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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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falschen Leuten sein Vertrauen schenken … Glaubt mir, Corinn, Eure Brüder führen kein Leben im Luxus wie Ihr. Ich bedaure, dass wir so wenig Zeit miteinander verbracht haben. Jahre sind verstrichen, und Ihr seid mir noch immer fast unbekannt. Ich würde das gern ändern. Ich werde in Zukunft nicht mehr so viel reisen wie bisher. Wir werden mehr Zeit füreinander haben. Ich bin sicher, wenn Ihr mich besser kennt, werdet Ihr mich auch mehr schätzen. Vielleicht werden wir dann herausfinden, was wir beide einander bedeuten können. Was haltet Ihr davon?«
    »Darf ich gehen?«, fragte sie trotzig.
    »Ihr dürft stets kommen und gehen, wie es Euch gefällt, Corinn. Wann werdet Ihr das zur Kenntnis nehmen?«
    Sie drehte sich wortlos um und wandte ihm den Rücken zu. Sie wusste, dass sein Blick ihr folgen würde, dass er ihre Figur betrachtete. Unter diesen Umständen war es nicht leicht, eine gelassene Haltung beizubehalten, doch sie schaffte es. Sie ging von einem Bereich seiner Gemächer in den anderen und bog um eine Ecke, sodass Hanish bald weit hinter ihr zurückblieb. Gerade wollte sie erleichtert aufatmen, als sie bemerkte, dass sie immer noch beobachtet wurde.
    In dem Gang, den sie durchqueren musste, stand Maeander. Er war soeben hereingekommen und sagte etwas zu jemandem hinter ihm. Als er sie sah, stutzte er. Hinter ihm tauchte Larken auf und trat ein paar Schritte in den Raum hinein, bevor er die Prinzessin bemerkte. Er zeigte sich augenblicklich belustigt. Obwohl er Acacier war, sprach er nur noch Meinisch. Wie er so neben Maeander stand, wirkten die beiden groß gewachsenen, schlanken Männer wie Abbilder alles Männlichen in ihrem jeweiligen Volk.
    Corinn ging weiter auf sie zu. Sie schaute an ihnen vorbei in den Gang hinein, als könnte sie ihren Blick dort irgendwo festmachen und sich daran vorwärtsziehen. An Larken kam sie ohne Zwischenfall vorbei. Als sie jedoch Maeander erreichte, streckte dieser den Arm aus und versperrte ihr den Weg. Sie sah ihm nicht ins Gesicht, sondern starrte auf die weiche Stelle an der Innenseite seines Ellbogens. Der muskulöse Arm war mit langen, goldenen Härchen bedeckt. Eine Ader pulsierte wie ein unter der Haut gefangener Wurm. Sie spürte, dass er sie unter seinen buschigen Brauen hervor ansah. Sein Blick war ihr vertraut. Es schien, als spüre sie ihn seit ihrer ersten Begegnung auf ihrem Körper, und er verfolgte sie bis in die Träume. Bisweilen wachte sie auf und blickte sich suchend im Zimmer um, weil sie das Gefühl hatte, bis zu ihrem Erwachen nicht allein gewesen zu sein. Vor allem dieser Mann hatte den Palast ihres Vaters zu einem bedrohlichen Ort gemacht, obgleich er bislang kaum mehr als ein paar Worte mit ihr gewechselt hatte.
    Als erriete er ihre Gedanken und dächte darüber nach, schwieg Maeander. Er beugte sich vor und berührte sie mit den Fingern der freien Hand am Kinn. Nachdem er sie eine Weile betrachtet hatte, näherte er sein Gesicht dem ihren. Seine rauen Barthaare streiften ihre Wange. Dann drehte er den Kopf, drückte seine nasse Zunge an ihre Schläfe und leckte daran.
    Corinn riss den Kopf weg. Sie schlug mit der Handkante gegen seinen Unterarm und floh in den Gang hinaus. Hinter sich hörte sie Larken fragen: »Schmeckt sie süß oder sauer? Das wollte ich schon immer gern wissen.« Die Antwort hörte sie nicht mehr. Später war sie sich nicht mehr sicher, ob sie gehört hatte, wie Maeanders Lachen ihr folgte, doch es schien so. Es schien ihr überallhin zu folgen. Hanish Mein mochte an goldenen Worten von sich geben, was er wollte, Maeander war die Wahrheit hinter der Fassade der Mein. Sie würde ihnen niemals trauen. Schon vor langer Zeit hatte sie aufgehört, Männern zu vertrauen. Daran würde sich jetzt nichts ändern. Sie hatte keine Ahnung, wohin ihre Brüder und ihre Schwester geflohen waren. Allerdings war deren Lage der ihrigen bestimmt vorzuziehen.

30

    Der Zweimaster war im Begriff, unter vollen Segeln aufzulaufen. Er hielt geradewegs aufs Riff zu und war ihm bereits so nahe gekommen, dass er diagonal die Brandungswellen durchschnitt und wie ein trunkenes Ungeheuer von einer Seite zur anderen schaukelte. Sprotte konnte es von der kleinen Plattform aus genau sehen, die der Ballan als Ausguck diente. Er würde mit ansehen, wie der Brigg, die sie vier Tage lang gejagt hatten, der Rumpf aufgerissen wurde und die kostbare Ladung im Meer versank. Er würde es aus der Vogelperspektive beobachten und später Dovian davon erzählen,

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