Abstauber
Bundesligatrainer durfte er
sein, denn die sind keine Vorbilder«, fügte Tauner hinzu.
»Und jetzt hat man ihm verziehen?«
Offenbar hatte Bärlach eine sehr gute Auffassungsgabe und wusste Tauners zynische
Einwürfe zu ignorieren, obwohl er ihn erst seit zehn Minuten kannte.
Pia suchte offenbar den Abschluss
dieses Gespräches, es ging ihr gegen den Strich, wie man in diesem Büro mit Ehlig
umsprang. »Hat man. Es ist schon zwölf Jahre her! Außerdem, vielleicht wären wir
schon längst wieder Weltmeister, wenn Ehlig damals Trainer geworden wäre.«
Tauner nickte glücklich. »Und die
Welt wäre ein besserer Ort ohne Hunger und Krieg. Und außerdem kokst Ehlig. Wäre
ihm nicht zu verdenken – bei dem Stress.«
»Das tut er nicht! Das kann er sich
gar nicht leisten in seiner Stellung.« Pia war jetzt wirklich wütend.
»Tut es denn etwas zur Sache, ob
er jetzt kokst oder nicht?«, fragte Bärlach so unschuldig, dass es fast schon wieder
künstlich wirkte. Wenigstens brachte er wieder Ruhe in die Runde.
Die Staatsanwältin
wusste den Moment zu nutzen. »Ich wollte Sie nicht bei Ihrer Arbeit behindern, Herr
Hauptkommissar. Ich wollte Sie nur bitten, etwas mehr Taktgefühl an den Tag zu legen
als bei Ihrem letzten großen Fall. Äußerungen oder Vermutungen wie die eben von
Ihnen ausgesprochenen sollten Sie für sich behalten, wenn Sie nicht in Teufels Küche
geraten wollen. Die ganze Welt schaut uns zu. An Ihnen liegt es jetzt, wie man über
die Polizei in unserem Land denkt. Handeln Sie nicht vorschnell und sprechen Sie
Ihre Schritte rechtzeitig mit mir ab. Ich werde Ihnen jeden Durchsuchungsbefehl
geben, wenn er nur halbwegs begründet ist.«
Tauner, der eine Brandrede erwartet
hatte, schwieg einen Moment verblüfft und mochte sich selbst nicht zugeben, dass
er auf diese Art von Kooperationsbereitschaft nicht vorbereitet war. Auf Widerstand
zu stoßen oder sich mit jemandem zu streiten, war etwas, dass ihm gut anstand, auf
gute Zusammenarbeit anzustoßen, kam eher jemandem wie Uhlmann gelegen. »Wenn ich
Sie auch um etwas bitten möchte«, meinte er dann honigsüß, nachdem er sich gefasst
hatte. »Übernehmen Sie doch die Pressearbeit für uns. Mir dreht man ja sowieso immer
die Worte im Mund herum.«
»Das tue ich gern.« Die Staatsanwältin
warf ihr blondes Haar zurück, wirkte geübt darin, als hätte sie einen extra Spiegel
dafür zu Hause. »Es liegt ja immer nur an einem selbst, was man preisgibt und wie
viel Spielraum für Interpretation man lässt.«
Tauner zwinkerte ihr zu. »Und da
Sie schon mal da sind, kann man ja fragen, ob wir eine Fahndung nach Spechtler ausrufen
wollen. Der war letzte Nacht nicht in seinem Hotelzimmer und seine Frau auch nicht.
Bisher ist er nicht aufgetaucht.«
Die Staatsanwältin war ein wenig
überrascht. »Ach was? Der geschasste Torwart? Ist sein Motiv nicht ein wenig haltlos?«
Tauner musste anerkennend nicken.
Er hatte befürchtet, sie stürze sich wie eine Hyäne auf den psychisch angeschlagenen
Kerl. »Das denke ich auch. Glaube nicht, dass der mit seiner Frau nach Dresden kommt,
um den Trainer zu ermorden.«
Pia erhob sich. »Du hältst das Motiv
für zu schwach, weil dir Fußball egal ist. Doch wenn du dein Leben lang trainierst
und nur einen Wunsch hast, und dieser wird dir kurz, bevor er in Erfüllung geht,
ausgeschlagen, dann kann es sein, dass du durchdrehst. Vielleicht hatte er es gar
nicht vor, vielleicht kam er nur zufällig an die Information, dass Ehlig vorzeitig
nach Dresden reist. Oder er hatte es geplant und seine Frau sollte ihm das Alibi
liefern.«
»Warum ist sie dann aber weg?«
Pia hob die Schultern. »Vielleicht
hat etwas nicht geklappt? Vielleicht haben sie sich gestritten deswegen. Möglicherweise
hat einer von beiden ein schlechtes Gewissen bekommen. Ich halte es für sinnvoll,
sie zu suchen und beide zu befragen.«
»Das hätten wir auf alle Fälle«,
beschwichtigte Tauner. »Mir geht es nur darum, in welchem Rahmen das geschehen soll.
Ich bin dafür, dass es keinesfalls öffentlich geschieht.«
Die Staatsanwältin erhob sich. »Dafür
bin ich auch. Suchen Sie ihn und befragen Sie ihn. Und Sie, Herr Kriminalkommissar
Bärlach, halten mich auf dem Laufenden.«
5
Uhlmann rieb sich über das Gesicht. »Im Prinzip
ist es fast unmöglich, in Ehligs Umfeld nach Motiven zu forschen. Der hat so viele
Bekannte, Neider und Feinde, dass eine Unzahl von möglichen Motiven entsteht. Da
gibt’s Leute, die bekommen Geld von ihm oder
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