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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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eine Frau namens Monica,
braunäugig und gertenschlank. Sie ist die Königin dieses
Bienenstocks. Die Hornhautimplantate in ihren Augen sind von den
vielen Projektionen schon angeschmort, und sie verfügt über
eine derart trockene, sarkastische Rhetorik, dass ihre Worte die Egos
anderer Leute wie Wüstenwind zerfressen können. Im
Herunterladen von Bob ist sie besser als alle anderen, bis auf den
unheimlichen Typ namens Jack. Und sie ist auch schwer auf Draht, wenn
sie ganz sie selbst ist (anders als Jack, der in der
Öffentlichkeit nie etwas Persönliches preisgibt). Was
vermutlich auch erklärt, weshalb man gerade Monica zur
Gesamtleiterin der Expedition auserkoren hat.
    Amber findet Monica im Küchengarten Nr. 4, wo sie einen
Filter repariert, den Froschlaich verstopft hat. Ein großes
Rohr verdeckt sie fast, aber daran ist ihr Werkzeugbeutel mit
Klebebändern befestigt. Wie seltsamer Blautang schaukelt er in
der Brise hin und her. »Monica? Hast du eine Minute
Zeit?«
    »Klar doch, jede Menge. Willst du dich nützlich machen?
Dann reich mir den automatischen Schraubenschlüssel mit dem
Sechskantkopf.«
    »Hm.« Amber schnappt sich den blauen Beutel mit dem
Werkzeug und kramt darin herum. Aus Batterien, Motoren, einem
Gegengewicht zum Schwungrad und Gyrolasern montiert sich etwas
selbständig zusammen. Amber reicht es unter dem Rohr hindurch.
»Hier. Hör mal, dein Telefon ist ständig
besetzt.«
    »Ich weiß. Du willst mich wegen deiner Konvertierung
sprechen, stimmt’s?«
    »Ja!«
    Die Stelle unterhalb des Druckbehälters scheppert. »Nimm
das.« Ein Plastikbeutel, festgehalten von Bändern, schwebt
heraus und bläht sich auf. »Ich muss hier was absaugen.
Besorg dir eine Schutzmaske, falls du keine dabei hast.«
    Eine Minute später ist Amber, deren Gesicht jetzt durch einen
Atemfilter geschützt ist, zurück und stellt sich neben
Monica.
    »Ich will nicht, dass Mom damit durchkommt«, sagt sie.
»Egal, was sie behauptet: Ich bin keine Muslimin! – Dieser
Richter wird mir nicht auf die Pelle rücken, das kann er
ja gar nicht«, setzt sie vehement nach, obwohl ihre Stimme
Zweifel verrät.
    »Vielleicht will er das auch nicht?« Ein zweiter
Plastikbeutel bläht sich auf. »Hier, fang.«
    Aber Amber ist den Bruchteil einer Sekunde zu spät, als sie
nach dem Beutel greifen will. Und das rächt sich, denn der
Beutel enthält ein Gemisch aus Wasser und Froschlaich.
Zähflüssige Schleimfäden voller Kaulquappen, die die
Form von Kommata haben und sich winden, schießen heraus,
verteilen sich über die Nische und prallen wie amphibisches
Konfetti von den Wänden ab. »Igitt!«
    Monica windet sich hinter dem Rohr hervor. »O nein, du hast
doch nicht etwa…« Sie stößt sich von der
Fläche ab, die im Habitat als Fußboden gilt, reißt
Wischtücher von einer Rolle und verhängt damit die
Lüftungsklappe oberhalb des Druckbehälters, damit der Zug
abgestellt wird. Gemeinsam sammeln sie den Froschlaich mit
Wischtüchtern und Abfallbeuteln auf. Als sie die
zähflüssige Masse endlich beseitigt haben, klickt und surrt
die Rolle, weil sie Zellulose aus den Algentanks zu neuen
Wischtüchern verarbeitet. »Das war nicht gut«, sagt
Monica nachdrücklich, während der Abfallschlucker den
letzten Beutel aufnimmt. »Du weißt nicht zufällig,
wie die Kröte überhaupt hier hineingelangt ist?«
    »Nein, aber ich bin im Gemeinschaftsbereich auf eine
gestoßen, die frei herumlief. Das war in der Schicht vor dem
Ende des letzten Zyklus. Hab sie zurück zu Oscar
befördert.«
    »Dann muss ich ein Wörtchen mit ihm reden.« Mit
finsterem Blick mustert Monica das Rohr. »Ich muss gleich noch
mal ran und den Filter neu einsetzen. – Soll ich mich jetzt in
Bob verwandeln?«
    »Äh«, Amber denkt nach. »Ich weiß nicht
so recht. Entscheide du.«
    »In Ordnung, Bob ist gleich online.« Monicas Gesicht
entspannt sich zunächst ein bisschen, aber gleich darauf
verhärtet sich ihre Miene. »Meiner Meinung nach bleibt dir
eine Wahl. Deine Mutter hat dich da irgendwie hineingeboxt,
stimmt’s?«
    »Ja.« Amber runzelt die Stirn.
    »Also, tu mal so, als wäre ich völlig blöde.
Erzähl mir alles und überzeuge mich, okay?«
    Amber wechselt zum Wasserrohr hinüber, sodass sie auf
Kopfhöhe mit Monica/Bob ist, deren/dessen Füße knapp
über dem Boden schweben. »Ich bin von zu Hause weggelaufen.
Mom hatte das Sorgerecht über mich, das heißt sie hatte
alle elterlichen Rechte und Dad gar keine. Also hat Dad mir mittels
einer

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