Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Acht Tage im August

Acht Tage im August

Titel: Acht Tage im August Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winter
Vom Netzwerk:
umgebracht hat. Und da meines Wissens derzeit sonst keine dubiosen Todesfälle aus Passauer Plebs und Prominenz oder Metzeleien unter Eingeborenen aus dem niederbayerischen Outback aufzuklären sind …« Er sah Hammer und Assauer auffordernd an.
    »Gut, von mir aus«, meinte Assauer schulterzuckend und mit einem fragenden Blick zu Hammer.
    Der nickte bloß.
    »Na schön«, sagte Assauer. »Und damit ihr zwei auch was davon habt«, wandte er sich an Ernie und Bert, »analysiert ihr mir dieses schwarze Zeug an den Knöpfen und am BH, ich will wissen, was das ist und wie’s da hingekommen ist.«
    Bert versetzte Ernie einen Rippenstoß. »Das haben wir jetzt davon!«
    Assauer winkte Hammer aufzustehen. »Und wir fahren nach Rasting zu den Eltern. Komm, der Tag ist noch lang.«
    »Der Sonntag«, protestierte Hammer.
    »Wenn’s der Anlass gebietet«, zitierte Assauer seinen Kollegen, »müssen private Interessen eben zurückstehen, selbst am Sonntag. Kommt dir das bekannt vor?«

    ***

    Atlas’ Hufe trommelten dumpf auf dem weichen Gras, als er den sanften Hügel hinter dem Hof der Frieses hinaufstürmte. Claudia konnte spüren, wie froh ihr Hengst war, nach Tagen in Stall und Koppel während ihrer Abwesenheit wieder durchs freie Gelände zu laufen. Sie ließ die Zügel locker und ihn sein eigenes Tempo finden. Die frische Luft, die Regentropfen auf ihrem Gesicht, die Bewegung des Pferdes unter ihr brachten wieder so etwas wie Leben in sie. Erst frühmorgens hatte sie nach unruhigen Stunden Schlaf gefunden und war dann wie ein Stein bis weit nach Mittag im Bett gelegen. Als sie endlich aufgewacht war, ging sie ins Bad, duschte ausgiebig, schminkte sich mit Sorgfalt, suchte ein legeres, aber schickes Outfit zusammen, zog sich an und kramte den passenden Schmuck aus ihrem Kästchen. Ein Set aus Ring, Halskette und Ohrringen aus Weißgold und Aquamarinen. Als sie vor dem Spiegel ihre Ohrringe hineinfummelte, wurde ihr bewusst, dass sie sich automatisch diesem gewohnten Ablauf überlassen hatte, einfach nur, um irgendwas zu tun. Die Kirchturmuhr schlug zwei. Jeder Schlag ein Stich!
    »Da drüben, wo die Glocken hängen, ist mein Kind gestorben«, überkam es sie.
    In der Küche braute sie sich einen Espresso, der einem Elefanten Herzrasen verursacht hätte, und trug die Tasse ins Wohnzimmer. Durch das Fenster sah sie Walter im Hof werkeln. Es wollte ihr nicht in den Sinn: wie konnte Anna sich umbringen? Hätte sie, ihre Mutter, nicht irgendwelche Anzeichen an ihr bemerken müssen? Zugegeben, ihr Verhältnis war in den letzten Jahren abgekühlt. Sie hatten sich nicht mehr verstanden wie einst, als Anna noch ein Kind war. Ihre Tochter hatte sich immer enger dem Vater angeschlossen. So weit, dass in Claudia Eifersucht aufkam. Oft hatte es handfesten Streit gegeben. Anna hatte sich ihr mehr und mehr entzogen. Aber Anna war doch keine Fremde, der sie nicht angemerkt hätte, wenn sie so bedrückt war, dass sie sterben wollte. Hätte sie mehr tun müssen, um wieder Zugang zu ihrer Tochter zu finden, bevor es zu spät war? Dieselben Fragen, die sie schon mit Walter wieder und wieder gewälzt hatte. Dieselbe Antwort: keine! Sie musste raus! Rasch warf sie sich in den Reitdress.
    Jetzt saß sie auf Atlas, der ihre Unruhe gleich erspürt hatte, als sie in den Stall kam, überließ ihn seinem Temperament und ließ ihn seinen eigenen Weg finden. Nach und nach kehrte ihre Energie wieder zurück. Ihre Gedanken kreisten nur noch um eins: Wenn es einen Schuldigen für Annas Tod gab, sie würde ihm die Eingeweide herausreißen!
    Als sie nach einer guten Stunde zurück in den Hof trabte, stand Walter mit den beiden Polizisten vor dem Haus. Claudia lenkte ihren Hengst zum Stall, stieg ab, band das Pferd dort unterm Vordach an und ging zu den Männern.
    »Gehen wir rein«, sagte sie, »es fängt gleich wieder an zu regnen.«
    In der Tat fielen die ersten schweren Tropfen schon, noch bevor sie die Tür erreichten. Sie gingen durch die Halle ins Wohnzimmer, wo ihnen Claudia Friese Platz anbot.
    »Ich brauch was zu trinken nach dem Ausritt. Möchten Sie auch Tee?«, fragte sie.
    »Gern«, antwortete Assauer.
    Während Claudia Friese sich in der Küche zu schaffen machte und ihr Mann nach oben ging, um ein paar Fenster zu schließen, sah sich Assauer in dem Wohnzimmer um, das einen beträchtlichen Teil des Erdgeschosses einnahm. Hier war behutsam renoviert worden. Die Einrichtung war modern und stilvoll, zwei große, abstrakte Gemälde

Weitere Kostenlose Bücher