es nur noch runterschreiben, heute
Abend wäre es wieder soweit! Wie ich diese Dinger hasse!«
Deshalb
haben wir keine weiteren Artikel auf der Festplatte ihres Laptops gefunden,
fiel Kadir ein. Sie hatte die Interviews mit Hakan und allen anderen mit dem iPhone
aufgenommen und schrieb erst kurz vor der Veröffentlichung, vielleicht aus
Angst vor Hackern oder Ideendieben.
»Sie
sagte, es erwarte mich ein echter Knaller, und weil ich so ein fettes, liebes
Bärchen wäre, würde sie mir jetzt schon ein Stichwort geben.«
Grambrod
schloss die Augen und sah die dürre Eva Ratzki vor sich, die wie ein
Spinnentierchen vor ihm auf und nieder hüpfte.
»Du
wirst mir die Idee nicht klauen, Dickerchen, denn du willst ja nicht, dass sie
veröffentlicht wird. Und ich platze, wenn ich sie nicht irgendjemand erzählen
kann! Rocco Erdmann ist ein gehörnter Ehemann, richtig schön nach alter Schule,
wie aus dem Lehrbuch! Ein Trottel, ein blinder Vollidiot, der nicht merkt, wie
sehr ihn seine Frau verascht!«
»Das
iz niz waaa!!«, schrie Grambrod sich verhaspelnd und versuchte nach dem Arm der
Reporterin zu haschen, damit sie endlich einmal stehenbliebe und ihm aufmerksam
zuhörte. Er atmete schwer und sortierte
Weitere Kostenlose Bücher