Ackermann tanzt
geschnallt.«
»Ach, halt doch die Klappe, du Blödmann!« Zarah kicherte. »Hast du Zeitung gelesen?«
Woody beugte sich über die Rücklehne und grinste zu ihr hinunter. »Hammer, wa? Die beiden haben so viel Schiss gekriegt, dass die abgehauen sind. Vermisst! Die bauen keinen Scheiß mehr, da wette ich drauf.«
Auch Fanny nickte zufrieden.
»Mein kleiner Bruder ist auch ganz happy«, sagte Zarah. »Dieser gemeine Abzocker muckst sich nicht mehr, ist auf einmal ganz brav geworden.«
»Solche Typen verstehen nur eine Sprache«, meinte Woody. »Wenn der sich noch mal aufspielt, sag mir Bescheid. Ich bin sofort wieder dabei.«
»Kinder«, rief Killer von der anderen Seite des Ganges, »ich glaube, so langsam kriegen wir die Sache in den Griff.«
»Heb nicht ab, Alter«, stieß Bobo ihn an. »Die Russen haben wir noch lange nicht im Sack.«
»Aber wir arbeiten daran«, lachte Killer.
Sigi, der vorn neben dem Busfahrer saß, hatte das Mikrofon genommen und sich hingestellt. »So, Leute, wir sind gleich zu Hause. War ein total dufter Abend, den wir bestimmt bald wiederholen. Am Freitag sehen wir uns wie gewohnt beim Training, aber ich hätte da noch eine kleine Überraschung. Nächster Freizeittreff: Lagerfeuer mit Grillen kommenden Samstag am Moyländer Baggerloch. Essen und Getränke habe ich schon bestellt, meine Klampfe ist auch schon gestimmt. Wenn ich mich anstrenge, kriege ich bestimmt ein paar Songs von den Ärzten hin.«
Die Truppe johlte.
»Bringt eure Isomatten und Schlafsäcke mit. Manuela hat versprochen, uns ein Sonntagsfrühstück zu servieren.«
»Geil«, flüsterte Zarah. »Ich leg mich neben Tom.«
»Boah, Alte, du raffst das nie! Nur Decknamen!«, fuhr Fanny sie an. »Hast du vergessen, was Sigi uns immer wieder einbläut? Die echten Namen darfst du nicht einmal denken. Du reißt uns noch alle rein.«
Zarah biss sich auf die Lippen. »Ich kann sowieso nicht da übernachten. Was soll ich denn meinen Alten erzählen?«
»Wir machen eine Klassenfahrt draus.« Fanny sah das ganz locker. »So einen blöden Brief, wo die Eltern unterschreiben müssen, werden wir doch wohl noch hinkriegen. Und wenn ich dich zu Hause abhole ...«
»Ich möchte mich auch mal kurz zu Wort melden.« Der Busfahrer hatte das Mikrofon übernommen. »Ihr wart eine sehr nette Gruppe. Keine Randale im Bus, kein Alkohol, kein Dreck. Und das nach einem Rockkonzert! Ich muss sagen: Hut ab. Solltet ihr noch mal einen Bus brauchen, ich fahre euch jederzeit gern. So, und jetzt kommt mal einer von euch nach vorne und macht die Kühlbox auf. Ich gebe eine Runde Cola aus.«
Ackermann porkelte sich mit einer aufgebogenen Büroklammer zwischen den Zähnen herum. Van Appeldorn saß mit dem Rücken zu ihm, die Füße auf dem Schreibtisch, und döste.
Im Augenblick konnten sie nichts anderes tun als warten. Van Gemmern war noch im Labor, um ein paar Dinge auszuwerten, aus der Pathologie hatten sie bisher auch nichts gehört. Knappe zwei Stunden bis zur Pressekonferenz und sie hatten kaum etwas zu erzählen.
»Norbert?«
»Mhm.«
»Dem Giltjes sein Sohn, der Björn, der war doch dem Andy sein Kumpel.«
»Mhm.«
»Könnt’ doch sein, der war bei dem Bruch dabei, oder? Ich mein, is’ doch ziemlich wahrscheinlich, oder?«
»Mhm.«
»Der eine is’ tot un’ der andere is’ vermisst. Da is’ doch wat faul dran. Vielleicht is’ der Björn ja auch tot.«
»Ackermann«, stöhnte van Appeldorn, »warum soll der denn tot sein?«
»Ja, weiß ich au’ nich’. Et is’ einfach bloß komisch.«
»Mhm.«
Viel geschlafen hatten sie beide nicht. Schon um halb neun waren sie bei Frau Kaufmann gewesen. Die Streifenbeamten hatten ihr in der letzten Nacht mitgeteilt, dass Andreas tot war. Besonders Ackermann war das Szenario, das sie morgens in der Wohnung erwartet hatte, an die Nieren gegangen. Im Wohnzimmer hatten sich mindestens zwanzig Leute getummelt, Frauen, Männer, greinende Kinder, und alle hatten sie durcheinander geschnattert und lamentiert. Schnapsgläser waren herumgereicht worden. Mitten in dem ganzen Rummel Mutter Kaufmann, schluchzend, gebrochen. Ab und zu hatte sie einen Schrei ausgestoßen, »Andy!«, und sich das Haar gerauft. Andreas’ Schwester war auch da gewesen, Jacqueline, der einzige Mensch in dem ganzen Zirkus, der echte Trauer gezeigt hatte. Sie war fünfzehn Jahre alt, ein hübsches, ernstes Mädchen, das so gar nicht ins Milieu passte. Sie war diejenige, die ihnen sagen konnte, dass Andy mit Sicherheit
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