Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
schon lange in Pension, bin immer noch von starkem Instinkt
geleitet. Kommen Sie, wir gehen zusammen in die kühle Lobby.«
Nun, dachte Schmalfuß, nachdem er
sich überwunden und Grambrod wieder beim Arm genommen hatte, da hat wohl eher
der Schweißhund in mir Witterung aufgenommen als ein würdevoller Ex-Amtsträger.
Kadir
genoss noch einen Augenblick die Aussicht, dann zündete er sich eine Zigarette
an und schlenderte langsam, gefolgt von Popeyes wachsamen und argwöhnischen
Blicken, zurück zum Auto. Wie bei seinem ersten Gespräch mit Madlen spürte er,
das die Puzzleteile nicht zusammenpassten, aber er fand die richtigen
Verbindungsstücke nicht.
Sein
Handy klingelte, als er eben den Motor starten wollte.
»Schmalfuß?
Hallo! Was gibt’s? Oder wollen Sie nur wissen, wie es hier gelaufen ist, also,
leider… was? Bitte, stopp, stopp, langsam, erzählen Sie eins nach dem
anderen, so hektisch kenne ich Sie ja gar nicht.«
Kadir
lauschte stumm und schrak erst auf, als ein langer Streifen Zigarettenasche auf
sein Bein fiel.
»Okay.
Sie sind jetzt wo? Ist gut. Ja, ich mach mich sofort auf den Weg.« Kadir
lächelte. »Ja, Papa Schmalfuß, ich fahr vorsichtig. Bestimmt.«
Er
steckte sein Handy ein und stieg aus dem Wagen. Natürlich werde ich vorsichtig
fahren, ich habe ja leicht explosiven Sprengstoff bei mir.
Mit energischen Schritten, die
ihn an Madlen erinnerten, stapfte Kadir zurück zum Amphitheater und zum
Wohnwagen der Moderatorin.
Refik
Dalga lehnte an einem Besuchertresen, der den kleinen Raum des Polizeireviers
in der Mitte teilte, und fixierte Madlen Erdmann, die Kadir zu dem Tisch
geführt hatte, an dem der komiser üblicherweise mit seinen
Hilfspolizisten Domino spielte und Tee trank. Noch eine Ausländerin, dachte er,
mit Haaren in der Farbe von klebrigen Karamellbonbons. Aber zumindest keine
tote Ausländerin. Behalten Sie sie im Auge, hatte Kadir ihm zugeflüstert, sie
hat schon im Auto Zicken gemacht. Sie scheint zu ahnen, dass sie in der Tinte
sitzt, aber sie weiß noch nicht wie tief.
Refik
Dalga steckte sich einen Zahnstocher in den Mund und rollte ihn von einem
Mundwinkel in den anderen. Dies hatte er einmal in einem amerikanischen Film
gesehen, und obwohl er die Imperialisten eigentlich verabscheute so wie sein
Vater sie schon verabscheute, hatte es ihm mächtig imponiert, wie
eingeschüchtert der Verdächtige in dem Film von dieser Geste gewesen war.
Madlen
Erdmann blickte ausdrucklos auf die Tür, die den Zellentrakt mit dem Revier verband,
und durch die Kadir soeben verschwunden war. Dalga grunzte. Doch Madlen beachtete
ihn immer noch nicht, und als sich der Zahnstocher in Dalgas Bartspitzen
verhedderte, spuckte er ihn ärgerlich aus.
Herbert
Schmalfuß stand von der Pritsche auf und trat zur Gittertür.
»Hier
sind wir! Hier drinnen!«
Kadir
trat zur letzten der drei Zellen, und Schmalfuß flüsterte ihm ins Ohr: »Herr
Grambrod wollte nicht auf Frau Erdmann treffen, deshalb schlug ich diese
Lokalität vor.«
Maximus
Grambrod saß regungslos am Rand einer Pritsche und sah Kadir furchtsam
entgegen. Schmalfuß setzte sich neben ihn und tätschelte ihm beruhigend die
Hand.
»Ich
möchte nicht in ein türkisches Gefängnis«, stammelte Grambrod, und seine Blicke
pendelten zwischen Schmalfuß und Kadir, der sich auf der gegenüberliegenden
Pritsche niedergelassen hatte, hin und her.
Du
bist schon drin, dachte Kadir, sagte aber nichts, sondern überließ es Schmalfuß
wie eine besänftigende Glucke zu gurren, bis Grambrod willens war zu erzählen.
»Diese
Reporterin, die…« Grambrod holte tief Luft, und die Eisenketten, an denen die
Pritsche in der Wand festgemacht war, knirschten in ihren Halterungen.
»Ich
war das. Ich hab sie getötet. Sie können den Patrick wieder laufen lassen.«
Irritiert sah sich Grambrod um. »Wo ist der überhaupt?«
»Nach
Antalya überstellt. Das spielt aber im Moment keine Rolle. Bitte erzählen Sie
einfach, was sich zugetragen hat.«
»Also,
es war so. Ich sitze gerne am Strand, so oft ich kann, und nachdem das
Sportprogramm von meiner Julia auf einmal aufhörte, hatte ich sogar noch mehr
Zeit. Sehen sie, die Wellen kitzeln immer so schön.« Er wandte sich an
Schmalfuß, denn der junge Mann blickte ihm zu streng und schien nicht zu
wissen, was er meinte. »An den Füßen. Und auch an den Beinen, hier in den Kniekehlen,
als ob eine süße…«
»Sie
saßen also in der Brandung oder nahe der Brandung. Und dann?«
Er
war wirklich streng, der
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