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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Augen ihrer Tochter verprügelt, Bubba.“ „Ja und? Er hatte es verdient.“
„Das wusste Grace aber nicht, und Mae ist noch zu jung dafür.“ „Was soll ich sagen, Patrick? Schlechter Tag für Kev, guter Tag für mich. Oh, Scheiße, ja.“
Ich seufzte. Bubba Umgangsformen und Moralvorstellungen beibringen zu wollen ist genauso aussichtslos, wie einem Big Mac zu erklären, was ein Cholesterinspiegel ist.
„Passt Nelson noch auf Grace auf?“ wollte ich wissen.
„Mit Argusaugen.“
„Bis das alles vorbei ist, muss er dranbleiben, Bubba.“
„Das wird ihm gefallen. Ich glaube, er verliebt sich gerade in die Frau.“
Ich musste mich beinahe schütteln. „Und was machen Kevin und Jack?“
„Sie packen. Sieht aus, als hätten sie ‘ne Reise vor sich.“ „Wohin?“
„Keine Ahnung. Finden wir noch raus.“
Ich merkte, dass seine Stimme ein wenig enttäuscht klang. „Hey, Bubba!“
„Ja?“
„Danke, dass du auf Grace und Mae aufgepasst hast.“
Der Ton wurde freundlicher. „Na, klar! Das würdest du ja auch für mich tun.“
Wahrscheinlich ein bisschen unauffälliger, aber…
„Sicher“, bestätigte ich. „Musst du dich vielleicht eine Zeitlang dünnmachen?“
„Warum?“
„Vielleicht will sich Kevin an dir rächen.“
Er lachte. „Ja, und?“ Dann schnaufte er verächtlich: „Kevin!“ „Und was ist mit Jack? Er muss doch sein Gesicht wahren und dich zusammenschlagen lassen, weil du einen seiner Leute erledigt hast.“
Bubba seufzte. „Jack ist ein Wichser, Patrick. Das hast du nie verstanden. Sicher, er hat schon einige aus dem Verkehr gezogen, er ist gefährlich, aber nur für Leute, die verletzbar sind. Nicht für jemanden wie mich. Er weiß genau, dass er eine riesige Armee aufstellen muss, um mich zu erwischen. Und dass er sich auf einen Krieg einstellen muss, wenn er mich verfehlt. Er ist… als ich in Beirut war, haben wir immer Gewehre ohne Munition bekommen. Genau das ist er. Ein ungeladenes Gewehr. Und ich bin das abgedrehte Schiiten-Arschloch, das mit einem Lkw voller Bomben um die Botschaft kurvt. Ich bin der Tod. Und Jack ist zu feige, um sich mit dem Tod anzulegen. Ich meine, der Typ hat mal beim EES angefangen.
„Beim E-S?“ fragte ich.
„E-E-S. Der Edward-Everett-Schutzverein. Diese NachbarschaftsWachmannschaft. Weißt du nicht mehr? Damals in den Siebzigern?“
„Nicht mehr richtig.“
„Scheiße, Mensch! Das waren alles brave Bürger, die waren ganz heiß darauf, unsere Gegend vor Niggern, Latinos und anderen Leuten zu schützen, die komisch aussahen. O Mann, mich haben sie zweimal geschnappt. Dein Alter hat mir damals den Arsch versohlt, Mannomann, das…“
„Mein Alter?“
„Ja. Hört sich jetzt komisch an. Mensch, den ganzen Verein gab es ja nur so sechs Monate lang, aber so kleine
Gauner wie ich damals waren dran, wenn sie erwischt wurden, das stimmt schon.“
„Wann war das?“ fragte ich, während mir Bruchstücke von damals in Erinnerung kamen: die Treffen in unserem Wohnzimmer, laute, vor Selbstgerechtigkeit strotzende Stimmen, in Gläsern klappernde Eiswürfel und leere Drohungen gegen Autodiebe, Einbrecher und Graffitisprayer, die unsere Gegend unsicher machten.
„Keine Ahnung.“ Bubba gähnte. „Ich habe damals noch Radkappen geklaut, also war ich wahrscheinlich gerade erst aus dem Kindergarten raus. Wir waren so elf, zwölf Jahre. Wahrscheinlich ‘74 oder ‘75. Als wir mit den Schulbussen rumgekarrt wurden.“
„Und mein Vater und Jack Rouse…
„Waren die Anführer. Dann waren da noch, wart mal, Paul Burns und Terry Climstich und so ein kleiner Typ, der immer ‘ne Krawatte anhatte, der wohnte nicht lange in der Gegend, und dann, ach ja, zwei Frauen. Das vergesse ich nie – einmal wurde ich erwischt, als ich an Paul Burns’ Auto die Radkappen abmontierte, und plötzlich kriegte ich eine von hinten, na ja, nicht so schlimm, aber als ich mich umdrehte, waren das Frauen. Also echt!“
„Wer waren die Frauen, Bubba?“ fragte ich.
„Emma Hurlihy und Diedre Rider. Kannst du das glauben? Zwei Hühner treten mir in den Arsch? Der Wahnsinn! Hm?“
„Ich muss Schluss machen, • Bubba. Ich melde mich. Okay?“ Ich legte auf und rief Bolton an.

28
    „Was haben diese Leute denn gemacht?“ fragte Angie.
Wir standen mit Bolton, Devin, Oscar, Erdham und Fields vor Angies Couchtisch und betrachteten die Abzüge eines Fotos, das Fields durch einen nächtlichen Anruf beim Herausgeber der Dorchester Community Sun erhalten hatte, eines lokalen Wochenblattes,

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