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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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deine Eltern?«
    »Meine Mutter ist gestorben. Wo mein Vater ist ... weiß ich nicht. Als meine Mutter gestorben war, ist er weggegangen und hat mich und meine Brüder bei meinen Großeltern gelassen. Dann ist mein Großvater auch weg.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Weiß ich nicht, Sir.«
    »Dann hat deine Großmutter für euch gesorgt?«
    »Ja, Sir, aber als ich in die fünfte Klasse gehen sollte, wurde sie krank und konnte nicht mehr arbeiten. Sie hat gesagt, ich soll auf der Farm arbeiten und Geld verdienen, und da konnte ich nicht mehr zur Schule gehen.« Dreimal hintereinander sog Antwi durch die Zähne Luft ein und schüttelte den Kopf. »Aber auf der Farm kann man auch kein Geld verdienen. Kein Geld, keine Schule, kein nichts.«
    »Was ist mit deiner Großmutter?«
    »Sie ist gestorben, Sir.«
    »Das tut mir leid.«
    »Danach bin ich nach Accra gegangen.«
    »Lebst du gerne hier?«
    »Ich verdiene mehr Geld als in meinem Dorf, und das finde ich gut. Aber das Leben ist zu hart. In meinem Dorf weiß ich wenigstens, dass mir keiner eins über den Kopf haut und mir alles klaut.«
    »Hat Tedamm dir geholfen, einen Job zu finden, als du neu in Accra warst?«
    »Ja, Sir.«
    »Musst du ihm dafür etwas von dem abgeben, was du verdienst?«
    »Früher musste ich das. Jetzt nicht mehr. Aber wenn er was braucht, bringe ich es ihm.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Akpeteshie, Essen, alles. Er will die ganze Zeit Reis und Shito essen.« Antwi kicherte grunzend, wurde aber gleich wieder ernst. »Mr. Dawson, Sir, die Leute sagen, dass Sie Tedamm gestern ins Gefängnis gebracht haben. Stimmt das?«
    »Ja, er ist im Gefängnis. Wie sieht es mit Mädchen aus? Bringst du ihm die auch?«
    »Nein, Sir, die Mädchen muss ihm keiner bringen. Die kommen von ganz allein zu ihm.«
    »Ist Comfort Mahama auch zu ihm gekommen?«
    Antwi erschrak. Seine Stimme wurde eine Note tiefer und leiser, klang trocken wie Herbstlaub. »Sir, bitte, wer ist Comfort?«
    »Du weißt, wer sie ist. Du, Ofosu und Tedamm, ihr wart am Dienstagabend mit ihr zusammen.«
    Antwis Augen huschten hin und her.
    »Jemand hat euch mit ihr gesehen«, sagte Dawson. »Was habt ihr mit ihr gemacht? Was ist passiert?«
    »Gar nichts, Sir.«
    »Wo seid ihr mit ihr hingegangen?«
    »Sir, wir haben bloß geredet.«
    »Was hat Tedamm mit ihr gemacht?«
    Antwi hielt Dawsons Blick tapfer stand. »Er hat gar nichts gemacht.«
    Dawson stand auf und ging zur Tür, die Hände in den Taschen und den Kopf gesenkt. Antwis Augen folgten ihm zur Tür und wieder zurück.
    Dawson blieb neben dem Jungen stehen und legte eine Hand auf seine Schulter. »Falls du mir nicht hilfst und erzählst, was geschehen ist, stecken sie dich auch ins Gefängnis, und ich könnte es nicht verhindern. Möchtest du Tedamm im Gefängnis treffen?«
    Antwi nagte hektisch an seiner Unterlippe, um die Tränen zu vertreiben, die ihm in die Augen stiegen. Er schniefte.
    »Tedamm bist du egal«, sagte Dawson. »Du hast ihn noch nie interessiert. Würdest du heute sterben, hätte er dich bis morgen vergessen.«
    Nun begann Antwi zu weinen und wischte sich ungeschickt über die Wangen – wie ein Hund, der tapsig nach einem Knochen greift.
    »Was hat Tedamm mit Comfort gemacht?«, fragte Dawson sanft.
    »Sir, wir haben mit ihr Akpeteshie getrunken in der Tudu Road. Dann hat Tedamm sie angefasst, ihre ...« Antwi vollführte kreisende Bewegungen vor seiner Brust.
    »Ihre Brüste?«
    »Ja. Und dann hat er gesagt, wir sollen sie festhalten, und dann ... dann haben ich und Ofosu sie festgehalten, und Tedamm hat sie gefickt.«
    »Du auch?«
    Antwi schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Ich bin weggelaufen. Ofosu auch.«
    »Ihr habt Tedamm mit Comfort allein gelassen?«
    »Ja.«
    »Seid ihr wieder zurückgekommen?«
    »Nein, Sir, ich nicht.«
    »Hast du Comfort an dem Abend noch einmal gesehen?«
    »Nein, ich hab sie gar nicht mehr gesehen, Sir.«
    »Und Tedamm?«
    »Ich hab mich vor ihm versteckt, weil ich wusste, dass er mich verprügeln wollte, weil ich weggelaufen bin.«
    »Warum seid ihr weggelaufen?«
    »Da kam wer.«
    »Wer?«
    »In einem Auto. Das hat uns mit den Lichtern angeleuchtet. Ich dachte, das ist die Polizei, deshalb bin ich weg.«
    »Du hast nicht gesehen, was das für ein Wagen war?«
    »Nein, Sir.«
    »Mhm.« Dawson überlegte. »Du weißt, dass Comfort in dieser Nacht ermordet wurde, nicht?«
    »Ja, Sir, weiß ich.« Er sah nach unten.
    »Hast du sie umgebracht?«
    »Nein, Sir!«
    »Aber was du getan hast, war

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