Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2
endlich was!« Das war wieder Mary, und diesmal klang sie nicht nur besorgt, sondern irgendwie auch ärgerlich.
»Mir ist schlecht«, stieß ich hervor. Da legte Mary mir die Arme um die Schultern und führte mich aus der Aula.
Hinter mir hörte ich, wie Nelly und Finn miteinander sprachen. Ich wollte verstehen, was sie sagten, doch Mary zog mich unerbittlich mit sich. Ihre Arme waren Schraubstöcke, die sich fest um mich gelegt hatten und keinen Widerstand duldeten.
Vielleicht war das auch ganz gut so, denn ich war sowieso völlig plemplem – und hatte noch immer null Plan, warum eigentlich.
Ähm … aber
ihr
habt noch Plan, oder? Ihr wisst noch, wer ich bin, nicht wahr?
Rick Michalski, der unerschrockene Eishockeystürmer der Hannover Young Indians. Der Blutsbruder von Chrissy, der jetzt leider in Stuttgart wohnt. Der Enkel von Mary, der verrücktesten Oma der Welt. Der Ziehsohn von Wutz, dem lässigsten Geheimagenten der ganzen Polizei und Herrchen des verfressensten Katers aller Zeiten. Der Sohn von Pa, der eigentlich voll okay ist, aber im Moment leider nicht zurechnungsfähig, weil er sich im totalen Liebesrausch befindet. Und das, weil er sich ausgerechnet in meine Kunstlehrerin Linda verknallen musste. Und ehrlich, Leute, ich weiß noch immer nicht, ob ihr Sohn Finn nun okay ist oder ein blassbackiger Vollpfosten.
Doch das ist eine ganz andere Sache. Außerdem habe ich jetzt genug von früher erzählt. Mary sagt auch immer, man soll der Vergangenheit nicht hinterhertrauern, auch wenn sie noch so schön war.
Ich muss der Tatsache leider ins Auge blicken: Die coolen Männer-WG-Zeiten sind endgültig vorbei!
Und noch etwas ist anders: Nach den Sommerferien bin ich endlich die fiese Püttelmeyer los. Und das ist so ziemlich das Beste, was mir passieren kann.
So, nun solltet ihr wirklich wieder voll den Durchblick haben und die Geschichte kann endlich weitergehen – und zwar ganz genau hier!
Pa, Linda und Wutz warteten auf dem Schulhof bereits ungeduldig auf uns. Wutz starrte auf seine Uhr, als ob er sie hypnotisieren wollte, während Pa von einem Fuß auf den anderen trat.
Linda kam sofort auf uns zugestürmt.
»Oh Gott, Rick, was ist denn passiert?«
Oh Gott, Linda, keine Ahnung!, wollte ich am liebsten schreien und sie wegschubsen. Aber: Stimme weg und Arme im Schraubstockgriff.
»Hast du dich geprügelt?«, fragte Pa misstrauisch.
Ich schüttelte den Kopf.
Na immerhin, das klappt noch, dachte ich ein klein bisschen erleichtert.
»Rick ist gestolpert und gegen die Glastür gefallen!«, rief Finn hinter mir. »Es ist aber nichts Schlimmes passiert. Das Sicherheitsglas der Tür hat gehalten.«
Linda tupfte mir mit einem weißen Tuch, das sie aus ihrer Handtasche hervorgezaubert hatte, das Blut ab.
»Es ist nur ein kleiner Kratzer. Vielleicht bekommst du eine Beule.«
Wieder kramte sie in ihrer Handtasche herum. »Hier, halt dir das eine Weile dagegen«, sagte sie und reichte mir ein blaues Kühlpad.
»Du hast ein Kühlpad in deiner Handtasche, Schatzi? An was du alles denkst. Du bist einfach unglaublich«, himmelte mein Vater sie an, anstatt sich endlich mal Sorgen um seinen Sohn zu machen.
Linda winkte bescheiden ab. »Na ja, wer Kinder hat, der muss immer auf alles vorbereitet sein. Ich ärgere mich nur, dass ich meine homöopathischen Notfalltropfen nicht dabeihabe.«
Hatte ich das gerade richtig verstanden? Homöopathische Notfalltropfen? Lächerlich! Bisher hatte ich noch jede Verletzung überlebt.
Doch als ich im nächsten Moment Nelly auf mich zukommen sah, war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich das alles so locker wegstecken würde.
Wie sollte ich jemals wieder in der Lage sein, ihr gegenüberzutreten, ohne auf der Stelle vor Scham zu verbrennen? Und warum benahm ich mich so selten dämlich, so oberaffenpeinlich, so blöd und bekloppt? Warum starrte mich Finn so komisch von der Seite an? Warum wollte ich am liebsten schon wieder wegrennen? Und warum kribbelte es überall?
»Können wir jetzt endlich los? Mein Magen hängt schon auf Halbmast«, holte mich Wutz’ Stimme mitten aus dem wildesten Warum-Chaos.
»Gute Idee«, stimmte Mary zu und entließ mich aus ihrer Schraubstockumklammerung.
»Ach, da kommt ja Nelly«, stellte mein Vater überflüssigerweise fest. »Möchtest du dich noch von ihr verabschieden, Rick?«
Innerlich schrie ich: Bist du bescheuert? Natürlich nicht!
Aber äußerlich schüttelte ich nur den Kopf und schwankte in Richtung Parkplatz.
Im Auto
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