Acqua Mortale
Bug des Bootes schob sich durch die hängenden Äste einer Weide, und dann sah Lunau im Gegenlicht ein Knäuel aus Leibern. Zappaterras wuchtige Gestalt, die versuchte, sich von einem hageren schmächtigen Körper zu befreien, der an ihm hing wie ein Äffchen, ihn mit Tritten und Schlägen traktierte. Zappaterra bekam Danys Hände zu fassen, befreite sich aus ihrem Griffund drückte ihren Kopf unter Wasser. Ein, zwei Mal, dann war ihr Widerstand gebrochen, und Zappaterras Oberkörper lag ruhig auf dem Fluss. Die ausgestreckten Arme tief im Wasser. Die Stöße, die von unten kamen, wurden von seinen Schultern abgefangen.
Zappaterra riss noch einmal Danys Kopf aus dem Fluss, sein Blick war irr vor Jähzorn. »Du kleine, dreckige Schlampe dachtest also, du kannst mich erpressen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein?«, schrie er. »Nein? Ich hör dich so schlecht!« Er hielt sein Ohr an ihren Mund. »Was?«, schrie er. »Du musst lauter reden!«
Dany bewegte die Lippen, dann jaulte Zappaterra auf. Sie hatte ein Stück der Ohrmuschel zwischen den Zähnen. Er drückte sie unter Wasser, bis keine Gegenwehr mehr kam. Lunau hatte sich aufgerichtet und sprang vom Boot direkt auf Zappaterras Rücken. Sein lädiertes Schlüsselbein stach, und im rechten Arm verließ ihn sofort die Kraft. Wo, verflucht noch mal, blieb eigentlich Balboni? Zappaterra wog mindestens zwanzig Kilo mehr als Lunau, und er spürte dessen trainierte Muskeln unter dem Overall. Lunau erwischte Zappaterras Hinterkopf mit einem Ellbogenschlag. Dieser Schlag konnte das Kleinhirn blockieren. Aber Lunau hatte zu wenig Platz, um effektiv zu treffen. Zappaterra wankte nur, fasste sich an den Kopf und verlor in der Strömung das Gleichgewicht. Lunau griff sich den zierlichen Leib von Dany, versuchte, ihn sich auf die Schulter zu laden, konnte ihn dann aber nur mit dem linken Arm hinter sich her ziehen. Lunau hörte Zappaterra prusten, als plötzlich Sirenen näher kamen und Blaulicht über der Deichstraße kreiste. Eine Flut an Scheinwerfern rutschte hinunter ins Vorland und tauchte die Szenerie in gleißendes Licht. Autotüren wurden aufgerissen, Uniformierte verteilten sich auf dem Ufergelände.
»Keine Bewegung«, schrie Balboni. Er hatte, ebenso wie sechs seiner Kollegen, die Waffe im Anschlag und rannte auf Lunau zu. Und da endlich sah Lunau Amanda. Ein Polizist warf sich von hinten auf sie und entriss ihr das Gewehr. Lunau schrie: »Lasst sie los!« Lunau legte Danys leblosen Körper in den Sand, stemmte die Handflächen auf den Brustkorb, ein Wasserschwall schoss aus ihrem Mund. Als er seine Lippen auf Danys Lippen presste und mit aller Kraft Luft in sie hineinblies, sah er aus dem Augenwinkel, wie sich die Knie eines Polizisten in den Rücken der am Boden liegenden Amanda bohrten. Er sah ihren hilflosen Blick, die Angst, die langsam dem Hass Platz machte.
»Ihr sollt sie loslassen, verdammt. Helft lieber mir«, schrie Lunau. Zwei Beamte lösten ihn ab. Einer presste das Wasser aus Danys Lungen und massierte das Herz, der andere machte Mund-zu-Mund-Beatmung.
Eine Viertelstunde später saß Lunau bei Amanda im Wagen. Sie hatte das Gesicht auf die Hände gelegt, mit denen sie das Lenkrad umklammerte. Sie zitterte am ganzen Leib.
Lunau strich ihr vorsichtig über das Haar. Da sie nicht reagierte, versuchte er, ihren Kopf zu drehen. »Amanda«, flüsterte er, während die Sirene eines Rettungswagens näher kam. »Wenn eine Schusswaffe im Spiel ist, muss diese immer zuerst einmal unschädlich gemacht werden. Auch Polizisten kriegen es mit der Angst zu tun.«
Sie hob den Kopf und starrte ihn aus rot geheulten Augen an.
»Das ist es nicht. Ich konnte mich nicht bewegen, verstehst du. Ich hätte einmal Mut beweisen müssen, aber ich habe nicht einmal meinen Arsch hochgekriegt. Er hat sie umgebracht, und ich habe einfach zugesehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Du hast mehr Mut bewiesen als jeder andere hier. Du standest unter Schock.«
Sie schüttelte den Kopf, legte ihn wieder auf die Hände. Lunau zog ihn langsam zu sich heran und schlang seine Arme um Amandas Hals.
»Warum hast du mich hintergangen?«, fragte er.
Sie zuckte immer noch, löste sich aus seiner Umarmung und schaute ihm in die Augen. »Ich wollte wissen, wer Marco umgebracht hat.«
»Und jetzt weißt du es?«
Sie antwortete nicht.
»War es Pulla?«, hakte er nach. »Oder der Mann, der mit ihm zum Dienst eingeteilt war?«
Er spielte ihr die Aufnahmen der Drohanrufe vor. Er hatte die
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