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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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jungen Mann mit drei Koffern erinnern? Wen würden Brassards Männer befragen? Die Fahrgäste auf dem Weg zur Arbeit? Die Schaffner?
    Kein Problem.
    Wenn sich irgendein schlauer Kopf den Zusammenhang zwischen L. Keith Brassard und Leonard K. Blake zusammenreimte, konnte er vielleicht meine Spur bis zum Bahnhof verfolgen, vielleicht sogar den Angestellten finden, der sich an die Fahrkarte nach Philly erinnerte, die er mir verkauft hatte. Aber niemand auf der Welt würde auf den Gedanken kommen, dass ich nach New York gefahren war.
    Kein Problem.
    In weniger als drei Minuten hatte ich den Zug verlassen, war die Treppe hinunter und durch die Unterführung gerannt und befand mich auf dem Bahnsteig gegenüber. Dort wartete ich höchstens fünf Minuten, bis der Zug nach New York einfuhr. Ich stieg ein. Ich verstaute die Koffer im Gepäcknetz und machte es mir bequem. Als der Schaffner kam, kaufte ich eine Fahrkarte nach Boston. Das war nicht nötig, wirklich nicht. Aber ich wollte absolut auf Nummer sicher gehen.
    Das klingt wie ein Spionagefilm. Robert Mitchum im Trenchcoat.
    Ich dachte an Mona und fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis ich sie wieder sah. Ich dachte an unser erstes Mal am Strand und an die beiden Male im Hotelzimmer. Ich dachte daran, wie sie sich bewegte, und die Dinge, die sie mit ihren Augen anstellte.
    Natürlich hatte sie mit Robert Mitchum und seinem Trenchcoat recht. Ich übertrieb. Wir brauchten uns keine Sorgen zu machen. Ich war unterwegs nach New York und hatte nicht die geringste Spur hinterlassen. Brassard war hinter dem Falschen her, dem er den Heroindiebstahl anhängen konnte. Wir hatten das große Los gezogen.
    Jetzt mussten wir ihn nur noch umlegen, ohne dabei erwischt zu werden.

5
    Ich checkte unter dem Namen Howard Shaw im Collingwood- Hotelein. Das Collingwood war ein gutes, wenn auch nicht erstklassiges Hotel in der Fünfunddreißigsten Straße westlich der Fifth Avenue. Das Zimmer kostete zweiunddreißig Dollar die Woche; es war sauber und gemütlich. Das Hotel lag zentral, wenn auch nicht direkt im Stadtzentrum. Die Chancen, dass ich auf alte Bekannte traf, lägen viel höher, wenn ich in einem Hotel am Times Square abgestiegen wäre.
    Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, und ich ließ meine drei Koffer auf den Boden fallen. Den Aktenkoffer schob ich unter das Bett in der Hoffnung, dass alles gut gehen würde.
    Das Collingwood war ein Hotel, in dem viele Dauergäste wohnten, deshalb gab es keine Pagen, die einem die Koffer hoch trugen. Niemandem fiel auf, dass auf meinem Gepäck die Initialen L. K. B. standen, was mir nur recht war. Jetzt musste ich die Koffer nur noch loswerden. Es wäre natürlich ein Leichtes gewesen, sie in ein Schließfach in der U-Bahn zu stecken und den Schlüssel wegzuwerfen, aber dafür waren sie zu gut, und ich war zu pleite. Also riss ich die Etiketten der Reinigung aus sämtlichen Kleidungsstücken Brassards, mit Ausnahme von denen, die mir passten. Ich stopfte die Kleider in die Koffer und machte mich auf den Weg in die Innenstadt, wo die Third Avenue zur Bowery wird.
    Ich verkaufte die Kleider im Wert von mehr als dreihundert Dollar an einen kleinen Mann mit runden Schultern und vorstehenden Augen für gerade mal dreißig Dollar. Dann versetzte ich die beiden Koffer im Wert von mehr als hundert Dollar für fünfundzwanzig. Ich überließ Brassards Sachen den Pennern, die in einem Pfandhaus einkauften, ging zurück ins Hotel und legte mich schlafen.
    Es war Donnerstag. Am Sonntag oder Montag würden sie nach New York zurückkommen. Jetzt waren sie zusammen im Shelburne. Wahrscheinlich im Bett.
    Ich träumte von ihnen und wachte schweißgebadet auf.
     
    Am Freitag suchte ich ihn im Telefonbuch. Es war nur ein simpler Eintrag, nicht einmal in Fettdruck. Dort stand: Brassard, L.K. ,117 Chmbrs … WOrth 4-6363. Ich verließ das Hotel, im Laden gleich um die Ecke war ein öffentliches Telefon. Ich wählte WOrth 4-6363 und ließ es achtmal läuten. Niemand meldete sich. Ich ging zur Sixth Avenue hinüber und nahm den D-Train zur Chambers Street. Dort schlenderte ich die Straße entlang, bis ich Hausnummer 117 fand.
    Es war genau das richtige Gebäude für ihn. Die Ziegel waren einmal rot gewesen; jetzt waren sie verblasst. Die Fenster hätten mal geputzt werden müssen. Die Namen der Mieter standen auf den Fensterscheiben – Comet Enterprises, Inc …. Billige Autoversicherungen … Ausweisphotos in einer Stunde … Zenith Jobagentur …

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