Accra: Roman (German Edition)
eindrucksvoller Geschwindigkeit zur Haustür rollte.
Christine bereitete das Abendessen in der Küche zu, als Dawson nach Hause kam. Er gab ihr die mitgebrachten Kekse.
»Weisheitskekse!«, rief sie begeistert. »Wieso bin ich nicht selbst darauf gekommen?«
»Dasselbe habe ich auch gedacht.« Dawson lugte in den Topf, in dem ein Eintopf schmorte. »Mmm, das riecht fantastisch. Wo ist Hosiah?«
»Schmollt in seinem Zimmer.«
»Schmollt? Weshalb?«
»Er wollte heute unbedingt Pizza essen, und ich habe ihm gesagt, die ist zu salzig.«
Dawson runzelte die Stirn. »Pizza? Woher kennt er Pizza?«
Christine zögerte. »Ähm ...«
»Ähm was?« Er sah sie prüfend an. »Ah, warte mal. Wetten, ich weiß, was los ist?«
»Darko ...«
Aber er war schon aus der Küche und auf dem Weg zu Hosiahs Zimmer. Der Junge lag auf seinem Bett, das Gesicht ins Kissen gepresst. Dawson setzte sich zu ihm und schüttelte ihn sanft.
»Hey, was ist mit dir?«
Hosiah jaulte.
»Das ist keine Antwort. Nimm den Kopf aus dem Kissen und rede mit mir.«
Hosiah drehte sich zu ihm um, blickte aber sehr finster und mürrisch drein.
»Was ist los?«, wiederholte Dawson.
»Ich will Pizza.« Hosiah sprach es Pie-tsa aus.
»Und was hat Mammy dir über Pizza gesagt?«
»Dass die zu salzig ist.«
»Stimmt. Und was macht Salz mit dir?«
»Es macht mein Herz krank.«
»Richtig. Willst du wieder ins Krankenhaus?«
»Nein.« Hosiah klang elend. »Aber ...«
»Aber was?«
Hosiah stammelte einen unzusammenhängenden Satz.
»Hast du schon mal irgendwo Pizza gegessen?«, fragte Dawson.
»Einmal schon«, antwortete er ausweichend.
»Was meinst du mit ›einmal schon‹? Wo und wann?«
»Bei Frankie’s in der Accra Mall.«
»Warst du mit Granny da?«
Hosiah nickte.
»Aha«, sagte Dawson triumphierend.
Er ging zurück zur Küche, blieb an der Tür stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Netter Versuch, Christine.«
Sie krümmte sich beinahe. »Es tut mir leid, Dark.«
»Das war’s. Hosiah kommt nie wieder zu deiner Mutter.«
»Dark ...«
»Nichts Dark! Ich habe ihr noch eine Chance gegeben. Kann sie nicht einmal irgendetwas richtig machen?«
»Das ist nicht fair«, erwiderte Christine. »Hör mal, es ist zum Teil unsere Schuld. Wir haben nie mit ihr über das Salz gesprochen.«
»Nein.« Dawson schüttelte den Kopf. »Oh nein. Dafür übernehmen wir nicht die Verantwortung. Ihr ist vollkommen klar, dass Salz problematisch für Hosiah ist, und sie geht los und gibt ihm das Schlimmste, was man ihm geben kann. Mein Gott, was ist eigentlich mit der Frau los?«
»Wahrscheinlich weiß sie gar nicht, dass in Pizza so viel Salz ist«, versuchte Christine, ihn zu besänftigen.
»Ich bitte dich, Christine!«
Sie seufzte und kippte den Eintopf in eine Schüssel. Dawson rief Hosiah zu, sich vor dem Essen noch die Hände zu waschen. Wenige Minuten später erschien der Junge mit Leidensmiene in der Küche.
»Wieso können die denn nicht das Salz bei der Pizza weglassen?«, fragte er, als er sich an den Tisch setzte.
»Hmm.« Überrascht sah Dawson Christine an. »Das ist eine Idee. Können wir nicht selbst Pizza machen, mit frischen Tomaten und ohne Salz?«
»Ich habe keinen Schimmer, wie man Pizza backt«, sagte Christine.
»Wie schwer kann das sein? Es ist bloß Teig mit Tomaten und Käse, oder nicht? Ich weiß, dass Käse teuer ist, aber dann nehmen wir eben weniger.«
»Yay!«, jubelte Hosiah. »Unsere eigene Pizza! Können wir die jetzt gleich machen?«
»Wir haben gar keine Zutaten dafür, kleiner Dummkopf.« Dawson grinste. »Morgen versuchen wir’s.«
Hosiah sprang von seinem Stuhl auf, vollführte einen Freudentanz und sang dazu: » Pie-tsa, Pie-tsa, Pie-tsa! «
25
An der Grubenlatrine beim Bahnhof zahlte Tedamm seine zwanzig Pesewa, nahm die Blätter Wischpapier, die ihm der Klomann gab, ging hinein und war schnell fertig.
Er kehrte zu seinen Jungs, Antwi und Ofosu, zurück, die um die Ecke auf ihn warteten. Dann begannen sie mit ihrer abendlichen Runde. Irgendetwas ergab sich immer, sei es, dass sie einen kleinen Jungen verprügelten, ein Mädchen belästigten oder Sex mit ihm hatten oder jemanden beklauten. Es war erst neun Uhr, also blieb ihnen noch reichlich Zeit und eine große Auswahl an unschuldigen Opfern.
Als Erstes gingen sie die Okai Kwei Road entlang und dann die Kwame Nkrumah Avenue hinauf zum CMB, wo es viele Mädchen zu begucken gab. Von dort machten sie sich auf die Suche nach ihrem Akpeteshie
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