Achtung BABY!
Richtig kacken tun die Babys am Anfang eh nicht. Das ist Stillstuhl. Auch hier gibt es wieder so eine Bauernhebammenregel: »Gesunder Stuhl – gesundes Kind«. Ja, zu gewissen Zeiten war die Welt noch in Ordnung. Der Stillstuhl stinkt auch nicht wirklich, das riecht mehr nach altem Joghurt. Ich würde mir das jetzt nicht direkt aufs Nachtkästchen stellen als Duftkerzenersatz, aber es riecht ganz human. Das hat Gott ganz gut eingerichtet. Stellt euch mal vor, die Babys würden ab dem ersten Tag wie im Kuhstall stinken, würde man doch gleich eher eine kleine geschmackliche Antipathie gegen das Wickeln entwickeln. So ist das Ganze in den ersten Monaten geruchsmäßig entspannt. Als Eltern findet man das auch am Anfang total süß, wenn die Babys kackern (ja, so nannten wir das). Beide standen wir oft da und guckten zu, wenn sie auf der Wickelkommode offenen Vollzug meldete: »Das ist so putzig, wie sie Pu macht.«
Auch ein Satz, auf den ich nicht wirklich stolz bin. Und Pu traf oft auch nicht den Punkt. Unsere Tochter konnte Pupupu machen, Mörder-Pu, Joghurtlawinen. Ich dachte manchmal an den alten James-Brown-Song: »My daughter is a shitmachine.«
Da hörte man schon mal den Verzweiflungsruf der wickelnden Person: »Hilf mir mal beim Wickeln!«
»Soll ich eine Schüssel mit Wasser bringen?«
»Bring lieber einen Eimer und schließ den Kärcher an!«
Das sind Dialoge in einer Beziehung, auf die einen niemand vorbereitet hat. Ohne Humor übersteht man das Ganze nicht. Wenn man zum Beispiel gerade wickelt, und die Kleine niest, und durch das plötzliche Zusammenziehen ihres Körpers wird ein Überdruck unten an der Auslaufstelle ausgelöst: »Splatsch!«
Und selbst in so einem Moment liebt man sein Kind: »Schaut mal alle her, was meine Tochter kann: weitkacken!«
Wenn es mal bei Olympia die Disziplin Stinkerstoßen gibt, weiß ich, wen ich da anmelden werde … Das Problem war, man wusste nie genau, wann Lilly zum Stinkerweitwurf antrat. Es gabkeine festen Zeiten, ohne das hier näher erörtern zu wollen. Einmal an einem Sonntagvormittag saß ich neben Lilly, die gerade in der Babywippe lag und so vor sich hin wippte, da fing ich an, im Wipptakt Beatles-Lieder zu singen. Eigentlich nur eines: »We all live in a yellow submarine …«
Der Text beschreibt eigentlich ganz gut die Situation neuer Eltern. Ein bunter Drogen-Wahnsinn um einen herum, der aber doch irgendwie Sinn ergibt: »We all live in a yellow submarine …«
Ich blickte Lilly an, und plötzlich erschien in ihrem Gesicht ein kleines verspanntes Pressen – und dann hörte ich einen Ton, als ob ein Klempner ein uraltes Rohr durchpustet, das vorher seit Jahren völlig verstopft war: »Wosch!«
»We all live in a yellow submarine …«
»Wosch!«
»Yellow submarine.«
»Wosch!«
Es roch nach einer ganzen Joghurtfabrik im Sommer, bei der die Klimaanlage ausgefallen ist. Das war auch so ein Punkt: Ich stellte mir sehr schnell die Frage: Kann ich je wieder unschuldig Joghurt essen? Ohne dabei an ein kackendes Kind zu denken? Schlimmer fand ich noch, dass ich gewisse Beatles-Songs nicht mehr zur Entspannung anhören konnte.
In der dritten Woche hörte Lilly plötzlich auf zu kacken. Das sagt jetzt den Kinderlosen nicht viel. Die werden sich denken, mei, dann kackt sie halt mal nicht mehr. Am ersten Tag ist man auch als Eltern noch relativ entspannt. Erst gab Beatle-Mike spontan ein Live Konzert: »We all live …«
Aber kein U-Boot der Welt konnte meine Tochter erweichen. Es kam nichts mehr. Beim Wickeln war nichts mehr drin – am zweiten Tag kommt es einem schon komisch vor. Es war Samstag. Unsere Nachsorgehebamme hatte am Wochenende frei, und ich wollte nicht mit so was Banalem anrufen wie: »Lilly is out of stinker.«
Gudrun vermutete, das sei ja vielleicht nicht unnormal, wenn sich der Stuhlgang bei der Kleinen etwas umstellt. In der Nachtvon Sonntag auf Montag bekam ich ein bisschen Panik: »Ach du Scheiße, vier Tage ohne.«
Ich habe sie nachts dreimal gewickelt, nichts war drin. Ich lag dann im Bett und bekam Angst. Da kam nichts mehr raus, das hieß aber, es blieb irgendwo da drin. Aber ich wusste ja, was sie sonst in ein paar Tagen so herausließ. Wenn man das zusammenzählen würde, musste das effektiv ein Riesenhaufen Stinker sein, der da noch drin war. Aber wo? Ich habe vorsichtig den Bauch abgetastet. Der sah ein bisschen aus wie ein aufgeblasener Froschbauch. Nachts träumte ich diese Szene aus dem Monty-Python-Film »Der Sinn
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