Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)
sollte.
„Du weißt, was die Psi-Force macht, oder?“
Matt brauchte einen Moment. „Psychologische Kriegsführung, oder? Den Feind verwirren, ihn in Situationen bringen, die uns einen Vorteil verschaffen, seine Gefühle und Gedanken beeinflussen, so was eben.“
„Ja, so was auch. Aber ich bin dafür zuständig, das Verhalten des Feindes vorauszusagen. Das Verhalten Einzelner, aber auch das Verhalten von Gruppen.“
Er schien auf eine Reaktion zu warten, deshalb nickte Matt. „Aha.“
„Wenn wir angefordert werden, integrieren wir uns meistens in andere Spezialeinheiten, ungefähr drei von uns pro Bataillon. Wir versuchen vorherzusagen wie das Gefecht verlaufen wird und wie man es am schnellsten beenden kann. Und meistens kämpfen wir währenddessen gemeinsam mit allen anderen. Aber irgendein verdammter Militärforscher ist auf etwas gestoßen, das ihn auf die Idee gebracht hat, Soldaten in eine Art Waffe zu verwandeln. Was ganz Neues, nicht wahr?“ James verdrehte die Augen und schnaubte angewidert – und irgendwie unglücklich. „Also haben sie an ein paar Psi-Force Soldaten herumexperimentiert. Ich weiß nicht, an wie vielen. Aber natürlich haben sie denjenigen keine Wahl gelassen. Einfach etwas in ihre Köpfe implantiert. Dann haben sie die veränderten Soldaten mit Biorhythmus-Überwachung und implantierten Uplinks, die ständig Informationen an sie zurücksenden, rausgeschickt und ihre Experimente in realer Umgebung fortgeführt.“
Matt stöhnte. „Willst du damit etwa sagen ...“ Er forderte James mit einer Handbewegung auf, weiter zu sprechen.
„Ich will damit sagen, dass ich eine der blauen Laborratten bin. Und die Roten sind ganz sicher über die zusätzlichen Informationen gestolpert, als sie meinen Chip deaktiviert haben. Sie wissen, dass an mir etwas anders ist.“
„Wie viel wissen sie?“ Und was gab es überhaupt zu wissen?
„Die RIA weiß, dass ich Implantate habe, die sie sehr gerne in die Finger kriegen würden. Ich weiß nicht, ob sie das für sich behalten wollen, oder ob sie die anderen Staaten der Roten Konföderation eingeweiht haben.“
„Gottverdammt“, stöhnte Matt in Richtung Decke. „Ich hatte gedacht, dass es etwas leichter werden würde als sonst, weil du zur SOUF gehörst. Mist. Da würde ich ja lieber noch mal ein lesbisches Pärchen mit zwei Kleinkindern aus Utah rausholen.“
„Geht mir auch so.“ James lächelte schief. Es sah irgendwie niedlich aus, wie er seinen Mund nur auf einer Seite ein wenig hob. Und die goldenen Bartstoppeln waren irgendwie sexy. Matt seufzte und schüttelte den Kopf.
„Sagst du mir, wofür dieses Implantat gut ist?“
„Ich schätze, es verleiht mir eine Art sechsten Sinn.“ James’ Stimme war ausdruckslos und sein Gesicht wie leergefegt. „Es fühlt sich an, als wäre da noch ein weiteres Sinnesorgan an mein Gehirn gekoppelt. Ich kann Gefühle und Absichten entschlüsseln. So wie jemand, der sich sehr gut in andere hineinversetzen kann, nur viel besser. Ich merke es, wenn jemand uns täuscht, um uns in einen Hinterhalt zu locken. Oder wenn jemand darüber nachdenkt, was für ein Arschloch ich in der Highschool war.“
„Aber das hab ich doch gar nicht“, sagte Matt lahm, nach einem Moment der Stille. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
„Aber ich.“ James räusperte sich. „Entschuldige“, fügte er schroff hinzu. „Ich hab mich wie ein Arsch verhalten, nachdem ich dich mit Steve erwischt hatte.“
Matt starrte ihn an. Es fiel ihm schon schwer zu verdauen, dass James angeblich eine Art eingebaute außersinnliche Wahrnehmung besaß und jetzt kam auch noch diese Entschuldigung dazu. Er beschloss, sich zuerst mit der einfacheren Sache zu befassen.
„Du kannst aber nicht richtig Gedanken lesen, oder? Zumindest hast du das nicht so ausgedrückt. Du kannst nur die Absicht verstehen?“ Natürlich war die Idee einer eingebauten, außersinnlichen Wahrnehmung nicht neu. Gramma Anais hatte immer wieder darüber geredet. Und immerhin war es inzwischen möglich, Kommunikationstechnik direkt in das Gehirn einzubauen.
„Genau. Aber wenn ich Absichten und Gefühle von Jemandem kenne, kann ich normalerweise ziemlich gut einschätzen, was derjenige denkt.“
„Du bist nach der Gehirnoperation einfach als Gedankenleser aufgewacht? Hat dich das nicht total durcheinandergebracht?“
Wieder ein angewidertes Schnauben. „Na klar. Am Anfang bin ich fast verrückt geworden. Ich habe Monate gebraucht, um mich daran zu
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