Abstauber
kurz zu Hause war, war er mit dabei, da hat
er gewartet, bis er glaubte, dass niemand hinsieht, und hat einen Kaugummi aufgehoben,
den Klaus ausgespuckt hat! Wenn es sein Haus gewesen wäre, aber von unserer eigenen
Terrasse!« Die Ehlig kicherte leicht pikiert und Tauner fuhr hoch wie von der Tarantel
gestochen.
»Verdammt! Verdammt,
verdammt!«, entfuhr es ihm und er sprang aus dem Bett, um sein Handy zu suchen.
Es half ihm dabei, dass es zu klingeln begann. Er hob es auf, sah erstaunt die Nummer.
»Pia!«, ging
er ran. »Ruf die Diekmann-Wachte an, Ehlig darf nicht verhaftet werden. Nein, nicht
verhaften, schnell! Was?« Tauner lauschte, kaute dabei auf der Unterlippe. »Oh,
ich dummer Idiot!«, stöhnte er dann und wollte auflegen. Dann fiel ihm noch etwas
ein. »Pia? Hast du deshalb auf das Finale verzichtet? … Ich werde es ihm sagen,
wenn ich Gelegenheit dazu bekomme! Schnell jetzt, um Gottes Willen!« Tauner legte
auf.
»Wo ist Frau
Spechtler?«, fragte er Frau Ehlig.
»Ich habe es
dir schon gesagt!«
»Du hast gesagt, du weißt es nicht!«
»Nein, ich habe es dir gesagt!«
Tauner schlug sich an den Kopf.
»In St. Pauli!« Hastig begann er, nach seiner Kleidung zu suchen, hüpfte einbeinig
beim Versuch herum, Hose und Hemd gleichzeitig anzuziehen. Frau Ehlig schälte sich
aus ihrer Decke, half ihm dabei, das Hemd zuzuknöpfen.
»Ich hatte Angst.«, sagte sie leise.
»Ich war doch ganz allein! Und ich konnte dir doch nicht trauen, ich wusste doch
nicht … und ich hatte Angst um dich!«
Tauner nahm sie in den Arm, obwohl
ihm die Zeit unter den Nägeln brannte. »Hast du mich deshalb vorhin mit der Pistole
bedroht?«
»Ich konnte dir nicht trauen!«,
wiederholte Frau Ehlig.
»Aber jetzt kannst du es?«
»Du kommst doch wieder, oder?«
Tauner nickte. »Vielleicht nicht
heute, aber ich komme wieder!« Dann wollte er los, doch die Ehlig hielt ihn fest.
»Vergiss die nicht!«, sagte sie
und gab ihm seine Pistole, die sie unter ihrem Kissen hervorgeholt hatte. »Ich hatte
sie vorsichtshalber an mich genommen.«
Tauner nahm sie mit spitzen Fingern
entgegen. »Ich brauche dein Auto«, sagte er und es hörte sich fast wie eine Entschuldigung
an.
Frau Ehlig gab ihm auch die Schlüssel.
»Ich warte hier.«
Der Weg war unendlich lang. Der Weg war so lang, dass Tauner vor Ungeduld
zu platzen drohte. In drei Ortschaften raste er mit fast doppelter Geschwindigkeit
durch Blitzer und machte sich doppelt strafbar, indem er pausenlos versuchte zu
telefonieren. Uhlmann ging nicht an sein Telefon und war scheinbar nicht zu Hause.
Bärlach ebenfalls nicht und nicht die Staatsanwältin. Hin und her gerissen, ob er
hören wollte, wie Ehlig verhaftet wurde oder nicht, schaltete er das Radio ein,
hörte vom Ausgleich in letzter Minute.
»Gott sei Dank«, stöhnte er, aber
was waren schon dreißig Minuten Verlängerung.
Endlich klingelte sein Handy, es
war die Staatsanwältin. »Tauner! Ja, haben Sie es weitergegeben? Die ukrainische
Einsatzleitung noch nicht erreicht? Frau Diekmann-Wachte, es geht um unsere Karrieren!
Bärlach kümmert sich darum? Wissen Sie, wo er ist? Hat der die Schober noch mal
verhört? Die Zeugin!«
Tauner bremste scharf, geriet fast
ins Schleudern, weil er eine Kurve erst zu spät gesehen hatte, gab dann wieder Gas.
»Nicht da?
Wo ist er jetzt? Ich war in Bad Schandau. Ja, was denn schon, Urlaub machen! Hören
Sie, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Setzen Sie sich dringend mit Staatsanwalt
Jürgens in Hamburg in Verbindung. Spechtlers Frau ist in St. Pauli versteckt. Der
soll die Etablissements von Kopte und Alvers durchsuchen lassen. Keine Ahnung, alle,
unverzüglich! Können Sie nicht verantworten? Dann verantworten Sie aber, wenn Frau
Spechtler etwas passiert. Rufen Sie Jürgens an, soll der doch Verantwortung übernehmen,
ich mache Schluss jetzt, jemand klopft an.« Tauner drückte den Anruf weg, nahm den
nächsten entgegen, die Lichter Dresdens tauchten vor seinen Augen auf.
»Pia? Gibt’s was Neues aus Polen?
Jemand hat angerufen, aus Bad Schandau? Da war ich doch gerade. Jemand hat sich
nach Frau Ehlig erkundigt?« Tauner hämmerte auf die Bremse und riss den Wagen herum,
ein imposantes Kraftwort verließ seinen Mund. Die Reifen quietschten laut und eine
Wolke verbrannten Gummis trieb die Straße hinab. Tauner warf das Telefon auf den
Beifahrersitz und gab wieder Vollgas.
Zwanzig Minuten später knirschten die Reifen des Audi auf dem Kiesbett
des Hotelparkplatzes. Tauner
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