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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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hatte.
    Auf dem Weg zurück zum Hotel erstand ich ein paar Freizeithosen und etwas Unterwäsche. Ich fand einen Anzug mit einem zusätzlichen Sportsakko und veranlasste, dass man mir die Kleidungsstücke am Montag ins Collingwood lieferte. Insgesamt kosteten mich die Klamotten über hundert Dollar, sodass mir nicht mehr viel Geld übrig blieb. Ich gab ungern so viel für Anzüge aus, doch es ließ sich nicht vermeiden. Ich brauchte anständige Kleidung. Und wenn sie zu billig wirkten, würde ich damit Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Dann erstand ich noch einen ganz ordentlichen Koffer für fünfundzwanzig Dollar. Reine Verschwendung, aber mir blieb nichts anderes übrig.
    Als ich ins Hotel zurückkam, war mir ziemlich scheußlich zumute. Ich war müde, gelangweilt und ziemlich verschwitzt. Gegen das Schwitzen half eine Dusche, doch die Langeweile blieb. Ich hatte nichts zu tun und wusste nicht, wo ich hingehen könnte. Meine eigene Gesellschaft konnte ich auch nicht besonders gut ertragen. Ich vermisste Mona so sehr, dass ich es geradezu körperlich spürte.
    Ich genehmigte mir ein gutes Abendessen mit einem Drink vorab und einem Brandy danach. Dann ging ich in den Laden an der Ecke, erstand eine Flasche Whiskey und ging damit zu Bett.
     
    Der Samstag ging vorüber, ohne dass ich besonders viel getan hätte. Ich ließ mir beim Friseur einen Bürstenhaarschnitt verpassen, eine Frisur, die ich schon lange nicht mehr getragen hatte. In meinem Zimmer musterte ich mich lange im Badezimmerspiegel. Der Haarschnitt hatte mich vollständig verändert. Mein Gesicht wirkte runder, meine Stirn höher, ich sah gut zwei Jahre jünger aus.
    Unten im Laden holte ich mir ein paar Taschenbücher. Den Rest des Tages verbrachte ich im Hotel mit Lesen, wobei ich nach und nach die Flasche leerte. Ich musste die Zeit totschlagen, und ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen. Hätte ich zwei Tage im Koma liegen können, wäre ich froh gewesen. Ich wollte über nichts nachdenken, und ich wollte keine Pläne machen, ich wollte überhaupt nichts tun. Ich wartete nur, dass die Zeit verging.
    Am Sonntagnachmittag ging ich zur Penn Station hinüber und suchte ihre Nummer im Telefonbuch von Westchester. Die Straße, in der sie wohnte, hieß Roscommon Drive. Ich merkte mir die Nummer und verließ den Bahnhof.
    An diesem Abend rief ich sie an.
    Es war ein warmer Abend, und der Ventilator in der Telefonzelle funktionierte nicht. Ich warf ein Zehncentstück in den Schlitz und wählte ihre Nummer. Es meldete sich ein Mädchen von der Vermittlung, die mir meine zehn Cent zurückgab und mich aufforderte, zwanzig Cent einzuwerfen. Ich warf das erste Geldstück und ein zweites ein, dann klingelte das Telefon. Eine Männerstimme sagte: »Hallo.«
    »Ist Jerry da?«
    »Ich fürchte, Sie haben sich verwählt.«
    »Ist das nicht die Nummer von Jerry Hillman?«
    »Nein«, sagte er. »Tut mir leid.«
    Er legte auf, und ich saß in der heißen Zelle und hörte im Geist immer noch seine Stimme. Es war eine gepflegte Stimme. Er sprach langsam, mit einem angenehmen Tonfall.
    Ich verließ das Telefonhäuschen und ging die Straße entlang. Sie waren zu Hause. Ich steckte mir eine Zigarette an und rauchte hastig. Ich musste mit ihr in Verbindung treten, wusste aber nicht, wie ich es anpacken sollte. Ich fragte mich, ob sein Telefon überwacht wurde. Höchstwahrscheinlich. Bestimmt hatte er es selbst veranlasst. Es war sicher nicht das erste Mal.
    Ich rief wieder von derselben Zelle aus an; diesmal meldete sie sich. Als sie Hallo sagte, sah ich sie vor mir, spürte sie in meinen Armen. Ich zitterte.
    »Ist Jerry Hillman da?«
    »Nein«, sagte sie. »Sie müssen die falsche Nummer gewählt haben.«
    Sie erkannte meine Stimme. Ich war mir absolut sicher.
    »Ist das nicht AL 5-2504?«
    »Nein«, sagte sie.
    Ich saß über eine Viertelstunde in der Telefonzelle. Den Hörer hielt ich gegen mein Ohr gepresst, damit es so aussah, als telefonierte ich. Mit der anderen Hand hielt ich die Telefongabel gedrückt. Dann klingelte es, und ich ließ die Gabel los und sagte Hallo.
    »Joe«, sagte sie. »Hallo, Joe.«
    »Wie ist es dir ergangen?«
    »Es war ganz okay«, sagte sie. »Glaube ich wenigstens. Du hast mir gefehlt, Joe.«
    »Ich werde vor lauter Warten auf dich fast verrückt. Ich hatte schon Angst, du hättest die Nummer nicht verstanden. Von wo aus rufst du an?«
    »Von einem Laden«, sagte sie. »Ich … ich habe auf deinen Anruf gewartet. Keith ist beim

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