Ach so!
flüssig geschieht – und
darin liegt das Tückische beim Ketchup – plötzlich und sorgt daher beim Klopfen auf
die Flasche für die fließende Überraschung. In der Wissenschaft nennt man den
Ketchupeffekt auch Thixotropie.
Die durch Schütteln und Bewegen wandelbare Konsistenz hat
sogar kluge Ingenieure inspiriert: In der Farbenindustrie nutzt man diesen Effekt
mithilfe spezifscher Zusätze in den Malerfarben: Beim Streichen wird die Farbe
bewegt und lässt sich leicht auftragen. Danach verfestigt sie sich und verhindert so
die Bildung von Nasen.
In der Natur kann man dieses Phänomen übrigens auch beiSchlammlawinen nach starken Regenfällen oder bei Erdbeben
beobachten. Durch das Wasser zwischen Erde und Steinen gerät plötzlich alles ins
Gleiten. Auch hier brechen die mikroskopischen Verschränkungen zwischen den
Sedimenten auf. Gerät der Schlamm einmal in Bewegung, wird er noch flüssiger und
rast ins Tal. Ganze Berghänge verflüssigen sich auf diese Weise und reißen Straßen
und Häuser mit sich. Sobald die Lawine wieder zum Stehen kommt, verfestigt sich die
Masse – wie beim Ketchup – und erschwert die anschließenden Aufräumarbeiten.
Vielleicht können Sie den verstimmten Kellner im feinen
Restaurant so etwas aufmuntern: Erzählen Sie ihm von gigantischen Erdrutschen und
ihrer Wesensverbundenheit mit dem Ketchup.
[Menü]
Warum braucht der Eierkocher weniger Wasser, wenn mehr Eier erhitzt werden?
12 Ein Wesenszug der Techniker ist
manchmal die mutige Eigenschaft, trotz fehlender endgültiger Kenntnis der Dinge
einen Apparat zu ersinnen, der das gestellte Problem auf pragmatische Weise löst.
Während Physiker zum Beispiel noch immer nicht endgültig das Geheimnis der
turbulenten Luftströmungen gelöst haben, durchfliegen Tausende Flugzeuge alltäglich
den Luftraum. Obwohl Biochemiker längst nicht alle Prozesse entschlüsselt haben, die
für den pochenden Kopfschmerz verantwortlich sind, bieten Apotheken allerlei
Tabletten an, die offensichtlich dennoch helfen.
An anderer Stelle in diesem Buch (siehe Kapitel 13: Warum
ist es so schwer, ein perfektes Ei zu kochen?) werde ich von der hohen Kunst, Eier
weich zu kochen, erzählen und erklären, warum hinter dieser einfachen Aufgabe ein
mitunter schier unlösbares wissenschaftliches Problem lauert. Obwohl das Eierkochen
also nicht endgültig erforscht ist, gibt es einen Apparat zu kaufen, der das Problem
löst: den Dampfeierkocher. Wie fast alle technischen Apparate degradiert uns auch
dieses Gerät zu einem einfachen Nutzer. Das ist nicht ungewöhnlich, im Gegenteil.
Viele fahren mit großer Freude ein Auto, ohne die geringste Ahnung davon zu haben,
was unter der Motorhaube passiert. Kaum ein Nutzer eines Mobiltelefons hat sich je
Gedanken darüber gemacht, wie das Tippen der Tasten zum Klingeln auf der anderen
Seite führt. Als Nutzer befolgen wir eben brav unsere Bedienungsanleitungen, und derApparat bringt uns ans Ziel. Dennoch erzeugt der
Dampfeierkocher bei einigen Menschen ein tiefes Gefühl der Unsicherheit, denn es
gibt da ein irritierendes Paradoxon: Der Eierkocher benötigt weniger Wasser, wenn
mehr Eier erhitzt werden!
»Ist doch klar«, werden viele jetzt denken. »Wenn ich Eier
in einem Topf koche, brauche ich auch weniger Wasser, weil das Volumen der Eier den
Wasserspiegel steigen lässt.« Das ist beim Dampfkocher aber nicht so. Das Phänomen
ist also gar nicht so einfach zu erklären, wie es zunächst aussieht.
Der Vorteil des Eierkochers besteht darin, dass man mit
weit weniger Wasser auskommt als bei der konventionellen Kochmethode im Wassertopf.
Die Eier sind hier nicht umgeben von kochendem Wasser, sondern von Wasserdampf.
Der Dampfeierkocher besteht aus einer elektrisch geheizten
Verdampferschale, in die man eine genau dosierte Menge an Wasser einfüllt. Auf dem
dazugehörigen Messbecher kann man an der Skala genau ablesen, wie viel Wasser für
welche Anzahl Eier benötigt wird. Darüber stehen die Eier in einem einfachen
Metallgestell. Der Deckel besitzt eine kleine Öffnung, aus welcher der Dampf bei
steigendem Druck entweichen kann. Nach dem Einschalten wird das Wasser erhitzt und
siedet. Der 100 °C heiße Dampf steigt vom Boden auf, und ein Teil davon trifft auf
die kühlere Oberfläche des Eis. Dieser Dampf kühlt dabei ab und kondensiert. Das
flüssige Wasser überzieht die Oberfläche des Eis und tropft dann wieder
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