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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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werden, weil die Reinkarnation spirituell unausweichlich ist. Sagen wir also, dieser Mann tötet wieder, würde mit jedem weiteren Mord ein Finger mehr erscheinen, bis alle fünf vollständig sind.«
    »Auf die Idee wäre ich nie gekommen«, sagte Dawson bewundernd. »Tja, ich schätze, es ist klug, dass ich mir beim Experten Rat hole.«
    Botswe lächelte. »Meine wilde Theorie kann sich als völlig abwegig erweisen. Ich hoffe sogar, dass sie es tut.«
    Sie unterhielten sich noch ein wenig, bevor Botswe Dawson nach draußen begleitete. Dawson betete, dass ihn seine Honda nicht blamierte, indem sie nicht ansprang. Leider tat sie es doch. Botswe und Obi guckten zu, wie Dawson mehrfach versuchte, seinem Motorrad einen Funken Leben zu entlocken.
    »Obi kann das Motorrad auf seinen Pick-up laden und Sie nach Hause fahren«, schlug Botswe mit einem Blick zum Himmel vor. Die Sonne war so gut wie verschwunden. »Bei diesen Regenwolken sollten Sie sowieso nicht Motorrad fahren. Es könnte gewittern.«
    »Ja, ich bringe Sie«, pflichtete Obi ihm bei. »Das macht überhaupt keine Umstände.«
    »Ich danke Ihnen vielmals.«
    Obi ging hinaus auf die Straße und kehrte mit einem ziemlich alten Toyota-Pick-up zurück, der in all dem Luxus deplatziert wirkte. Dawson und Obi luden das Motorrad auf und zurrten es aufrecht auf der Ladefläche fest.
    »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Dr. Botswe«, sagte Dawson und schüttelte ihm die Hand. »Ich halte Sie auf dem Laufenden.«
    Nachdem Obi und Inspector Dawson abgefahren waren, setzte sich Dr. Botswe auf die Terrasse, von der aus man den Garten überblickte. Ein kluger Mann, dieser Detective. Der Typ Mann, in dessen Nähe man unwillkürlich aufpasste, was man sagte. Botswe hatte förmlich gespürt, wie die Zahnrädchen im Kopf des Inspectors arbeiteten.
    Nach einer Weile ging er wieder zurück in sein Arbeitszimmer. Am Schreibtisch sitzend, dachte er darüber nach, wie sein Leben gewesen war, als Peggy noch lebte. Nun war sie für immer fort und hatte eine Wunde in Botswes Herz hinterlassen, die niemals verheilen würde. Seine Kinder und Enkelkinder waren ihm teuer, nur sah er sie selten. In diesen Tagen waren seine einzigen ständigen Gefährten die Arbeit und der Reichtum. Beidem widmete er sich hingebungsvoll, um sich von Schmerz und Leere abzulenken.
    Er schaltete den Computer ein und arbeitete etwa eine halbe Stunde lang an seinem jüngsten Aufsatz, Überlebenskampf: Straßenkinder und Kriminalität . Dann schweiften seine Gedanken ab. Er speicherte die aktuelle Datei und rief die Fotos auf, die er sich angesehen hatte, bevor der Inspector kam. Grauenhaft. Verstümmelungen jedweder Art, von Kriegsverbrechen, Tatorten, Autounfällen und Autopsien. Seine Arbeit hatte diese schreckliche Neigung in ihm hervorgerufen. Was würde Peggy zu deiner Obsession sagen?
    Eilig fuhr er den Computer herunter und stand auf. Er wusste, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Schließlich war er Psychologe. Andererseits waren die Leute seiner Fachrichtung oft diejenigen mit den schlimmsten psychischen Störungen.
    Als Obi an der Tetteh Quarshie Interchange vorbeifuhr, sagte er zu Dawson: »Der Doctor ist ein wunderbarer Mann.«
    »Wie ich höre, sind Sie schon seit zwölf Jahren bei ihm.«
    »Ja, Sir. Als ich zu ihm kam, war ich arm und konnte nichts, gar nichts. Aber ich habe gelernt, mich angestrengt. Heutekann ich alles reparieren, Fenster, Türen, Stromleitungen, Wasserleitungen. Dieser Brunnen im Garten, den habe ich selbst gebaut.«
    »Na, dann sollten Sie unbedingt mal zu mir nach Hause kommen«, sagte Dawson lachend.
    Obi kicherte. »Gerne, Sir, sagen Sie Bescheid, ich komme.«
    »Danke. Das merke ich mir.«
    »Und wie der Doctor mich behandelt«, fuhr Obi ernster fort, »als wenn ich zu seiner Familie gehöre. Er hat mir vor drei Jahren diesen Truck gekauft, und vorher hat er mir geholfen, Möbel und einen neuen Gasherd für mein Haus zu kaufen.«
    »Offensichtlich hat er ein gutes Herz.«
    »Oh ja! Ich danke dem Allmächtigen jeden Tag, dass er mich zu ihm geführt hat.«
    »Die Bilder von der Frau und den drei Kindern in seinem Arbeitszimmer – ist das seine Familie?«
    »Ja, Sir. Seine Frau ist vor vier Jahren gestorben. Seit dem Tag ist er nur noch traurig. Er hat sie sehr geliebt.«
    »Was ist passiert – mit der Frau, meine ich?«
    »Ein Unfall. So einen schrecklichen Unfall hat man noch nicht gesehen. Sie war auf dem Weg nach Cape Coast.«
    »Und die Kinder?«
    »Die leben alle im Ausland,

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