Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
Kätzchen, das einen Singvogel vom Baum holt, ist schon ein kniffliger Fall.
Ein kleiner Bär ist nett. Ein ausgewachsener Bär, der einem Naturschützer den Kopf abbeißt, ist nicht ganz so nett. Berühmt geworden ist der Fall des Bärenflüsterers Timothy Treadwell, der unerschütterlich an das Gute im Bären glaubte. Sein Lieblingsbär glaubte ebenso fest an das Gute in Timothy Treadwell, allerdings an das Gute in Form leckerer Eingeweide. Danke, Bärenversteher, und mögen deine Knochen noch den kleinen Bären zum Spielen und Lernen dienen.
Ein Bär, der kleine Lämmer mit ein paar Prankenhieben zerfetzt, gewinnt nicht auf Anhieb Sympathien. Aber wenn er schon ein bisschen länger unterwegs ist und wenn einer ihn Bruno getauft hat, und wenn dann noch Jäger hinter ihm her sind, dann wird er dermaßen knutschelieb und schützenswert, dass Gutmenschen jede Menge Verständnis und Spendengelder aufbringen. Wir erinnern uns dankbar: Gute Menschen stellten Strafanzeigen gegen Brunos Jäger und gegen den diensthabenden Minister, sie kauften Solidaritäts-T-Shirts und trugen sich am Ende auf einer Kondolenz-Website ein. Die Firma Steiff lieferte dazu eine Sonderedition «Bruno – ein Denkmal in Plüsch», einen Braunbären mit Trauerflor.
Robben sind selbst einem Gutmenschen gewöhnlich gleichgültig. Wenn ein Eisbär sie jagt und dann bei lebendigem Leibe häutet, dann möchte ein Gutmensch einfach nicht dabei sein. Hoffentlich war es nicht Knut, der kleine Eisbär aus dem Berliner Zoo, oder Lars aus dem Bilderbuch. Aber der wird ja hoffentlich Vegetarier sein. Weiter. Wenn ein Eskimo oder sonst ein Indianer Robben jagt und ihnen mit einem Knüppel den Schädel einschlägt, weil er ihnen das Fell abziehen möchte, dann ist das bedauerlich, aber ein Gutmensch will möglichst wenig davon wissen.
Schade, dass Indianer so etwas tun, besonders die kanadischen, aber okay, man soll sie ja in ihrer Ursprünglichkeit nicht stören. Aber wenn nun ein Nichtindianer Robben jagt, ein Weißer womöglich, und ihnen auf den Schädel haut, um das Fell abzuziehen? Dann handelt es sich, genehmigte Fangquoten hin oder her, um «Massenmord» und um «rücksichtsloses Schlachten». Dann basteln die Zeitungen Tränen-Überschriften und bringen Fotos von großäugigen Robbenbabys. Dann orten sie den «Holocaust im Eismeer».
Und natürlich gibt es Tiere im KZ. Uneingeweihte Leute nennen das «Zirkus». Dieses Feld haben gute Menschen erst in den letzten Jahren dankbar als Skandal entdeckt. Als Kinder sind sie arglos in den Zirkus gegangen und haben Seehunde und Löwen gesehen und eine Ponydressur. Vielleicht wurde sogar ein Elefant im Kreis herumgeführt. Damals fanden sie das herrlich. Jetzt, als gute Erwachsene, finden sie das ganz schlimm: dass Tiere überhaupt auftreten. Die Auftritte in der Manege seien gar nicht freiwillig, die seien erzwungen, haben die Gutmenschen entdeckt. Und sie rufen dazu auf, solche Auftritte nicht auch noch mit Beifall zu unterstützen. Arme Tiere: «Der Applaus ist der bittere Tod all ihrer Hoffnungen.» So etwas weiß das Manifest der Tierrechtler.
Als jüngst ein Zirkuselefant Arthrose bekam, erkoren ihn Boulevardblätter zum bedrohten Lieblingsgeschöpf. Seine Knieschmerzen wurden Thema von Fernsehdiskussionen. Zur selben Zeit, als das Bundesverwaltungsgericht das Schächten von Tieren zuließ – also die Tötung mit dem Messer ohne Betäubung, konzentrierte sich die Debatte auf die unzumutbaren Zirkuskunststücke von Elefanten, Affen und Leoparden.
Ach, übrigens: In den Zoo gehen gute Menschen schon lange nur noch unter schweren seelischen Schmerzen. Denn dort blüht «die Tyrannei des Menschen über die anderen Tiere». Dort wird den Tieren «Leben, Liebe und Glück verwehrt». Freuen wir uns auf den Tag, an dem der Zoo endlich ohne Tiere auskommt, also wenn er nur noch ein botanischer Garten ist. Dann dürfen gute Menschen ihn wieder ohne Gewissensbisse betreten. Im Zirkus werden sie bis dahin höchstens eine Pudeldressur tolerieren. Eigentlich auch die nicht. Bleibt immer noch der Flohzirkus, den viele gute Menschen bereits bei sich zu Hause eingerichtet haben.
Bosheiten für Gutmenschen
Die Erben-Liste. Es gibt eine Forbes-Liste der reichsten Menschen. Und ebenso wird jährlich eine Liste der reichsten Tiere veröffentlicht. Darauf finden sich Schildkröten, Wellensittiche, Affen, Meerschweinchen und Kanarienvögel. Für viele gute Menschen ist das unschuldige Tier nicht nur der beste Freund,
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