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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Stufen hinaufrannte. Und wenngleich Tam in den letzten zwei Tagen ebenso viele Fehler gemacht hatte, arbeitete er jetzt dafür um so härter. Dariel hätte ihm beinahe gesagt, er solle es langsamer angehen lassen, doch der junge Mann legte sich so ins Zeug, dass er es nicht übers Herz brachte. Natürlich fürchteten sie, dass jeden Augenblick ein Gildenschiff auftauchen könnte, doch die Stunden verstrichen, ohne dass jemand zu sehen war. Noch ehe es Mittag wurde, hatten sie sämtliche Fässer bis auf eins in den Raum geschafft, und bald darauf hatten sie ein Tau mit Pech getränkt, um es als Zündschnur zu verwenden.
    Alles in allem hatten sie einen ganzen Tag und eine ganze Nacht und einen Teil des nächsten Tages lang gesucht, debattiert, geplant, waren unterwegs gewesen, hatten Fässer geladen, das Weite gesucht und Fässer das Ufer hinaufgeschleppt. Doch als sie mit ihrer Arbeit fertig waren und Dariel allein mit einer brennenden Fackel in der Hand dastand, während die anderen den Raum bereits verlassen hatten, um beim Boot zu warten, schien es ihm, als sei der Moment viel zu schnell gekommen. Alles, was er jetzt noch tun musste, war, es zu Ende zu bringen.
    Während die Fackel den Raum in dichte Rauchwolken hüllte, schob er sich vorwärts, erst einen Schritt und dann noch einen und noch einen, dann bückte er sich und hielt die Flamme an das pechgetränkte Tau. Doch selbst das war schwer. Er musste sich immer wieder sagen, dass das hier nicht dasselbe war wie auf den Plattformen. Er war nicht Val, der in seinen Tod ging. Und er war auch nicht Sprotte, ein Kind, das zum zweiten Mal zur Waise wurde. Er würde diese Tat überleben, und sie würde keine Menschenseelen kosten. Ganz im Gegenteil. Sie würde Leben retten. Seelen retten. Vielleicht sogar seine eigene.
    Die Zündschnur begann zu glimmen. Dariel beobachtete sie lange genug, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich brannte, dann drehte er sich um und schoss hinaus, rannte die Stufen hinunter und war froh, die Meeresluft im Gesicht zu spüren, freute sich unvernünftig darüber, dass ein Schiff voller Freunde auf ihn wartete.
    Vor vielen Jahren, als er an Bord der Ballan mit ihren schwarzen Segeln von den explodierenden Plattformen davongejagt war, hatte er nicht zurückgeschaut. Er hatte den Dämon gefürchtet, der sich dort erhoben hatte, all die Wut, die in den Himmel emporloderte, die Hände, die sich nach ihm ausstreckten. Er hätte nicht genau erklären können, was ihm eigentlich so viel Angst eingejagt hatte, denn es waren so viele einander überlagernde Dinge gewesen; die Erinnerung an manche davon war verschüttet, aber nichtsdestotrotz stark. Dieses Mal drehte er sich um. Er hielt das Steuer fest in den Händen, während der Bug die Wogen durchschnitt, aber er drehte sich um und schaute zu. Die anderen um ihn herum klatschten und jubelten bei jeder Explosion, denn davon gab es viele. Hände klopften ihm freudig auf die Schultern, und er gab diese Freude zurück.
    Was er sah, war eine Wolke aus weißem Rauch, die langsam über den Erschütterungen aus lodernder Wut aufstieg. Sie neigte sich wie ein Riese, wie ein gewaltiger Baum aus Asche, der sich entfaltete und zum Leben erwachte. Es sah wunderbar aus. Friedlich. Und dankbar.
    Drei Tage später setzte er das Boot am Rande von Sumerled im seichten Marschland auf eine Sandbank, kurz hinter der Mündung eines Flusses, den das Volk Sheeven Lek nannte. Er sah zu, wie Tunnel die anderen unterwies, das letzte Pechfass zu öffnen und das Pech in den Rumpf des Schiffes zu schütten. Sie zündeten es an, und es flammte rasch auf, mit einem lauten Wuuusch , als atme ein Ungeheuer tief ein, gefolgt von einer Hitzewoge, die Dariel auf die Fersen zurückschwanken ließ. Er sagte kein Wort des Protestes. Auch wenn die Linien des Boots wunderschön waren, und die Macht in seinem Innern unglaublich, so war es doch eine gestohlene Macht, eine Macht, die unfreiwillig gefangen war. Versklavt. Sie konnte niemals ihm gehören und musste befreit werden. Und befreit wurde sie, und er glaubte die Erleichterung der entfliehenden Seelen beinahe zu hören.
    Zwei Tage danach traf er am Rande der Wildnis auf Mór und eine kleine Gruppe aus dem Volk. Skylene präsentierte ihn ihr, als sie sich alle auf einem erhöhten Felsplateau versammelten, das sich über die gezähmten Waldgebiete im Osten ebenso erhob wie über die Wildnis, die sich nach Westen erstreckte, so weit das Auge reichte. Diese Wildnis sah aus, als würde

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