Achilles Verse
erzählen. Heute leider auch. »Sag mal Achim«, fragte sie mit ihrer Megafon-Stimme, »was machst du eigentlich gegen deinen Fußpilz? Alle Läufer haben ja Fußpilz.« Traudl ist eine Meisterin des Selbstmarketings. Sie weiß, wie eine Frau sich rundum begehrenswert macht.
Die bezaubernden Laufkollegen grienten und stellten ihre Ohren auf. Was soll man antworten? Nein? Glaubt eh keiner. Keine
Ahnung? Auch nicht besser. Würde auf ein gespanntes Verhältnis zu meinen treuesten Laufwerkzeugen schließen lassen. Ja? Völlig ausgeschlossen. Mögen auch 98 von 100 deutschen Läuferfüßen rundum verpilzt sein – meine nicht. Sagen 100 von 100 Läufern. Über bestimmte Leiden spricht man einfach nicht.
Dass praktisch alle darunter leiden, sieht man ja schon an der Werbung. Warum hängt denn in jedem ICE die Reklame von »Prostagutt«? Warum wirbt »Granufink« im ZDF? Und warum türmen sich in jedem Apothekenschaufenster die Canesten-Packungen? Natürlich, damit man darauf zeigen kann, ohne viel erklären zu müssen. Der angeekelte Blick des Weißkittels reicht völlig.
Ich verwendete die Mona-Technik und konterte mit einer Gegenfrage: »Was tust du denn dagegen?« Traudl seufzte: »Ich hab’s aufgegeben.« Ich starrte auf ihre Laufschuhe mit den zartpinken Applikationen. Hoffentlich würde ich nie die Gelegenheit bekommen zu sehen, was sich darin verbirgt. »Hab’ ja alles versucht«, klagte Traudl, »Salbe, Spray, Pillen. Und nun sitzt er auch noch unterm Nagel, an drei Zehen.« Der Feind in Traudls Nagelbett – too much information.
»Und?«, fragte ich und kämpfte mit aufsteigendem Völlegefühl. »Chemie hilft nur dem Apotheker. Ich setze auf die Selbstheilungskräfte des Körpers.« Viel Spaß. Ich warte seit Jahren auf die Selbstbeschleunigungs-, Selbstverschlankungs- und Selbstmotivationskräfte meines Körpers. Vergeblich. Vorbildlich funktionieren nur die Selbstermüdungskräfte.
Ich beschloss dennoch, meinen Zehen umgehend mehr Zeit und Liebe zu schenken. Man vergisst seine Füße ja leicht. Sie haben halt das Pech, am denkbar entferntesten Ort des Körpers angebracht zu sein. Die Zehen sind ein physisches Sylt, eine Gegend am äußersten Ende, wo sich merkwürdige, bisweilen lästige Lebewesen ballen, die spontanen Juckreiz auslösen.
Als ich neulich mit meiner neu gewonnenen Hingabe die Zehenzwischenräume föhnte, kam Mona ins Bad. Man kann meiner
Gattin viel vorwerfen, aber ihre Füße sind gut in Schuss. Auf unserem Sofa ist die Infektionsgefahr für Tinea Pedis eben gering. In der Dusche vom Mommsenstadion dagegen lauert der Pilz in jeder Fuge, wahrscheinlich lässt er sich inzwischen sogar von der Decke fallen wie eine Zecke.
»Was machst du da?«, fragte Mona skeptisch. »Fußpflege«, antwortete ich, ausnahmsweise wahrheitsgemäß. »Hast du dir etwa was eingefangen? Was ist denn das für ein Fleck auf deinem Zehennagel?« Ich hasse Behauptungen, die als Fragen getarnt sind. »Eine Druckstelle vom Schuh«, erklärte ich. »Sieht aus wie Nagelpilz«, diagnostizierte meine streitlustige Frau, »schlepp uns bloß keinen Pilz in die Familie! Ich mach dir einen Termin beim Arzt.«
Ich Trottel drückte auch noch auf dem leichten Schatten herum, den Mona »Fleck« nannte. Er wurde dunkler. »Siehste«, sagte sie. »Leichter Bluterguss«, konterte ich, »ist morgen weg.« Mona kramte im Medizinschrank nach Spray. Jedes Mal, wenn ich den Schatten ansah, wurde er größer. Ich drückte den Zeh kräftig auf den Boden. Die Fleckfläche verdoppelte sich. Mir schwante ein Leben unter Pilzverdacht. Ich verspürte spontane gesellschaftliche Ausgrenzung.
Hornhautschwielen und ungekürzte Nägel
Keine anderen Körperteile bereiten Läufern so viele Probleme wie die Füße. Mit vernünftigem Schuhwerk, teuren Produkten und professioneller Pflege kommt man gegen Fußpilz und Blasenbildung aber durchaus an.
Lieber Achim,
ich laufe seit einigen Jahren begeistert Marathon. Mir fällt allerdings immer wieder beim gemeinsamen Duschen nach dem Wettkampf auf, dass Läufer überwiegend sehr hässliche Füße haben. Da finden sich Hornhautschwielen an allen Ecken, Blasen teilweise blutgefüllt, verlorene Fußnägel, Fußpilz usw. Wie pflegt man seine Füße vernünftig und kann man die enorme Hornhautbildung überhaupt vermeiden?
Mit juckendem Gruß, Kai aus Bremen
Hallo Kai,
öffentliches Duschen nur mit Badelatschen, es sei denn, Du willst Deinen eigenen Pilzstamm ringsum in allen Arenen dieses Landes
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