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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
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Vorratsraum eingesperrt war?«
    Socrate runzelte die Stirn. »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand sich dort reinquetschen und allein die Tür zuziehen kann.«
    »Wollen Sie von mir wissen, welcher seiner Freunde ihm dabei geholfen haben könnte?«
    »Nein, das ist nicht ganz meine Frage.«
    »Ah, alles klar!« Socrate lachte. »Dann weiß ich nicht, wie ich Ihnen helfen kann.«
    »Haben Sie gewusst, dass Antwi den Raum oben vorher nie gesehen und nur eine vage Vorstellung davon hatte, wo er ist? Also habe ich versucht, mich in seine Lage zu versetzen. Würde ich ausgerechnet diesen Raum als Versteck wählen? Oder würde ich eher auf mein Glück hoffen und versuchen,aus dem Haus zu fliehen, bevor Inspector Dawson mich sieht? Begreifen Sie, was ich meine? Aus dem Haus zu verschwinden, solange ich kann, ist eine weit bessere Option, als sich im Haus zu verstecken.«
    »Ja, würde ich auch meinen, aber, na ja ... Kinder halt. Die sind, wie sie sind. Und diese hier? Viele von denen sind geborene Lügner, Diebe und Betrüger. Antwi auch. In dem Jungen steckt kein Funken Ehrlichkeit.«
    »Hielten Sie es schon mal für nötig, korrigierend auf die Kinder einzuwirken? Mit körperlicher Züchtigung?«
    »Wir bemühen uns täglich, ihnen anständiges Benehmen beizubringen, Inspector, aber körperliche Züchtigung gehört nicht zu unseren Methoden.«
    »Dann haben Sie noch nie eines der Kinder geschlagen?«
    Socrate schüttelte energisch den Kopf. »Das tun wir nicht.«
    »Ich spreche von Ihnen .«
    »Was wollen Sie damit andeuten?«
    »Es kursieren einige Geschichten über Sie. Dass Sie Kinder in den Vorratsraum einsperren, ihnen Elektroschocks verabreichen ...«
    Socrate stemmte seinen massigen Körper aus dem Stuhl und lehnte sich über den Schreibtisch. »Inspector, ich muss doch sehr bitten! Sie kommen hier rein und werfen mir widerwärtige Anschuldigungen an den Kopf? Es ist schon eine Beleidigung, dass Sie den Behauptungen dieses ... dieses nichtsnutzigen Antwi eher Glauben schenken als mir!«
    »Nichtsnutzig?«, fragte Dawson erstaunt.
    » Ja , er ist nichtsnutzig!« Socrates Gesicht war wutverzerrt. »Verglichen mit mir, mit Genevieve, mit jedem, der seine kostbare Zeit Kindern wie Antwi opfert, ohne dass die viele Arbeit irgendwas bringt, ja, verglichen mit uns ist er nichtsnutzig! Verstehen Sie mich, Inspector? Das hier ist Ghana, die wirkliche Welt. Was wir auf unsere Website stellen oder in diese Broschüren mit den albernen Bildern von lächelnden Kindernschreiben und so emsig als Erfolgsgeschichten ausgeben, ist weit von der Realität entfernt. Das sind Straßenkinder, mit denen wir es zu tun haben, Inspector Dawson, Ungeziefer !«
    Socrate fiel genauso abrupt auf seinen Stuhl zurück, wie er sich aufgerichtet hatte. Schweiß rann ihm übers Gesicht, und unter seinen Achseln hatten sich riesige Flecken gebildet, die eine Minute zuvor noch nicht dort gewesen waren. Er stützte seinen Kopf in die Hände und atmete so schwer, als hätte er einen Sprint hingelegt.
    Dawson war sprachlos.
    »Socra?«
    Er blickte auf, als Genevieve hereinkam.
    »Socra, alles in Ordnung? Was ist los?« Sie ging zu ihm, drückte seine Schulter und rieb ihm den Nacken. Dann senkte sie die Stimme, sodass sie seidig und beruhigend wurde. »Langsamer atmen. Socra ... langsam ... langsam ... so ist’s gut. Du weißt, wie es geht ... ja, sehr gut ... das ist besser.«
    »Alles okay«, sagte er erstickt. »Entschuldige. Ich gehe einen Moment nach draußen.«
    Beim Aufstehen kippte er beinahe seinen Stuhl um. Mit hängenden Schultern schlurfte er aus dem Zimmer.
    Genevieve sah Dawson an, und zum ersten Mal bemerkte er Feindseligkeit an ihr. Er drehte seine Hände nach oben und hob die Schultern. »Fragen Sie mich nicht, was passiert ist, denn ich habe keine Ahnung. Ich dachte, wir unterhalten uns bloß.«
    »Worüber?«
    »Über die Geschichte mit Antwi.«
    »Wieso sprechen Sie das wieder an, Inspector Dawson?«, fragte sie eisig. »Warum? Bitte, lassen Sie es gut sein. Es ist vorbei und vergessen.«
    »Nein, vielleicht nicht. Es gibt Anschuldigungen gegen Socrate.«
    »Was für Anschuldigungen? Wovon reden Sie?«
    »Von Kindern, die in die Besenkammer eingesperrt werden, die man mit Elektroschocks quält.«
    »Quälen? Inspector, bitte! Haben Sie das von Antwi?«
    »Ja.«
    »Und Sie denken nicht, dass Antwi solche Sachen erfindet? Dass er so etwas behauptet, weil es ihm nützlich sein kann?«
    »Warum

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