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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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kannte sie bereits, denn sie war auch am Stammtisch breitgewalzt worden.
    Der Chef war mit seinem Wagen bereits nach Windsberg unterwegs. Diese Abschlußfeiern auf dem Lande ließ er sich selten entgehen. Wenn er heimkam, ähnelte er einer Anakonda, die ein Wasserschwein verschlungen hatte. Er begnügte sich mit einem Spanferkel. Frau Bauersfeld war an solchen Tagen immer besonders schlecht gelaunt. Der Chef hatte es seit einiger Zeit mit dem Herzen, und sie wußte, was ihr nach diesen Freßorgien in der Nacht bevorstand. Sie saß hinter dem Schreibtisch und hörte sich die Geschichte, die Heinz Herold ihr in Stichworten vortrug, gelangweilt an.
    »Na und?« fragte sie schließlich kühl.
    »Ich fürchte, daß Frau Zauner unter dieser Nervenbelastung am Freitag zum zweitenmal durchfallen wird.«
    »Dann soll sie eben noch ein paar Stunden dazunehmen. Wir schicken die Leute überhaupt viel zu früh in die Prüfung, und wenn sie dann nicht durchkommen, schadet das nur unserem Ruf.«
    Emil Rothe grinste diskret. Er hörte dieses Lied nicht zum erstenmal .
    »Frau Zauner hat über dreißig Fahrstunden hinter sich«, sagte Herold mit einiger Schärfe, »und sie fährt ausgezeichnet. Sie muß ihren Führerschein machen, denn auf die Dauer drückt die Firma ihres Mannes nicht beide Augen zu.«
    »Was wollen Sie nun eigentlich?« fragte sie kühl. »Wenn die Frau den Schein so dringend braucht, wie Sie sagen, dann muß sie eben die Prüfung riskieren.«
    »Ich habe mir überlegt, ob man dem Ingenieur nicht etwas von der Notlage der Zauners erzählen sollte...«
    »Wer soll ihm das erzählen? Etwa ich? Ich denke nicht daran!«
    »Ich habe die Absicht, selber zu ihm zu gehen«, sagte Herold, aber man merkte ihm an, daß ihm nicht ganz wohl zumute war.
    »Was sagen Sie dazu, Herr Rothe?« fragte die Chefin.
    »Ich möchte wetten, daß dieser ekelhafte Kerl unsern Freund Herold beim ersten Wort ‘rausschmeißt.«
    »Ich will es auf den Versuch ankommen lassen...«
    »Sprechen Sie lieber mit dem Chef darüber, bevor Sie etwas unternehmen«, sagte Frau Bauersfeld, »wir können es uns nicht leisten, Herr Schindler zu verärgern.« Sie erhob sich und nickte beiden Herren einen Abschiedsgruß zu. »Wir sehen uns ja noch, Herr Herold. Holen Sie sich den Schlüssel zum Unterrichtsraum bei mir kurz vor acht ab.«
    »Vielleicht lädt unsere Lollo Sie zu einem Schnaps ein«, sagte Rothe, als sie zum Abendessen in den »Roten Ochsen« gingen.
    »Der Schnaps wäre mir zu gefährlich...«
    »Ein bißchen Gefahr erhöht den Reiz des Genusses«, grinste Rothe. »Was machen Sie nach dem Unterricht? Kommen Sie noch einmal in die Kneipe?«
    »Nein, ich mache einen Stadtbummel, ich muß mir die Beine vertreten, das ewige Sitzen macht mich krank. Und später zische ich noch eins, aber gemütlich in meiner Bude.«
    »Sie sind ein Glückspilz, Herold...«
    Rothes Neid richtete sich auf den separaten Eingang, den Herolds Zimmer besaß. Herold fand es angenehm, daß das Haus in unmittelbarer Nachbarschaft der Fahrschule lag. Das Zimmer war gemütlich möbliert, es war ruhig, da das einzige Fenster auf den Hof hinausging, und es war spottbillig. Heinz Herold fühlte sich darin so wohl, daß er fast alle Abende daheim verbrachte, ohne Damen und zumeist auch ohne Musik, denn er war ein passionierter Leser.
    An diesem Abend kam er nach dem Unterricht kurz nach zehn Uhr heim. Er knipste die hübsche Tischlampe an, die ihm die Inhaberin eines Kunstgewerbeladens nach bestandener Fahrprüfung geschenkt hatte, lehnte Ruarks »Schwarze Haut«, einen dickleibigen Roman, der ihn nun schon die dritte Nacht in Atem hielt, gegen den schweren Bronzefuß und baute ein Stilleben aus vier Brötchen, Leberwurst, Emmentaler, Butter und zwei Flaschen Pils vor sich auf.
    Er war gerade dabei, die vierte Semmel zu teilen und die Begegnung von Peter McKenzie mit der grünäugigen, tizianroten Holly Keith auf dem Flughafen von Nairobi zu erleben, als jemand an seine Tür trommelte und seinen Namen rief. Die Stimme gehörte unverkennbar Frau Bauersfeld.
    Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, daß es kurz vor halb zwölf war. Was konnte die Chefin nur um diese nachtschlafende Zeit von ihm wollen? Ob der Alte einen Schlaganfall erlitten hatte? Oder war er so vollgepumpt heimgekommen, daß sie einen kräftigen Helfer brauchte, um ihn ins Bett zu verfrachten? Beides lag durchaus im Bereich des Möglichen.
    Als er ihr die Tür öffnete, bemerkte er sofort, daß etwas

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