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Achilles Verse

Achilles Verse

Titel: Achilles Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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gehöre ich zu den vom Himmel beschenkten Menschen mit quasi neutralem Fußgeruch. Also ich rieche jedenfalls fast nichts. Meine fünf Paar Laufschuhe habe ich ganz unauffällig unter die Heizung im Schlafzimmer gestellt, da sieht sie kein Mensch, außer Mona natürlich und seitdem sagt sie, dass das
Schlafzimmer stinkt. Also stelle ich die zuletzt getragenen Schuhe ins Fenster. Neulich waren sie verschwunden. »Sind mir doch glatt runterfallen, Achim«, sagte sie mit Hexenblick. Nach draußen.
    Schwieriger wird es mit den Laufklamotten. Nach einem Mal Tragen über 50 Minuten muss man das Hemd und die Hose nun wirklich nicht gleich in die Waschmaschine stecken. Kostet ja auch alles Geld. Also hänge ich die Sachen zum Trocknen auf unseren kleinen Wäscheständer und zwar ganz zufällig zwischen die frisch gewaschenen Sachen, damit Mona nicht sagen kann, es röche komisch. Neulich ist sie mit ihrer Nase wie ein Drogenhund ganz flach über den Wäscheständer gegangen und hat jedes Kleidungsstück einzeln abgeschnüffelt. Dummerweise hat sie tatsächlich das just getragene identifiziert, aber garantiert nicht am Geruch, sondern an der Restwärme.
    Eine Weile habe ich die Sachen im Badezimmer auf der Handtuchstange trocknen lassen. Aber dann kam Karl und zog das Handtuch von der Leine. Dabei fiel eine Laufhose auf ihn, die auf links gewendet war. Deswegen hat er die Socken nicht mehr gesehen, die hinterherkamen. Karl sagt, die Hose hätte komisch gerochen. Das Kind ist von Mona eindeutig manipuliert, es hat auch diesen Riechtick. Das kommt nur, weil Mona jeden zweiten Satz mit den Worten anfängt: »Riechst du das auch?« Natürlich riecht das Kind gar nichts, weil da nichts ist. Aber es denkt, es müsste seiner Mutter zustimmen, schon um des Friedens willen. Zum Glück ist es jetzt trocken, da kann ich die Sachen in den Garten hängen. Dachte ich jedenfalls. Bis mir irgendein verdammtes Vogelvieh einen senffarbenen Haufen mit weißem Rand auf den Kragen meines zartorangenen Profihemdes gesetzt hat. »Vogelscheiße riecht nicht«, hat Mona gesagt. Bei nächster Gelegenheit werde ich all ihre Sachen zum Trocknen in den Garten hängen. Und vorher ein Dutzend Meisenknödel in die Kastanie.

Wohin mit den Klamotten
    Reden wir nicht lange drum herum: Eigentlich braucht der ambitionierte Läufer ein eigenes Zimmer, mit Waschmaschine, Wäscheschrank, Wäschetrockner, Materialkiste, Handtuchhalter, Garderobe, Werkzeugbank für Kleinreparaturen – das wär’s eigentlich schon, wenn man das Medikamentenschränkchen, den Bandagenhalter und die Aktenordner mit Trainingsplänen und Ergebnislisten noch dazunimmt.
Tatsache ist, dass die Utensilien, die über die Jahre zusammenkommen und die man natürlich unbedingt braucht, in einem normalen Haushalt in einer normalgroßen Wohnung praktisch nicht mehr unterzubringen sind. Lebt man auch noch in einer gleichberechtigten Beziehung, beanspruchen Partner und Kinder ähnlich viel Extra-Platz.
    Ein paar Regeln helfen:
Im Sommer alle Winterklamotten ab in den Keller und umgekehrt.
Dabei streng darauf achten, was man im vergangenen halben Jahr kaum oder gar nicht getragen hat. Hart sein gegen sich – und weg damit.

Klamotten falten oder auf Bügel, das spart Platz.
Maximal von jedem Ausrüstungsteil zwei, jeden dreifach besetzten Posten gnadenlos auf zwei reduzieren (außer bei Schuhen und Finisher-T-Shirts).
Geschlossene Räume nie zum Trocknen von getragenen Klamotten benutzen. Das liefert der Familie Munition. Trockenrevier auf Balkon, Fenster, Terrasse ausdehnen.
Alle frisch gewaschenen Sachen sofort in den Schrank, um gar nicht erst den Zorn der lieben Mitbewohner aufkommen zu lassen.
Die Gattin einfach reden lassen. Es vergeht meistens.

Die Läufer sind schon ein komisches Völkchen. Haben Rituale, die kein Außenstehender kapiert. Das Grüßen etwa ist eine Wissenschaft für sich. Einfach nur »Hallo« geht nicht. Spezialisten verfügen nach einigen Jahren über ein breites Repertoire – inklusive der formvollendeten Verachtung für Walker.

    Wenn sich zwei Straßenbahnen begegnen, dann grüßen sich die Fahrer. Tippen an die Mütze, Nicken, Handheben. Früher haben sich Enten-Fahrer gegrüßt. Heute noch Motorradfahrer. Die heben meist zwei Finger. Gruppen zelebrieren per Gruß ein Wir-Gefühl, nicht nur für sich, sondern vor allem für die, die nicht dazugehören. Wir Straßenbahnpiloten, wir Lederpack, wir sind die coole Gang. Und was seid ihr, ihr Bus- und Autofahrer?

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