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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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musst es mir nicht sagen“, flüsterte sie sanft.
Ich hob die linke Hand und schob ihr mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus der Stirn, ließ die Finger dann langsam an ihrem Gesicht heruntergleiten, an ihrem weichen, warmen Hals entlang, dann um die kleine, feste Rundung der rechten Brust. Als ich die Hand drehte, streifte ich mit der Handfläche die Brustwarze, dann fuhr ich wieder hoch zu ihrem Gesicht und zog Grace auf mich. Einen Augenblick lang hielt ich sie so fest, dass ich unsere Herzen so laut klopfen hörte, als falle Hagel in einen Wassereimer. „Mein Vater“, begann ich, „hat mich mit einem Bügeleisen verbrannt, um mir eine Lektion zu erteilen.“
„Was für eine Lektion?“ fragte sie.
„Nicht mit dem Feuer zu spielen.“
„Was?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Vielleicht nur, um seine
Macht zu beweisen. Er war der Vater, ich der Sohn. Er wollte mich verbrennen, also hat er’s getan.“
Sie hob den Kopf, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann grub sie die Finger in mein Haar, suchte mit ihren großen, geröteten Augen meinen Blick. Ihr Kuss war hart und heftig, so als wolle sie den Schmerz aus mir heraussaugen. ‘
Als sie mich freigab, war ihr Gesicht nass.
„Er ist tot, oder?“
„Mein Vater?“
Sie nickte.
„O ja. Er ist tot, Grace.“
„Gut“, antwortete sie.
Als wir uns einige Minuten später wieder liebten, war es eins der schönsten und verwirrendsten Erlebnisse in meinem ganzen Leben. Wir hielten die Handflächen gegeneinander gepresst, die Unterarme ebenfalls, mein ganzer Körper, jeder Muskel, jeder Knochen wurde von ihrem Körper bedeckt. Dann zog sie die Knie hoch zu meinen Hüften und nahm mich in sich auf. Sie schob die Beine seitlich an mir herunter und klemmte die Fersen unter meine Knie, so dass ich ganz und gar eingewickelt war, als sei mein Fleisch mit ihrem verschmolzen, als hätte sich unser beider Blut vereint. Sie schrie laut auf, und ich spürte den Schrei, als entstammte er meinen eigenen Stimmbändern.
„Grace“, flüsterte ich, als ich in sie eindrang. „Grace.“
Kurz vor dem Einschlafen flüsterte sie mir etwas ins Ohr. „Nacht“, sagte sie schläfrig.
„Nacht.“
Heiß und elektrisierend fuhr sie mir mit der Zunge ins Ohr. „Ich liebe dich“, murmelte sie.
Als ich die Augen aufschlug, um sie anzusehen, schlief sie bereits. Um sechs Uhr morgens wachte ich von dem Geräusch der Dusche auf. Das Bettlaken roch nach ihrem Parfüm und ihrem Körper, ein bisschen nach dem Desinfektionsmittel aus dem Krankenhaus, nach unserem Schweiß und nach Sex. Das alles schien sich im Stoff verewigt zu haben, so als befände es sich dort schon seit langer Zeit.
Ich ging ins Badezimmer. Sie lehnte sich gegen mich, während sie sich das Haar kämmte.
Ich griff unter das Handtuch, Wasserperlen von ihren Unterschenkeln liefen an meiner Hand herunter.
„Mach dir keine Hoffnung!“ Sie küsste mich. „Ich muss zu meiner Tochter und dann ins Krankenhaus. Nach der Nacht bin ich froh, dass ich noch gehen kann. Los, fang an mit dem Aufräumen!“ Ich duschte alleine, während sie in der Kommode, die ich ihr überlassen hatte, nach sauberen Kleidungsstücken suchte. Ich merkte, dass ich auf das übliche Gefühl von Unbehagen wartete, das mich immer beschleicht, wenn eine Frau mehr als, sagen wir, eine Stunde in meinem Bett verbracht hat. Aber es kam nicht.
„Ich liebe dich“, hatte sie kurz vor dem Einschlafen gemurmelt. Komisch.
Als ich ins Schlafzimmer zurückkehrte, zog sie gerade die Betten ab; sie trug eine schwarze Jeans und ein dunkelblaues Oxfordhemd.
Ich stellte mich hinter sie, während sie sich über die Kopfkissen beugte.
„Wenn du mich anfasst, Patrick, bist du tot!“
Ich legte die Hände auf den Rücken.
Als sie sich mit dem Bettzeug in der Hand umdrehte, lächelte sie und fragte: „Wäsche waschen – kommt dir das bekannt vor?“ „Schon mal gehört.“
Sie warf alles auf einen Haufen in der Ecke. „Kann ich davon ausgehen, dass du das Bett frisch beziehst, oder schlafen wir das nächste Mal, wenn ich hier bin, auf der nackten Matratze?“ „Ich werde mein Bestes tun, Madam.“
Sie schlang mir die Arme um den Hals und küsste mich. Dann zog sie mich fest an sich, und ich drückte sie genauso fest.
„Es hat jemand angerufen, als du geduscht hast.“ Sie lehnte sich in meinen Armen zurück.
„Wer? Es ist noch nicht mal sieben Uhr morgens.“
„Das habe ich auch gedacht. Er hat seinen Namen aber nicht genannt.“
„Was hat er denn

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