Achtung BABY!
»Hoppla, ich bin jetzt da und habe ein paar neue Vorschläge. Ihr zieht da besser mal mit. Meine Feinde sind auch eure Feinde.«
Und wir Eltern marschieren als Koalition der Willigen ein ins Babyland. Eigentlich muss man den Kleinen früh klarmachen,dass wir Eltern der Chef im Ring sind. Wir bestimmen, und wir setzen die Grenzen. Anfangs kann man das nur ausstrahlen. Und man hofft, dass das eigene Kind nicht doch noch zum Tyrannen mutiert. Es soll ja auch Quereinsteiger ins Arschlochkind-Business geben. Und so sangen wir voller Hoffnung weiter den Baby-Blues:
»Da da da dam, wir sind die Eltern hier
da da da dam, auch jetzt nachts um vier
da da da dam, bitte tu uns nicht mehr wecken
da da da dam, sonst gibt’s statt Mutterbrust nur noch
Schnecken.«
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Kleine Stinker, große Stinker
Der vierte Tag ging ganz entspannt für mich los. Ich sollte in einem Babyladen eine Badewanne für die Kleine kaufen. Ich weiß noch, wie ich früher immer gesagt habe, dass ich dieses rosa Ecstasy, was Mädelbabys umgibt, übertrieben finde. Das war davor. Seit der Geburt war ich auf dem Rosatrip. Kein Pink war zu pink, kein Rosa zu tuffig. Und das verband sich wunderbar mit meinem Carrera-Herz. Natürlich wollte ich nicht bloß eine profane Wanne, in die man einfach Wasser reinlaufen lässt. Ich stand im Babygeschäft vor einer rosa Schnörkelwanne mit eigenem Gestell und integrierten Lotion- und Badegel-Spendern und Thermometer. Pink, wie Gott es schuf. Ich rief noch Gudrun an, ob ich diesen König-Ludwig-Traum einer Babywanne kaufen sollte. Aber sie meinte: »Wir wollen die Kleine nur darin baden und uns nicht für ein Badezimmer auf Neuschwanstein bewerben.«
Ich habe dann auf dem Rückweg im Großmarkt eine Wäschewanne gekauft, für zehn Euro. In Blau, die gab es leider nicht anders. Und Blau passt zu gar nichts. Dann haben wir die Kleine das erste Mal in der Wanne gebadet. Ganz vorsichtig, man hat ja immer das Gefühl, dass man da sofort was ausreißen oder eindrücken könnte. Beim Kopfwaschen spürten wir dann auf der Schädeldecke komische Unebenheiten. Wie wir von Annette erfuhren, handelte es sich dabei um die große Fontanelle und die kleine Fontanelle. Das sind Stellen, wo die Schädeldecken noch nicht ganz zusammengewachsen sind. Fontanelle, hört sich an wie so eine Süßigkeiten-Spezialität: Die Linzer Fontanelle mitSchädelsahne. Es ist ein bisschen gruselig, aber bei Babys kann man so die Schädeldeckennähte spüren. Man kann das manchmal auch noch bei erwachsenen Männern beobachten, die eine Glatze haben oder sich den Kopf kahl rasieren. Hebammen schauen da oft so hin und kommentieren: »Oh, interessant, das war eine Beckenendlage.«
Also, glatzköpfige Männer, wenn euch mal eine Frau in einer Bar anstarrt, ist sie entweder geil oder Hebamme.
Am selben Tag kam auch der erste Kacka. Das ist jetzt vielleicht kein appetitliches Thema, aber wenn es um Babys geht, kommt man um Kack- und Pupsthemen nicht herum. Man kommt sich manchmal vor wie nach einer Umschulung zum Kanalisationsarbeiter. Ich würde es zarten Gemütern gerne ersparen, aber die ganze Wahrheit muss auf den Tisch. Wir haben den Kacka in Stinker umbenannt, wie die vielen anderen Millionen Eltern vor uns (auf Platz zwei der euphemistischen Bezeichnungshitparade lag »Tote Schnecke«). Das wird später wichtig, wenn die Kleinen Ansprache verstehen und selbst reagieren können. Die meistgestellte Frage an Kleinkinder ab anderthalb Jahren ist: »Hast du Stinker macht?«
Man beachte die degenerative Sprachauswahl, die sich Eltern im Kommunikationsverhalten mit ihren Kindern angewöhnen. Man sagt sich vorher, nein, so werde ich nicht enden. Ich werde keine dämliche Kindersprache über meine Lippen kommen lassen, und dann erwischt man sich mit so Sätzen wie: »Hattu den Wauwau guckilucki gemacht?«
Zurück zum Stinker. In den ersten Tagen kommt da zuerst nur so eine schwarze, zähe Nichtflüssigkeit raus. Es hatte was von heißem Teer. Unnötig zu erwähnen, dass Gudrun und ich natürlich sofort dachten, das sind die Reste einer dunklen außerirdischen Lebensform, die in unsere Tochter eingedrungen war. Nein, es ist Kacka, der aber doch keiner ist. Die Profis und Nachsorgehebammen nennen das »Kindspech«. Da kommt in den ersten Tagen noch raus, was vorher vom Fötus durch Trinken vonFruchtwasser und Darmschleim (lecker) im Mutterbauch aufgenommen wurde. Ich sehe mittlerweile Filmtitel wie »Zwei wie Pech und Schwefel« etwas kritischer.
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