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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders
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Mit einem Teich vielleicht, wo die Rentner sitzen und die Enten füttern konnten. So eine kleine Grüne Lunge mit Musikpavillon, bisschen altmodisch gemütlich.
    Beton und monumentale Steinklötze gab es doch gerade an dieser Ecke genug. Und das eingesparte Geld konnten die Städteplaner dann in die Sanierung vom unteren Stück der Kavarinerstraße stecken. Das war vielleicht ein Aushängeschild! Das Erste, was Besucher von außerhalb von der Stadt zu sehen bekamen: leer stehende Läden mit blinden Fenstern, bröckelnde Fassaden, eingedrückte Dächer, Sex-Shop – wirklich sehr malerisch.
    Er umrundete eine enorme Pfütze, die sich nach dem Dauerregen der letzten Wochen in einer Kuhle gebildet hatte. Mittendrin parkte ein orangefarbener Kleinlaster von der Stadt. Die Reifen standen bis zur Hälfte im Wasser. Im Auto machten zwei städtische Angestellte offensichtlich gerade Frühstückspause. Um neun Uhr!
    Van Appeldorn setzte zu einem Sprung an, um das letzte Stück Pfütze zu überwinden, aber der Boden auf der anderen Seite war aufgeweicht, er rutschte mit dem Absatz weg und landete hart auf Hüfte und Ellbogen. Aus dem Stadtauto erklang Applaus.
    So viel zum Thema gute Laune. Jetzt kam es auch nicht mehr darauf an. Er wischte sich den Morast von den Händen an der Hose ab und holte sein Funktelefon aus der Jackentasche. In dem Zustand würde er nicht die Stadt hochlaufen. Er machte sich doch nicht lächerlich! Ackermann sollte ihn gefälligst hier abholen und zum Umziehen nach Hause bringen.

    Sie verspäteten sich gründlich und das lag daran, dass Jupp Ackermann van Appeldorn einfach nicht gut genug kannte.
    Zunächst einmal hatte Ackermann beim Anblick des schlammbespritzten van Appeldorn laut gelacht. Die Folge war, dass van Appeldorn sich zu Hause erst einmal in aller Ruhe unter die Dusche gestellt hatte. Und dann war Ackermann der zweite Fehler passiert: Nachdem er zwanzig Minuten lang gewartet hatte, hatte er an die Badezimmertür geklopft und gerufen: »Et wird langsam Zeit, Norbert!«
    Van Appeldorn war eigentlich durchaus kein langsamer Mensch, man durfte ihn eben nur niemals zur Eile drängen, denn dann schaltete er umgehend auf Zeitlupe um und machte jeden wahnsinnig mit Bemerkungen wie: »Was regt ihr euch denn so auf? Uns läuft doch nichts weg.«
    Heute hatte er eine halbe Stunde gebraucht, um sein immer etwas zu langes, schwarzes Haar zu föhnen und in Form zu legen, und dann noch einmal genauso lange, um sich anzuziehen.
    Als sie endlich in der Liebfrauenschule ankamen, platzten sie mitten in Frau Rouenhoffs Matheunterricht. Die Kinder freuten sich zunächst über die Unterbrechung, aber als die beiden Polizisten sich auf das Pult setzten und anfingen, Fragen zu stellen, schlug die Stimmung merklich um. Hatte einer gesehen, wie Gregor verprügelt worden war? Kopfschütteln und Schweigen. Hatte jemand drei herumlungernde Jugendliche beobachtet? Nur noch Schweigen.
    »Also, so geht das nicht!« Van Appeldorn wurde zornig.
    Ein Rothaariger in der letzten Reihe muckte auf: »Aber wenn wir doch nichts wissen!«
    Ackermann hatte die ganze Zeit ein rundliches Mädchen im Blick, das ganz vorn saß. Als sie sich vorhin vorgestellt hatten, hatte sie heiße Wangen gekriegt und seitdem hielt sie den Kopf gesenkt und versteckte ihr Gesicht hinter den braunen Haarzotteln.
    Während van Appeldorn es weiter versuchte – »Mit wem von euch ist Gregor befreundet?« –, ging Ackermann zur Lehrerin hinüber, die am Kartenständer lehnte. Sie kam seiner Frage zuvor. »Das ist die Sabine und auf dem Korridor dürften Sie um diese Zeit ungestört sein.«
    Ackermann ging neben dem Mädchen in die Hocke. »Hallo Sabine.« Er sprach sehr leise. »Hast du ma’ ebkes Zeit? Ich würd’ gern in Ruhe mit dir reden. Auf’m Flur vielleicht ...«
    Sie stand sofort auf und ging schnell mit ihm hinaus, aber kaum hatte Ackermann die Klassentür geschlossen, da brach sie in Tränen aus.
    »Ach je, Kind, nu’ wein’ doch nich’. Du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben.« Am liebsten hätte Ackermann sie in die Arme genommen. »Guck mich doch ma’ an. Seh ich etwa gefährlich aus? Hör ma’, ich hab selbs’ drei Mädkes zu Hause, un’ die können mich gut leiden, die tanzen mir auf der Nase rum, ehrlich.«
    Sabine schniefte.
    »Et is’ doch bloß ... du scheins’ mir die Einzige in eurer Klasse zu sein, die den Durchblick hat. Du bist bestimmt Klassensprecherin, oder?«
    Sie nickte und wischte sich mit der Faust

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