Ach, Harmonistan: Deutsche Zustände (German Edition)
in Norwegen, jenem Land, dem raue Staatsfeministen verordnet haben, dass alle Aufsichtsräte zur Hälfte weiblich besetzt sein müssen.
Und so wird dem Männlein restlos bang ums Herz, wenn es über die berufliche Situation seiner Geschlechtsgenossen nachdenkt. »Männer üben in diesem Lande die gefährlichsten und unattraktivsten Berufe aus, die meisten davon ohne jede Aufstiegschance«, so der Journalist Paul-Hermann Gruner, selbsternannter Sprecher einer »Befreiungsbewegung für Männer«. Die rasanten Aufstiegsgeschichten von Putzfrauen, Krankenschwestern und Fußpflegerinnen müssen sich in einem Paralleluniversum abspielen, in das mein Raumschiff bislang noch nicht vorgestoßen ist. Zum Trost kann ich dem Männlein versichern, dass ich durch die Fenster meines Raumschiffs hingegen sehr mächtige und reiche Paralleluniversen gesehen habe, in denen seine Geschlechtsgenossen ganz unter sich bleiben: Die obersten Chefetagen der deutschen Wirtschaft zum Beispiel.
In seinem Schmerz spricht das Männlein jedoch eine Wahrheit aus: Die allermeisten Feuerwehrmänner sind in der Tat Feuerwehrmänner und keine Feuerwehrfrauen. Ebenso wie unter den bislang in Afghanistan gefallenen Soldaten der Bundeswehr nur eine Soldatin war. Jede halbwegs vernünftige Frau wird jenen Männern und wenigen Frauen, die bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um andere Leben zu retten, oder ein geschundenes Land zumindest ansatzweise sicherer zu machen, Respekt und Anerkennung zollen. Der beleidigende und diskriminierende Satz »Soldaten sind Mörder« stammt von einem Mann (Kurt Tucholsky) und klebte in den 70er und 80er Jahren beleibe nicht nur an den Kotflügeln von lila Enten.
Aber vielleicht will das Männlein ja gar nicht an die Front geschickt werden. Vielleicht sehnt es sich gar nicht nach »Naturschutzparks der Männlichkeit«, wie sie der gleichfalls um die Zukunft der Männer besorgte Medientheoretiker Norbert Bolz vor einigen Jahren forderte. Vielleicht will es einfach nur ganz still und stumm im Walde stehen dürfen und hin und wieder über sein schwarz Käpplein klein gestreichelt werden?
Denn das Männlein möchte vor allem eins: Endlich auch als Opfer anerkannt werden.
Verkehrte Welt: Während eine neue Generation Feministinnen unmissverständlich sagt, dass frau im 21. Jahrhundert nach allem Möglichen strebt, nur nicht danach, als Opfer betrachtet zu werden, stürmt das Männlein die Jahrmärkte der öffentlichen Gefühligkeiten, um den Opferwimpel zu ergattern, jenes höchste Gütesiegel, das die Verdienstorden früherer Zeiten abgelöst hat.
Unlängst hatte ich die Ehre, zu einem Expertentreffen bei der Bundeskanzlerin eingeladen zu sein. Schnell wurde als einer der großen Trends die »Feminisierung der Gesellschaft« ausgerufen. Sicherheitshalber schaute ich mich ein zweites Mal in der Runde der versammelten Politiker, Wissenschaftler und Publizisten um: Außer der Bundeskanzlerin und mir saßen nur Männer im Raum.
Natürlich ist unsere Welt an der Oberfläche »weiblicher« geworden. Mein Großvater würde sich wundern, wie vielen kinderwagenschiebenden Vätern er heute (zumindest in urbanen Regionen, vorwiegend am Wochenende) begegnen würde. Und meine Großmutter würde nicht wirklich begreifen, warum viele Frauen heute mehr vom Leben erwarten, als eine männliche Biografie vom Sozius aus unterstützen zu dürfen. Dennoch: Ein paar Tausend Windeln wechselnde Väter und eine Kanzlerin machen noch kein Matriarchat. Woher also der Aufruhr im männlichen Lager?
Kopernikus hat der Menschheit die erste narzisstische Kränkung zugefügt, indem er die Erde vom Mittelpunkt des Universums zu einem Nebenplaneten degradierte. Darwin demütigte den Menschen zum zweiten Mal, indem er die vermeintliche Krone der Schöpfung als Nachfahren des Affen entlarvte. Die Erkenntnis, dass Flugzeuge nicht häufiger abstürzen, wenn eine Kapitänin im Cockpit sitzt, dass Unternehmen nicht schneller bankrottgehen, wenn sie von einer Chefin geleitet werden, und dass Frauen mittlerweile sogar Fußball- und Boxweltmeistertitel erringen können, scheint die dritte große Demütigung sein, die zumindest der männliche Teil unserer Spezies noch nicht verwunden hat.
Die antifeministischen Reflexe mancher Männer erklärte die brillante Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Hedwig Dohm bereits 1902: »Die Motive derer, die das Pulver nicht erfunden haben, liegen zutage. Wenn die Frau nicht dümmer wäre als sie, wer wäre es denn? Wenn
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