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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Kurz darauf kam er zurück, in der Hand den Sack mit den markierten Holzspänen. Er blickte zu den Lagerhäusern hinüber und beobachtete, wie das kleine Boot sich der Landungsbrücke näherte und in deren Schatten verschwand.
    Kurz darauf meinte er, Gestalten auf der Brücke wahrzunehmen, doch gleich darauf waren sie auch schon wieder verschwunden. Nun begann das nervenzermürbende Warten.
    Von der Ballan aus konnten sie nur ahnen, wie Clytus und Wren die Angaben des Gildenkapitäns umsetzten. »Das Tor wird bestimmt bewacht«, hatte der Mann gesagt, »aber wenn ihr euch vorsichtig anschleicht, könnt ihr sie überrumpeln.« Die Plattformen seien in all den Jahren niemals ernsthaft angegriffen worden, hatte er erklärt. Die Gilde glaube sich aufgrund der großen Entfernung von der Küste ausreichend geschützt. Zu dieser natürlichen Barriere kämen ihre gewaltigen Mauern, die Größe ihrer Flotte und das Ishtat-Inspektorat, das berüchtigt dafür sei, grausame Rache zu üben. Des Weiteren trügen die spezielle Machart der Schlüssel, die nur einigen wenigen eingeweihten Personen anvertraut würden, und die unbedingte Loyalität unter den Sires dazu bei, dass sie sich weitgehend sicher wähnten. Die Wachen seien reine Fassade, und das sei den Männern auch bewusst. »Wenn ihr Glück habt, schlafen sie, wenn ihr kommt.«
    Sprotte war sich nicht sicher gewesen, ob sie den Auskünften des Mannes vertrauen konnten. Es war nicht auszuschließen, dass er sie in eine Falle lockte. Doch als der Kapitän sich erst einmal an seine Verräterrolle gewöhnt hatte, war er unglaublich mitteilsam geworden. So sehr, dass Nineas halblaut bemerkte: »Ich glaube, der Bursche hält sich schon selbst für einen Seeräuber.« Tatsächlich beantwortete er viele offene Fragen, noch ehe sie gestellt wurden.
    Den Haupteingang sollten sie meiden, hatte er gemeint. Er befinde sich an der Stelle, wo der Pier mit dem Pechlager verbunden sei. Stattdessen sollten sie in südlicher Richtung an der Wand entlangfahren, bis sie einen Nebeneingang entdeckten, den die Sires benutzten, wenn sie das Lager vom Meer her beträten. Es handele sich um eine hohe, schmale Tür mit einem Schlüsselloch in der Mitte. Sie sollten den Schlüssel vollständig hineinschieben, wie das Spielklötzchen eines Kindes, das in die richtig geformte Lücke gesteckt werden muss. Das sei schon alles. Zu drehen bräuchten sie ihn nicht. Das sei auch der Grund, weshalb er keine Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen Schlüssel habe. Sobald er im Schloss stecke, lasse die Tür sich mühelos aufschieben. Im Inneren des Lagers befänden sich alle möglichen Güter, Waren und Gerätschaften, die er unmöglich alle beschreiben könne. Das sei aber auch nicht nötig. Sie sollten einfach nach dem größten Haufen Sprengstoff der Bekannten Welt Ausschau halten. Was sie damit anfingen, sei ihnen überlassen.
    Während sich die Minuten endlos dehnten, wünschte Sprotte, er wäre ebenfalls auf der Plattform. Er hätte das Risiko selbst auf sich nehmen sollen. Er hatte sie schließlich hierhergeführt, ob ihm das nun gefiel und er es sich eingestand oder nicht. Weshalb war er nicht mitgegangen? Dovian gab die Befehle, und er hatte sie befolgt. Warum hatte er keinen Widerspruch …
    Ehe Sprotte wusste, wie ihm geschah, nahm Dovian ihm den Beutel mit den Holzspänen aus der Hand und warf ihn ins Meer. »Ich mache es«, sagte der Seeräuber. »Keine Widerrede. Solange ich lebe, führe ich das Kommando. Und das ist mein Wille. Ich wollte, dass du es als Erster erfährst. Wir sagen es den anderen gemeinsam. Komm mit.«
    »Nein!« Sprotte rammte die Hand gegen Dovians Brust. »Nein, wir ziehen Lose. Das haben wir so verabredet! Du kannst doch nicht …«
    Dovians Hand bedeckte die des jungen Mannes, heiß, schwielig und verschwitzt. »Mach’s mir nicht so schwer. Ich bin krank. Es wird nicht besser. Die Wahrheit ist, dass ich sterbe. Das geht schon lange so. Ich habe auf eine gute Gelegenheit gewartet, der Welt Lebewohl zu sagen. Jetzt habe ich sie gefunden.«
    »Du kannst nicht sterben.« Sprotte wusste, dass er sich kindisch anhörte, doch er konnte nicht anders. »Du kannst mich doch nicht alleinlassen …«
    »Da irrst du dich. Ich habe dir gegeben, was ich konnte. Ich habe meine besten Jahre mit dir verbracht, mein Junge. Ich habe dich alles gelehrt, was ich weiß. Viel war’s nicht, aber ich habe dir alles beigebracht, was ein Vater seinem Sohn beibringen sollte, stimmt’s? In einer

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