Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)

Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition)

Titel: Achtzehnprozentiges Grau: Die Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tenino
Vom Netzwerk:
selten eingesetzt wurde, aber natürlich war er froh darüber. Er hatte angenommen, dass die Roten Staaten ihre ethischen Kriminellen die Wiedergutmachung an der Gesellschaft durch harte Arbeit ableisten ließen. Aber offensichtlich nicht in seinem Fall. Steine zu klopfen schien nicht für ihn vorgesehen zu sein.
    Vielleicht wusste die RIA, dass er langsam wahnsinnig wurde.
    Oder vielleicht wollten sie ihn auch verhätscheln, um ihn auf die dunkle Seite zu ziehen. Das würde auch seine angenehmen Lebensumstände erklären. Niemand, der gerade erst aus der schwulen Umerziehung entlassen worden war, bekam einen Mitbewohner: Man konnte ihnen keinen gleichgeschlechtlichen Mitbewohner geben, für den Fall, dass sie rückfällig wurden; man konnte ihnen aber auch keinen andersgeschlechtlichen geben, für den Fall, dass die Umerziehung tatsächlich funktioniert hatte. Schließlich war außerehelicher Geschlechtsverkehr zwischen Heteros genauso illegal wie zwischen Homos.
    Aber sicher bekamen die anderen Entlassenen nicht auch alle Zwei-Zimmerwohnungen in einem relativ angenehmen Teil der Stadt. Die meisten Gebäude in der Umgebung stammten vom Anfang des Jahrtausends und waren nicht so runtergekommen, wie in den meisten anderen Mittelklassegegenden. Es gab sehr viele Ziegelbauten. Und immerhin kamen die reichen Frauen von den Hügeln über der Stadt, an den Wochenenden in ihren Sportwagen mit Wasserstoffantrieb hier herunter, um zu shoppen.
    Seine Wohnung war das Einzige, was er an dieser Hölle vermissen würde.
    Okay, es gab noch etwas anderes, was er vermissen würde. Er kam sowieso gerade an Bashas Restaurant vorbei, also hielt er an, um ein „Shawarma Hühnchen“ mitzunehmen. Er wollte sich das gute Zeug gönnen, solange er noch konnte.
    Almira, Bashas Enkelin, schwatzte ein wenig mit ihm, weil gerade keine anderen Gäste da waren. Abgesehen vom Essen mochte er Bashas Restaurant, weil die Familie sich nicht um das rosa Dreieck auf seiner Brust scherte. Die meisten Leute ignorierten ihn einfach, wenn er sie nicht zwang, ihn wahrzunehmen. Das machte seine Arbeit in der Menschenmenge gelegentlich ziemlich schwierig.
    Um 1725 erreichte er mit dem Essen in einer Tüte seine Haustür. Davor stand ein Pizza-Lieferservice-Motorrad und ein Typ wartete mit der üblichen flachen Schachtel auf dem Treppenabsatz auf ihn. Schon aus hundert Metern Entfernung erkannte er, dass der Typ ein RIA Agent war. Ein Nervöser noch dazu und mit stolzgeschwellter Brust.
    James hielt auf der Hälfte des Weges vom Bürgersteig zum Haus inne und hakte einen Daumen in seinen Hosenbund. „Ich habe wohl vergessen, dass ich Pizza bestellt habe.“ Der Typ sah ihn nur an. James seufzte, ging zur Tür und drückte seinen Daumen auf das Lesegerät, um aufzusperren. Er fragte sich, warum sie nie drinnen auf ihn warteten. Er wusste, dass sie auch ohne seinen Daumenabdruck hinein konnten. Während er die Tür auf Schloss, spürte er die Ungeduld des Agenten. Als ob dieser es für eine sinnlose Geste hielt.
    Er winkte den schweigsamen „Lieferanten“ hinein und folgte ihm dann. „Ist in der Schachtel überhaupt was drin?“
    „Nein“, antwortete der Typ. Er sah James an und wartete. James lächelte. Dieses Spiel beherrschte er besser, als dieser Wichtigtuer. Er starrte zurück, ohne zu blinzeln, bis der andere anfing sich unbehaglich zu winden.
    „Sie wissen doch sicher, dass Sie sich ab 1730 in ihrer Wohnung aufhalten müssen“, platzte er schließlich heraus.
    „Und jetzt ist es“, James schaute auf seinen Zeitmesser, „1727“
    „Ziemlich knapp, oder?“
    James starrte ihn weiter an. Der Typ zappelte ein wenig herum, aber schließlich stand er still, was ihn eine deutlich sichtbare Anstrengung kostete. Oder vielleicht war es auch geistige Anstrengung. Immer öfter konnte James nicht mehr unterscheiden, welcher seiner Sinne ihm gerade eine Information übermittelte. „Ich bin hier, um Sie zu überprüfen.“
    „Erster Tag im neuen Job?“ Ja . Er konnte es praktisch hören.
    Der Typ wurde rot. „Der Zweite“, gab er zu, weil ihm offensichtlich gerade aufgefallen war wie sinnlos Bluffen war. Sehr. „Ich werde für eine Weile Ihre offizielle Kontaktperson sein. Ihnen wurde eine neue Sachbearbeiterin zugeteilt. Sie haben sich morgen früh um 0845 in ihrem Büro einzufinden. Die Adresse finden Sie auf Ihrem HookUp unter ´Sachbearbeiter´.“
    James blinzelte. „Ist das normal?“
    „Es ist mir nicht erlaubt, Ihnen weitere Informationen zu

Weitere Kostenlose Bücher