Ackermann tanzt
jemand einen Schlüssel hatte ... Ach, vergiss es!« Van Appeldorn wurde ungeduldig. Keiner war gern bei einer Leichenschau dabei, aber es durfte einen doch nicht dermaßen aus den Pantinen hauen, dass man nicht mehr wusste, wo oben und unten war. »Ich erledige das nachher.«
Der Tote lag jetzt nackt auf dem Rücken.
»Grüne Verfärbung der Bauchhaut, beginnend im rechten Unterbauch«, sagte Bonhoeffer. »Erste Fäulnisreaktionen, teilweise Hautablösung mit Blasenbildung. Lebende Fliegenmaden in den Augenwinkeln. Was meinst du, Klaus?«
»Vier bis acht Tage.«
»Also, dazu ...«, begann van Appeldorn, aber Bonhoeffer ließ sich nicht stören. »Wollen mal sehen ... Die Totenflecken lassen sich nicht mehr wegdrücken, die Totenstarre ist außer an den Gelenken gelöst. Ich würde sagen, er ist seit drei, maximal vier Tagen tot.«
»Kriegen wir das noch genauer?«, fragte van Appeldorn. »So viel wusste ich schon. Der Junge war nämlich am Freitag noch in der Schule.«
Bonhoeffer drehte sich um. »Noch genauer? Dazu muss ich ihn erst einmal auf dem Tisch haben. Aber ich glaube kaum.« Dann wandte er sich wieder dem Leichnam zu und öffnete ihm den Mund. »Erbrochenes ...«
»Platzwunde am Hinterkopf«, sagte van Gemmern. »Und das hier ist auch auffällig.« Er zeigte auf einige dunkle Stellen am Brustkorb und an der Seite.
Bonhoeffer nickte nachdenklich und stand auf. »Der Bestatter kann jetzt kommen und ihn in die Pathologie bringen. Und ich rufe mir mal ein Taxi.«
»Kannst du ihn dir morgen schon vornehmen?«, wollte van Appeldorn wissen.
Bonhoeffer hatte die Handschuhe ausgezogen und sein Handy aus dem Regenmantel geholt. »Ja«, antwortete er. »Morgen früh gleich als Erstes. Im Augenblick habe ich nicht viel zu tun, Sommerloch.« Dann drehte er sich zur Wand und führte seine beiden Telefongespräche.
Van Gemmern war dabei, Plastiktüten über die Hände des Toten zu ziehen. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er sich wünschte, endlich in Ruhe arbeiten zu können.
»Wir gehen jetzt zu den Rogmanns hoch, Klaus«, sagte van Appeldorn. »Oben am Anfang der Treppe liegt ein Hundehaufen, in den jemand reingetreten ist. Vielleicht ist der Junge ja darauf ausgerutscht. Schau’s dir mal an.«
Van Gemmern antwortete nicht. Er nahm die Kleidung des Jungen, betrachtete sie und packte sie dann in einen Plastikbeutel.
Ackermann lehnte an einem Stapel Kaminholz, der an der Garagenwand aufgeschichtet war. »’n Abend, Doktor! Tut mir Leid, dat ich schlappgemacht hab.«
Bonhoeffer lachte leise. »Für Sie war es das erste Mal, nicht wahr? Ich kenne einige, denen auch nach Jahren noch ganz schön flau dabei wird.«
Sie gingen durch die Garage am Wohnmobil vorbei zur Straße. »Lasst euch nicht aufhalten«, meinte Bonhoeffer. »Vermutlich wollt ihr auch irgendwann mal wieder ins Bett. Das Taxi muss gleich da sein. Ach ja, und sagt dem Bestatter, er soll vorsichtig sein beim Einpacken.«
Herr Rogmanns öffnete ihnen die Haustür. »Es tut mir Leid, aber wird es noch sehr lange dauern? Ich habe eine zwölfstündige Autofahrt hinter mir, wir sind seit über dreißig Stunden auf den Beinen ...«
»Norbert!«, rief van Gemmern aus dem Wohnzimmer.
»Entschuldigung, Herr Rogmanns«, meinte van Appeldorn und warf Ackermann einen strengen Blick zu. »Mein Kollege wird sich schon mal mit Ihnen unterhalten. Ich komme gleich hinzu.«
Van Gemmern hatte sich inzwischen einen Überblick verschafft. »Wie schnell brauchst du die Ergebnisse?«
»Vorgestern«, antwortete van Appeldorn, »wie immer. Das kennst du doch.«
Der ED-Mann legte seine Kamera zurück in den Koffer und ließ die Schlösser zuschnappen. »Aber sicher doch. Hör zu, dies sieht nach einer komplexen Geschichte aus und ohne anständiges Licht läuft hier gar nichts. Ich könnte natürlich alles ankarren lassen, aber das dauert. Außerdem arbeite ich grundsätzlich lieber bei Tageslicht, das weißt du. Also, Vorschlag: Ihr bringt die Leute bei Verwandten oder im Hotel unter, möglichst bis übermorgen, dann versiegelt ihr die Bude und stellt bis morgen früh eine Wache davor. Und wenn du schnelle Ergebnisse haben willst, brauche ich einen zweiten Mann.«
»Na wunderbar! Soll ich dir einen backen, oder was?«
»Sorge dafür, dass die Meinhard mir für morgen den Schumacher abstellt.«
»Den Schumacher?« Van Appeldorn war sicher, dass er sich verhört hatte. »Du meinst doch nicht diesen Schnulli aus Düsseldorf!«
Van Gemmern verzog für den
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