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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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einzuprügeln, was häufig zu Knochenbrüchen führte. Oder sie kämpften mit kurzen Messern, die angeblich nicht tödlich waren. Auf ihre Narben waren sie stolz. Rialus beging den Fehler, sich seine Zimperlichkeit anmerken zu lassen, was lediglich zur Folge hatte, dass ihm täglich neue Verletzungen präsentiert wurden, während die Numrek seine Miene beobachteten und seine Reaktion stets ungeheuer komisch fanden, ganz gleich, wie abgebrüht er sich auch zu geben versuchte.
    Einen weiteren Fehler machte er, als er bei dem Speerwurf-Spiel zuschaute, an dem die Numrek großes Vergnügen fanden. Dabei wurde ein Sklave durch eine Hindernisstrecke geschickt, während ein Speerwerfer ihn zu treffen versuchte. Rialus hatte einmal zugegeben, dass er das Spektakel unterhaltsam fand. Als Antwort hatte Calrach Botschafter Rialus selbst durch den Hinderniskurs geschickt. »Man muss einfach Glück haben«, hatte er erklärt, »das ist der Trick dabei.«
    Rialus war noch nie im Leben so schnell gerannt. Sein Herz pochte so heftig in seiner Brust, dass er meinte, die Zuschauer müssten es schlagen sehen. Die ganze Zeit über glaubte er sich dem Tode nahe. Dicht hinter ihm schlugen bei jedem Schritt Speere ein. Er war überzeugt, er werde entweder umkommen oder den Rest seines Lebens mit einer Speerspitze im eiternden Leib verbringen. Doch keiner der Speere traf ihn. Und erst als sein Herzschlag sich wieder ein wenig beruhigt hatte, merkte er, dass Calrach und seine Begleiter vor Lachen brüllten. Calrach hatte gar nicht versucht, ihn zu treffen. Für die Numrek war das Ganze ein Spiel. Alles war ein Spiel, und so sehr er sich auch bemühte, konnte Rialus nicht den Mut aufbringen, sich nicht zum Narren zu machen.
    »Ja, Neptos, ja!«, hatte einer von Calrachs Leutnants gesagt.
    »Sehr amüsant. Ihr habt recht!«
    Für höhere Formen der Kunst waren sie unempfänglich. Weder Malerei noch Bildhauerkunst, weder Dichtung noch geschichtliche Aufzeichnungen. Sie besaßen keine Schriftsprache. So etwas hielten sie für unnötig. Tatsächlich waren sie noch viel primitiver, als Rialus es sich jemals hätte vorstellen können. Schamgefühl war ihnen vollkommen fremd. Sie rülpsten, furzten, entleerten ihre Gedärme und paarten sich sogar vor aller Augen und gaben sich sogar öffentlich der Selbstbefriedigung hin, und zwar Männer und Frauen jeden Alters und Standes. Rialus’ Bestreben, seine Notdurft im Verborgenen zu verrichten, erregte solche Heiterkeit, dass er schließlich auf jegliche Privatsphäre verzichten musste. Es machte ihn zur Zielscheibe derber Scherze, wohingegen er völlig unbeachtet blieb, wenn er mitten auf dem Hof die Hose fallen ließ und urinierte. Bisweilen fragte er sich, ob die Numrek überhaupt Menschen seien. Heute, nach neun Jahren im Amt wusste er immer noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage.
    Allerdings hatte er die Sprache der Numrek erlernt. Es war eine höchst eigenartige Mundart. Selbst die einfachsten Worte hatten es in sich. Man musste sich die Zunge verrenken, beim Sprechen einatmen und dabei tief im Rachen gutturale Laut erzeugen.
    Der Abend, an dem Calrach ihn mit seinem ersten offiziellen Auftrag betraute, begann wie ein ganz gewöhnliches Bankett. Jemand hatte sich den Scherz erlaubt, Rialus zwischen zwei jungen Konkubinen zu platzieren, die mit keinem der Häuptlinge liiert waren. Eigentlich sahen sie nicht viel anders aus als die Männer. Sie streiften Rialus häufig, langten über ihn hinweg, um nach Essen zu greifen, und stupsten ihn mit spielerischen, dicken Fingern an.
    Das Schlimmste dabei war, dass die Frauen Rialus erregten. Es war ihm zuwider, und er verstand es nicht, doch tatsächlich saß er verkrampft um die Steifheit in seinem Schoß gekrümmt da. Die Frauen verströmten einen bestimmten Geruch, eine Art schweren Duft wie überreife Früchte. Es war kein angenehmer Geruch, doch irgendwo darin lag eine Einladung zu wilden Ausschweifungen. Es war eine Art verwirrende Folter, den ganzen Abend zwischen den beiden jungen Frauen zu sitzen. Calrach schien sein Unbehagen zu bemerken und hatte sein Vergnügen daran. Der Häuptling wurde es niemals müde, Rialus’ Schwächen herauszufinden und seine Bemerkungen darüber zu machen.
    »Rialus, macht Ihr Euch immer noch nichts aus unseren Speisen?«, fragte Calrach. »Wie kann das sein? Hier habe ich was für Euch. Kostet einmal.« Ein Diener stellte eine Schüssel vor ihn hin. Dies seien Nashorninnereien, erklärte Calrach, angesetzt mit

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