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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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wirst du vermeiden wollen.«
    »Ich habe doch nichts getan.«
    »Du bist jetzt eine große Nummer«, sagte Calrach. »Der einzige Acacier, den sie haben.«
    »Und Dariel?«
    »Tot, nehme ich an. Allerdings haben sie seinen Leichnam bis jetzt noch nicht gefunden. Das da drin ist ‘ne ziemliche Sauerei, verstehst du? Sie glauben, du bist ein Gildenmann, aber egal. Sie haben Fragen an dich. Antworte ihnen einfach. Du verrätst niemanden, der nicht bereits dich verraten hat. Die Mein, die Akarans, die Gilde: Piss auf sie alle. Mach es richtig, Neptos, und vielleicht überlebst du sie.«
    Rialus starrte ihn an; er hasste ihn und stand doch gleichermaßen vor einem Rätsel. Auf sie alle pissen? Glaubte dieser Schwachkopf tatsächlich, Rialus würde alles in der Bekannten Welt verraten? Nicht, dass er das überhaupt gekonnt hätte, aber … »Was hast du getan?« Seine Stimme war kaum mehr als ein Winseln. »Und warum? Warum? Warum habt ihr … Die Königin hat euch Vorrechte gegeben. Ihr habt genau so gelebt, wie ihr wolltet, mit Dienern und Köchen und …«
    Calrach hob eine Hand und machte eine plappernde Bewegung mit den Fingern. »Blah, blah. Hör auf zu schwafeln, Neptos. Diese Dinge spielen keine Rolle! Für dich vielleicht, aber für uns? Nein. Das ist keine Art zu leben. Nicht für uns. Aber das verstehst du nicht, warum also Worte verschwenden? Genieße deine letzten Tage, ja? Genieße sie und wisse, dass du für eine gute Sache gestorben bist: die Sache der Numrek!« Er lachte schallend, beugte sich vor und schlug Rialus viel zu kräftig auf die Schulter.
    Rialus zog die Knie an die Brust und rollte sich wie ein Kleinkind auf die Seite. »Du bist ekelhaft«, sagte er. »Ekelhaft, ekelhaft, ekelhaft. Ich hasse dich.«
    »Schade. Wir mochten dich, Neptos. Weißt du noch, wie wir dich haben rennen lassen und Speere nach dir geworfen haben? Oh, du warst schnell, wenn es sein musste.« Wieder konnte Calrach seine Heiterkeit kaum bändigen.
    »Ekelhaft.«
    »Denkst du? Warum, weil wir nicht so sprechen wie ihr? Nicht das essen, was ihr esst? Du glaubst, du kennst uns, aber euch zu täuschen war wie Kindern Geschichten zu erzählen. Einfach. Langweilig. Leicht. Und es war ein Elend; ja, das war es, aber ihr habt uns niemals richtig gekannt. Ein bisschen Land? Ein paar Diener? Für die Schlampe von Königin arbeiten? Du glaubst, dass wir das gewollt haben? Dass wir stolz darauf waren? Du – der du uns besser kennst als die meisten Acacier– hättest es besser wissen müssen. Die Jahre in Acacia waren nichts als Verbannung und Schande. Du scherst dich nicht um Schande, stimmt’s? Für einen Numrek bedeutet Ehre alles. Das und Zugehörigkeit. Wir müssen dazugehören, verstehst du? Dazugehören.« Er dehnte das letzte Wort, vergewisserte sich, dass Rialus es zur Kenntnis nahm, ehe er weitersprach. »Dort drüben, in deinen Landen, haben wir nicht dazugehört – ohne unser Totem und unser Volk haben wir nicht dazugehört.«
    Rialus, der etwas in Calrachs Stimme hörte, das wie Melancholie klang – eine unfassbar befremdliche Vorstellung –, blickte auf. Er hatte gedacht, die Gesichter der Numrek seien nur zu ein paar ungehobelten wütenden Mienen fähig. Jetzt jedoch wurde ihm klar, dass er sich getäuscht hatte. Vielleicht hatte er nie genau genug hingesehen, hatte seine Blicke niemals länger auf ihren zerfurchten Zügen ruhen lassen wollen, als unbedingt notwendig. Doch als er jetzt Calrach anstarrte, verrieten die Falten um die Augen des Numrek und auf seiner Stirn, seine Lippen und die zackigen Zähne Melancholie und Bedauern und Scham.
    »Wovon redest du?«
    »Wir konnten nicht für alle Zeit als Verbannte leben. Sie haben uns unser Totem genommen. Sie haben uns zu Tieren gemacht anstatt zu Männern und uns mit Schimpf und Schande nach Norden getrieben.«
    »Wer?«, fragte Rialus.
    »Die Auldek, du Idiot! Sie sind die mächtigsten von allen Clans. Sie – und die anderen – haben uns aus Ushen Brae vertrieben. Sie haben uns Abschaum genannt und uns unsere Sklaven weggenommen und unser Totem verbrannt.« Calrach schien drauf und dran, eine seiner Fluchtiraden loszulassen, doch er blies sie seitlich aus dem Mund und redete weiter. »Haben wir euch das erzählt? Nein. Warum hätten wir das tun sollen? Die Mein haben sich nicht um die Wahrheit geschert, als sie unsere Schwerter gekauft haben. Die Akarans hassen die Wahrheit, also haben wir ihnen stattdessen Lügen aufgetischt. Wir haben sie alle glauben

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