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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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verletzt. Da ist ja nicht viel Platz. Antwi, hast du dir den Kopf gestoßen, als du da drinnen warst?«
    Antwi blickte Socrate mit einem Ausdruck puren Hasses an.
    Dawson trat näher und sah in den Raum. Dort war wirklich nicht viel Platz.
    »Hast du dich vor mir versteckt?«, fragte er Antwi.
    Der Junge schniefte wieder, wischte sich noch einmal über die Nase und schwieg.
    »Müssen Sie ihn befragen?«, fragte Genevieve leise.
    »Im CID, nicht hier.«
    »Können wir uns erst um seine Stirn kümmern, Inspector?«, mischte sich Socrate abermals ein. »Ich glaube, die Schwester ist da.«
    »Ja, natürlich.«
    »Er war das«, sagte Antwi plötzlich.
    »Wer?«, fragte Dawson. »Was?«
    Der Junge neigte den Kopf, sodass er zum Boden sprach. »Mr. Socrate hat das gemacht. Er hat gesagt, ich soll mich vor Ihnen verstecken, und mich da reingeschoben. Und er hat die Tür zugemacht und abgeschlossen. Ich hab keine Luft gekriegt.«
    Socrate fiel die Kinnlade herunter. »Also, Antwi!« Entsetzt sah er erst Dawson, dann Genevieve an. »Ich fasse nicht, dass er solche Lügen erzählt.«
    »Antwi«, sagte Genevieve vorwurfsvoll. »Wie lautet eine der fünf Regeln, die wir euch hier beibringen? Keine Lügen. Weißt du das nicht?« Kopfschüttelnd stand sie auf. »Na gut, gehen wir zur Schwester. Und danach fährst du mit Inspector Dawson. Ach Antwi, du hast uns heute sehr traurig gemacht.«
    Als er vor Dawsons Schreibtisch saß, wirkte Antwi wie ein kleines, gefangenes Tier. Er war staubig, seine Kleidung zerschlissen. Die SCOAR-Schwester hatte ihm ein großes Pflaster auf die Stirn geklebt.
    Im Büro herrschte der übliche Lärm. Detectives nahmen Anzeigen auf, schrieben Berichte, kamen und gingen, und manchmal kam es in der Tür zu Beinahe-Kollisionen. Dawson reichte Antwi einen Wasserbeutel von seinem Schreibtisch. Der Junge biss die Ecke mit den Zähnen ab und leerte den Beutel bis zum letzten Tropfen. Seine Hand zitterte.
    Dawson saß ihm gegenüber und sprach ihn auf Twi an. »Jetzt okay?«
    Antwi nickte. »Ja, Sir.«
    Chikata hockte neben ihm auf der Schreibtischkante.
    »Erzähl mir der Reihe nach, was passiert ist, Antwi«, sagte Dawson.
    »Ich wollte zum Freizeitraum, Sir.« Er klang halb nach Junge, halb nach Mann und war mitten im Stimmbruch. »Mr. Socrate ist gekommen und hat mich gerufen und hat gesagt, ein Polizist sucht mich. Er hat gesagt, er hilft mir und dass ich mich verstecken soll, bis der Polizist wieder weg ist.«
    »Hey, Bürschchen«, warnte ihn Chikata. »Erzähl uns hier keine Märchen, ja?«
    »Sir, ich lüge nicht. Ich wollte nicht in die Kammer, weil die viel zu klein ist, aber Mr. Socrate hat mich reingeschoben. Und dann hat er gelogen und Ihnen gesagt, dass ich mich da verstecken wollte.«
    Dawson musterte Antwi. Seine Augen huschten nicht umher; seine Stimme war fest. Der Junge sagte die Wahrheit.
    »Sir, Sie wissen bestimmt gar nicht, wie er ist, Mr. Socrate«, fuhr Antwi fort. »Er hasst uns alle. Alle, die zu SCOAR kommen. Den Einzigen auf der Welt, den er nicht hasst, ist Madam Genevieve. Und sie würde jeden Scheiß für ihn machen, wenn er es ihr sagt. Sie hat keine Ahnung, wie irre er ist.«
    »Warum sagst du, dass er irre ist?«, fragte Dawson.
    »Ein paar von den Jungen haben mir schon von einem Lagerraum erzählt und dass Mr. Socrate sie früher immer da eingesperrt hat. Sie haben gesagt, der Raum ist oben im Haus, aber ich war nie da. Und einmal hat er einen der Jungen mitgenommen und ihm mit irgendeiner Maschine Stromschläge verpasst.«
    Dawson und Chikata sahen sich verwundert an.
    »Warum habt ihr das nicht Madam Genevieve erzählt?«, fragte Dawson.
    »Weil wir Angst haben, Sir.« Antwi drehte die Handflächen nach oben. »Wir haben zu viel Angst. Mr. Socrate sagt zu uns, wenn wir ihr was sagen, schmeißt er uns bei SCOARraus, oder er sagt, er meldet uns bei der Polizei. Bei SCOAR fühlen wir uns gut, da sind wir irgendwie fröhlich und locker. Und wenn Mr. Socrate sagt, wir sollen nichts Böses über ihn erzählen, sonst dürfen wir nie wieder hinkommen, dann erzählen wir auch nichts, klar? Natürlich nicht. Gucken Sie uns doch an. Wir haben nichts. Wir haben kein Geld, kein Haus, in dem wir schlafen können. Manche von uns haben nicht mal Schuhe.«
    Antwi seufzte resigniert.
    »Wie alt bist du?«, fragte Dawson ihn.
    »Fünfzehneinhalb, Sir.«
    »Und wie lange bist du schon in Accra?«
    »Drei Jahre.«
    »Warum bist du hergekommen?«
    »Ich wollte Geld verdienen.«
    »Wo sind

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