Abstauber
es das Normalste auf der Welt, informiert zu sein.
»Glauben Sie denn, der Spechtler
war es?«
»Soll ich jetzt etwas sagen, das
Ihnen gefällt, oder meine Meinung?« Bärlach blickte Tauner ehrlich in die Augen.
Tauner nahm die Fotos vom Tatort
und warf sie wieder auf den Tisch. Langsam befürchtete er, der junge Mann könnte
ihm den Rang ablaufen. Pia sah ihn an, als wäre sie stolz auf einen Sohn, den sie
nicht hatte, und Uhlmann amüsierte sich prächtig, wenn jemand anderes seinem Chef
ebenbürtig war.
»Wissen Sie, was ich glaube?«, fragte
Tauner. »Sie wissen mehr und können mehr, als Sie uns mit Ihrer Art weismachen wollen.
Sie sind als Profiler ausgebildet, deshalb sind Sie bei uns. Und deshalb denken
Sie wie ich, dass es Spechtler nicht war, denn seine aufbrausende Art, um das mal
vorsichtig zu umschreiben, passt nicht zu der guten Planung des Anschlags. Der Täter
hat nicht nur die Tat vorbereitet, sondern auch seinen Abgang. So übernächtigt und
unsicher wie Spechtler war, passt das eben nicht dazu.«
Bärlach senkte den Kopf. »Ich habe
außerdem einen Lehrgang zum Einzelkämpfer besucht!«
»Bei der Polizei?«
»Nein, natürlich nicht. Bei der
Bundeswehr. Bei der Polizei habe ich aber noch einige andere Lehrgänge gemacht.
Waffentechnik, Tauchen, Abhören.«
»Ein richtiger Geheimagent!«
Bärlach nickte traurig. »Und dann
war alles so anders, als ich dachte.«
»Langweilig?«
»Langweilig. Irgendwie hatte ich
das Gefühl, dass mich keiner wollte. Obwohl ich fast immer der Beste war.«
»Sie sind zu glatt«, entfleuchte
es Tauner. »Das ist ein Kompliment. In Ihrer Gegenwart fühlt sich jeder gleich irgendwie
… unterlegen.«
»Jeder?«, fragte Bärlach.
Tauner sagte nichts dazu und weil
niemand etwas sagte, wurde es wieder still im Raum. Dann haute Tauner munter auf
den Tisch. »Ich würde sagen: Solange die Spurensicherung und die Labors noch keine
neuen Erkenntnisse haben, konzentrieren wir uns auf Spechtler. Er benimmt sich verdächtig,
will nicht sagen, wo er war, seine Frau scheint untergetaucht, ob sie sich nun gestritten
haben oder nicht, wir finden es raus. Was mich wirklich stutzig macht, ist seine
Reaktion darauf, als ich ihm sagte, dass Jansen tot sei, so als wäre er wirklich
überrascht darüber, oder enttäuscht. Herr Bärlach, ich würde Sie bitten, sich mit
Pia zusammenzusetzen und herauszufinden, was man in Spechtlers Bekanntenkreis über
ihn sagt. Veranlassen Sie über die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung beim
ihm, lassen Sie überprüfen, ob er Waffen besitzt oder vielleicht eine erworben hat
in letzter Zeit, oder ob er sich in den letzten Wochen mit zwielichtigen Gestalten
getroffen hat, die ihm eine Waffe besorgt haben könnten. Ich fahre noch mal mit
Hans zum Tatort, dann sehen wir uns in der Neustadt um. Außerdem will ich den Heiligmann
besuchen.«
»Jetzt?«, fragte Pia.
»Wann denn sonst?«
»Das Spiel geht gleich los!«
»Du willst doch aber nicht … Das
ist ein Testspiel!«
»Denkst du, du findest jetzt irgendjemanden,
der mit euch redet? Oder …« Pia riss die Augen auf. »Du willst es selbst sehen,
stimmt’s? Ihr zwei geht jetzt in irgendeine Kneipe und seht euch das Spiel an!«
Sie stemmte die Hände in die Hüften.
»Wir sind Polizisten und die meisten
Polizisten in unserem Land sehen gerade kein Spiel.«
Pias Entrüstung verwandelte sich
in Zorn. »Ihr seid Polizisten, ich bin Schreibkraft, und jeder halbwegs normale
Chef lässt seine Leute gerade Fußball sehen! Außerdem hätte ich längst Feierabend.«
»Wenn ich mal was sagen dürfte?«
Bärlach hob zaghaft die Hand. »Warum geht Pia nicht mit Hauptkommissar Uhlmann auf
Recherche und Sie und ich bleiben hier, Herr Tauner?«
»Na, wenn das kein Wort ist!«, meinte
Pia.
»Von mir aus.« Tauner wollte kein
Unmensch sein. »Aber ihr kommt nachher noch mal ins Büro und jammert mich nicht
voll, wenn sie verlieren!«
»Ach was, es ist doch nur ein Testspiel.«
6
»Drei null!« Pia ließ sich erschöpft in ihren Stuhl fallen und tat,
als hätte sie alle Tore geschossen. Siegestrunken streckte sie ihre Arme in die
Luft. Bärlach und Tauner schienen sich einig, tauschten mitleidige Blicke und wendeten
sich ihrer Arbeit zu. Uhlmann platzte mit erhitztem und klitschnassem Gesicht ins
Zimmer, offenbar hatte er sich auf der Toilette kaltes Wasser über das Gesicht gerubbelt.
»Hans, hast du getrunken? Im Dienst?«,
fragte Tauner leise. Ein wenig wurmte es ihn, jetzt nicht dabei
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