AC/DC - Maximum Rock N Roll
spielten 15 oder 20 Minuten ein bestimmtes Riff oder arbeiteten an einem gewissen Feeling, spielten den Song ein paar Mal, und dann sagte George: ›Jungs, ich glaube, jetzt habt ihr es raus, das klingt jetzt richtig gut!‹ Dann drückten sie auf »Aufnahme« und nahmen den Titel auf. Meistens sang Bon in der kleinen Seitenkabine, während der Rest der Band zusammen im Studio stand. Angus wälzte sich bei seinen Soli am Boden oder kletterte auf die Verstärker. Sie waren ziemlich durchgeknallt.«
Der Titeltrack des Albums, dessen Text Bon im Büro von Albert Productions mit Hilfe einer Bibel verfasste, war ein Paradebeispiel für die Arbeitsweise.
Angus: »Gegen Ende der Aufnahme von ›Let There Be Rock‹ rauchte der verdammte Verstärker. Aus dem Scheißding quoll richtig dicker Rauch! Und George brüllte wie wild: ›Nicht aufhören!‹ Ich spielte weiter und sah die ganze Zeit, wie der Qualm sich nach und nach überall im Raum verteilte. Der Verstärker hielt bis zum Ende durch, dann machte dieses blöde Teil ›blaaaaaaah‹ und schmolz weg. Let There Be Rock war einfach ein verdammt heißes Album.«
John Brewster von den Angels war häufig im Studio und erlebte mit, wie Let There Be Rock eingespielt wurde:
»Es war total aufregend, ihnen bei den Aufnahmen zuzusehen, weil sie nicht wie die abgewichsten Studiomusiker mit Kopfhörern herumsaßen und ihren Job erledigten. Sie spielten so wie auf der Bühne, so waren sie nun mal. Sie waren eine echte Inspiration. Ich erinnere mich, dass Angus die Kopfhörer von den Ohren rutschten. Am Ende drehte er sich genau wie bei den Konzerten auf dem Boden!«
Let There Be Rock entstand in etwa zwei Wochen – ähnlich wie Dirty Deeds Done Dirt Cheap -, und es hörte sich genau so gewaltig an, wie sie beabsichtigt hatten.
Nun hatte man auch den Kopf frei, im Rahmen des Festival Of Sydney am 30. Januar, einem schwülheißen Sommertag, ein großes Konzert im Haymarket in der Innenstadt zu geben. Aus irgendeinem Grund mussten die Zuschauer drei Dollar für AC/DC zahlen, während es bei diesem Festival für nur einen Dollar die brave, aber international erfolgreiche Little River Band zu hören gab.
AC/DC lieferten einen brillanten Auftritt ab, in dem nicht zuletzt Bons neue Vorderzähne – die er sich in London hatte einsetzen lassen, angeblich, weil er beim Schnäppchenpreis von 800 Pfund nicht hatte Nein sagen können – ein strahlendes Glanzlicht setzten. Vielleicht wollte er aber auch nur die Vorzüge des britischen Gesundheitssystems ausnutzen. Die neuen Beißer waren eine Zeit lang noch ungewohnt, und Bon brauchte eine Weile, um mit ihnen zurechtzukommen. Aber an jenem Abend war er, wenn auch ziemlich betrunken, in Topform. »Can I Sit Next To You, Girl« kündigte er als »Can I Sit On Your Face, Girl« an. Bei anderen Gelegenheiten wurde der Song auch gern mal als »Can I Shit Next To You, Girl« betitelt.
Vom 12. bis 15. Februar gab es weitere Konzerte in Adelaide, Melbourne und Perth sowie im Hurstville Civic Centre in Sydney. Es sollten Bons letzte – offiziell angekündigte – Auftritte mit AC/DC in Australien sein.
Phil Rudd hatte nicht die besten Erinnerungen an das Hurstville. Das letzte Mal, dass die Band dort gespielt hatte, war er mit einem Sicherheitsbeamten aneinandergeraten. Keiner der Musiker hatte große Lust, dorthin zurückzukehren. Der Gig hatte dann auch diese feindselige Atmosphäre – sowohl seitens der Zuschauer als auch seitens der Musiker -, die Rudd befürchtet hatte. Aber dieses Mal gab es keinen weiteren Ärger, abgesehen davon, dass die Anlage einige Male ausfiel.
Vor »TNT« ging Angus ans Mikrofon und heizte dem Publikum ein.
»Okay!«, brüllte er. »Jetzt haben wir hier genug Scheiß gespielt! Seid ihr gut drauf? Dann mal los! Bewegt eure Ärsche!« Rudd gab nun auf der Kickdrum und Hi-Hat einen gleichmäßigen Beat vor. »Come on! Oi! Oi! Oi! Oi!«, schrie Angus, bis ihm ein besseres Wort einfiel. »Fuck! Fuck! Fuck! Fuck! Ich will euch hören!«
Das Publikum war zwar laut und begeistert, aber in Großbritannien hatten AC/DC in der Regel vor zehnmal so vielen Zuschauern gespielt. Auch das war für die Band ein Zeichen dafür, dass in Australien etwas falsch lief.
Es konnte AC/DC nur bedingt beruhigen, dass die Leser des britischen Sounds noch immer zu ihren Helden standen. Beim Jahres-Poll, der in der Ausgabe vom 19. Februar 1977 erschien, nahmen AC/DC unter den besten neuen Bands den 7. Platz ein, vor Thin Lizzy und den
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