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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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hatte viele Jahre bei ihrem Vater Jacob gelebt, der für den Sohn gesorgt hatte. Inzwischen war Cairo mit Audrey verheiratet, einer bezaubernden Frau, die ihn über alles liebte. Gemeinsam betrieben sie einen Laden für Kunsthandwerk in Osu, nahe der Oxford Street, Accras berühmtem Touristenmagnet. Cairo hatte klein angefangen und seine handgeschnitzten Masken zunächst von zu Hause aus verkauft. Bis heute schnitzte er selbst, gab allerdings auch Aufträge weiter, um mit der Nachfrage mithalten zu können. Mit anderen Worten: Cairo hatte einiges erreicht. Vor allem war Dawson froh, dass sein Bruder nicht mehr beim Vater lebte, denn so konnte er ihn besuchen, ohne gleichzeitig auf Jacob zu treffen, in dessen Nähe er sich stets unwohl fühlte. Als er ein Kind war,hatte sein Vater ihm nie Zuneigung zeigen können, und seit er erwachsen war erst recht nicht. Wenn er an früher dachte, erinnerte sich Dawson an nichts als Schläge und barsche Worte.
    Cairo würde wohl noch eine gute Stunde in seinem Laden sein, deshalb bog Dawson von der Oxford in die Third Kuku Crest, wo er einen Parkplatz nahe dem Geschäft mit der leuchtend grünen Markise fand, auf der »Ultimate Craft« stand.
    Angesichts der Außentemperaturen von um die vierzig Grad nahm sich das klimatisierte Ladeninnere paradiesisch aus. Dawson liebte den Geruch von frisch geschnitztem Holz, neuen Töpferwaren und sauber gefalteten Stoffen. Georgina, Cairos Angestellte, stand am Tresen und bediente einen Kunden. Sie begrüßte Dawson lächelnd und sagte ihm, dass Cairo im Büro wäre.
    Dawson ging nach hinten, streckte den Kopf durch die offene Tür und sah seinen Bruder, der flink auf eine Rechenmaschine eintippte. Mit den Jahren hatte Cairo etwas zugenommen. Sein Gesicht war runder als früher, doch er sah nach wie vor gut aus, und der Kinnbart, den er trug, stand ihm.
    »Zählst du deine Millionen?«, fragte Dawson.
    Cairo blickte auf und lachte. »Schön wär’s! Komm rein, du Halunke.«
    Sie umarmten sich, und Dawson zog sich einen Stuhl heran. »Wie laufen die Geschäfte?«
    »Könnte besser sein. Es kommen zu wenige Touristen. Das bringt uns noch um.«
    Dawson nickte. »Kann ich mir vorstellen. Wo ist Audrey?«
    »Sie ist nach Tema gefahren, um importierte Waren abzuholen. Wie geht es dir?«
    »Ganz gut.«
    »Ach ja, es passt übrigens prima, dass du vorbeikommst. Ich will dir etwas Neues zeigen. Komm mit nach vorn.«
    Mühelos schwang Cairo seinen extraleichten Rollstuhl herum und rollte vor Dawson her.
    »Guck dir das an.« Cairo reichte Dawson eine hübsche kleine Schachtel.
    »Weisheitskekse«, las Dawson auf der Verpackung. »Was sind das denn?«
    »Das ist unsere Variante von Glückskeksen. Statt irgendwelcher komischer Prophezeiungen enthalten die hier ghanaische Sinnsprüche.«
    »Eine pfiffige Idee. Wer ist darauf gekommen?«
    »Meine brillante Frau natürlich. Probier mal einen.«
    Die Kekse waren flach und gebogen. Dawson knackte einen auf und las den Spruch auf dem kleinen Zettel. Sankofa: Nichts ist falsch daran, dir aus der Vergangenheit zu holen, was du für die Zukunft brauchst . Ein Klassiker.
    Dawson steckte sich den Keks in den Mund. Er schmeckte frisch und knusprig. »Mmm, köstlich! Verkaufen die sich gut?«
    »Wie Bier in einer Bar. Die idealen Mitbringsel für Touristen. Neben ghanaischer Schokolade, versteht sich.«
    »Ich nehme eine Schachtel von den Keksen. Woher hast du eigentlich die Sprüche?«
    »Die stehen alle hier drin.« Cairo rollte zu einem Bücherregal und zog ein Buch hervor mit dem Titel Dreitausendsechshundert ghanaische Sprichwörter .
    »Dreitausendsechshundert?«, staunte Dawson beim Durchblättern. »Gibt es so viele überhaupt im Englischen?«
    »Tja, das habe ich mich auch schon gefragt.« Cairo lachte.
    Nachdem er Georgina nach Hause geschickt hatte, schloss Cairo den Laden. Er und Dawson saßen noch beinahe eine Stunde zusammen und redeten über die Familie und die Politik. Noch nie hatte Dawson seinen Bruder glücklicher gesehen.
    Als er los musste, bot er Cairo an, ihn nach Hause zu fahren, was nur etwa zwei Kilometer entfernt war. Unterwegs rief Cairo Audrey an und gab ihr Bescheid, dass sie ihn nicht im Laden abholen müsste.
    Bei Cairo angekommen, lud Dawson den Rollstuhl aus undbrachte ihn zur Beifahrertür, wo Cairo sich gekonnt aus dem Wagen schwang.
    »Mach’s gut«, sagte Dawson.
    »Du auch. Und grüß Christine und Hosiah von mir.«
    Lächelnd sah Dawson seinem Bruder nach, der mit

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