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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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haben ihn umgebracht.«
    »Gibt es sonst noch jemanden, der als Ebens Mörder infrage kommt?«
    Issa sog durch die zusammengebissenen Zähne Luft ein und schüttelte den Kopf. »Nein, keiner außer Tedamm. Alle haben Eben gemocht.«
    »Kennst du einen Musa Zakari?«, fragte Dawson.
    »Nein. Wer ist das?«
    »Er wurde vor zwei Wochen tot in der Lagune gefunden.«
    »Ah, davon habe ich gehört, aber den kannte ich nicht.«
    Auf einmal musste Dawson an Sly denken. Er fragte Issa, ob er jemanden mit dem Namen kannte, doch wieder hatte er kein Glück.
    Ein Schrei hallte durch die Nacht, und alle drei drehten sich abrupt um. Er kam aus Richtung Bahnhof. Gleich darauf ertönte noch einer, der sich nach einer wehklagenden Frau anhörte.
    »Gehen wir«, sagte Dawson zu Chikata.
    Sie liefen los.

27
    Hinterm Bahnhof, wo Dawson erst Stunden zuvor gewesen war, hatte sich eine Menge versammelt, die auf etwas in der Müllhalde an der Mauer starrte. Ein wenig Licht schien von der Nkrumah Avenue herüber, aber nicht viel. Dawson und Chikata gingen um die Menge herum, sprangen über den Abwassergraben und liefen zum hinteren Teil des Müllhaufens, wo ein fetter Mann mit einer Taschenlampe auf eine halbnackte Frau leuchtete.
    »Polizei«, sagte Dawson. »Treten Sie bitte zurück.«
    Die Leute gehorchten. Dawson und Chikata gingen zu beiden Seiten der Frau in die Hocke und richteten ihre Taschenlampen auf sie. Sie stellten fest, dass es sich um ein junges Mädchen handelte, fünfzehn oder sechzehn Jahre alt vielleicht, das auf dem Bauch lag. Seine Pobacken waren wie zwei große Melonen, die Gliedmaßen schlaff und merkwürdig gekrümmt wie bei einem zerquetschten Insekt. Weggeworfen wie Müll , war Dawsons erster Gedanke. Er nahm nur am Rande wahr, dass in der Nähe jemand weinte.
    »Blut«, sagte Chikata und zeigte darauf.
    Die zerfetzte Bluse des Mädchens war damit durchtränkt, und rechts neben ihm hatte sich eine Lache gebildet. Dawson berührte die junge Frau. Ihr Körper war nicht kalt. Warm war er allerdings auch nicht. Eher lauwarm. Lauwarm. Dieses Adjektiv hatte er noch nie benutzt, um die Temperatur eines menschlichen Wesens zu beschreiben. Er gebrauchte es eigentlich nur, wenn es um Badewasser oder Getränke ging.
    Der Kopf der jungen Frau war in Dawsons Richtung gewandt. Er leuchtete in ihr Gesicht. Die Augen waren offen, doch die Pupillen reagierten nicht, und die Hornhäute wurden bereits milchig. Sie hatte keinen Puls.
    »Tot«, sagte Dawson. »Versuch, Bright und seine Leute herzubekommen.«
    »Bin schon dabei«, antwortete Chikata, der sein Handy hervorgeholt hatte.
    Dawson blickte zu dem dicken Mann hoch.
    »Haben Sie sie gefunden?«
    »Nein, Massa.« Er leuchtete mit seiner Taschenlampe etwa zehn Meter weiter zu einem jungen Mann, der eine weinende Frau tröstete. »Das war die Frau da drüben.«
    »Haben Sie ein Handy?«, fragte Dawson.
    »Ja, Massa.«
    »Geben Sie Detective Sergeant Chikata Ihre Nummer, falls wir Sie erreichen müssen. Und treten Sie bitte zur Seite, aber gehen Sie nicht weg, ja?«
    »Ja, Massa.«
    »Ich kann die Spurensicherung nicht erreichen«, sagte Chikata.
    »Warum nicht?«
    »Kein Netz.«
    »Mitten in Accra kein Netz? Ewurade.« Dawson zog sein Handy aus der Tasche und gab es Chikata. »Versuch’s mit meinem.«
    Dann ging er zu der weinenden Frau und dem Mann neben ihr, der sich als Patrick vorstellte. Die Frau, Faiza, war seine Freundin. Sie war achtzehn oder neunzehn und schwanger. Ihr T-Shirt spannte über ihrem Bauch.
    »Alles okay?«, fragte Dawson.
    Ein Stöhnen war alles, was sie herausbrachte.
    »Was ist passiert?«
    Patrick sprach in Hausa mit ihr, und sie murmelte etwas Unverständliches.
    »Sie ist hergekommen, um Müll wegzuwerfen, und da ist sie über die Tote gestolpert«, übersetzte Patrick.
    »Wir haben einen Schrei gehört«, sagte Dawson. »War das Faiza?«
    »Ja, wir haben ihn auch gehört und sind gleich hergekommen.«
    »Kennt sie das tote Mädchen?«
    »Nein. Aber sie ist geschockt, deshalb weint sie.«
    »Verstehe. Hat sie hier sonst irgendjemanden gesehen oder etwas gehört?«
    Patrick übersetzte die Frage und dann Faizas Antwort.
    »Nein, sie hat niemanden gesehen. Und sie sagt, Sie sollen sie bitte nicht ins Gefängnis bringen.«
    »Ich bringe sie nicht ins Gefängnis«, sagte Dawson. Er schaute sich um. Wie war das tote Mädchen hierhergekommen? War es durch den Bahnhofseingang gebracht worden? Oder vom Bahnhof selbst?
    Chikata kam zu ihm und gab Dawson sein

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