Acqua Mortale
Pappelstämme, schließlich übers Wasser. Ein Auto rollte herab ins Vorland. Zappaterra trat auf den Wagen zu und blieb wie angewurzelt stehen. Der Wagen hielt, die Tür ging auf. Eine erschreckend magere junge Frau stieg aus.
»Dany?«, sagte Zappaterra, »wir waren doch erst in einer Stunde verabredet. In meiner Hütte.«
»Irrtum, wir waren hier verabredet.«
Er starrte sie fassungslos an. »Wieso?« Sein Gesicht war angespannt, plötzlich fiel sein Kiefer herab, und seine Fäuste ballten sich. Er hatte endlich begriffen.
»Du steckst dahinter? Was soll der Unsinn?«
Dany trat auf ihn zu. Ihr Blick war ausdruckslos, sie wirkte, als stünde sie unter Drogen. »Hast du das Geld mitgebracht?«, fragte sie kalt.
»Wovon redest du? Du weißt doch besser als jeder andere, dass ich keine zwei Millionen Euro auftreiben kann.«
»Ich weiß, wie viel du verdienst.«
»Eben.«
»Wenn du willst, kannst du es. Der Schwimmbagger für die ARNI hat auch so viel gekostet.«
»Hör auf mit dem Unsinn. Wir sind zusammen, dir gehört doch sowieso alles, was ich …«
»Wir sind nicht zusammen.«
»Was soll das heißen?«
»Und ich will, dass dieser Bastard in meinem Bauch krepiert.«
Zappaterras Gesichtsausdruck änderte sich. »Schluss jetzt, Dany.« Er klebte ihr eine.
Sie machte einen Ausfallschritt nach hinten, fing sich und trat wieder auf ihn zu. »Du hast meine Mutter auf dem Gewissen.«
Er winkte ab. »Unsinn. Sie hat mich verführt. Ich war damals noch Jungfrau. Aber sie war eine Klassefrau, deine Mutter.«
»Wo ist das Geld?«
»Wo ist die Aufnahme, und das andere Material?«
»Das Geld?«
Zappaterra hielt plötzlich das Gewehr in der Hand und legte es auf Dany an. »Hol das Material. Es gehört mir.«
Amanda hoffte, dass Dany nicht zum Wagen gehen würde. Um noch eine letzte Chance zu haben, hätte sie behaupten müssen, sie hätte die Beweise nicht dabei, an einem sicheren Ort deponiert. Aber sie marschierte seelenruhig auf ihr Auto zu. Ein schwaches Licht leuchtete in der Fahrgastzelle, wie von einem Monitor. Dany hantierte am Armaturenbrett und auf dem Beifahrersitz und kam mit einer Tasche zurück. Sie zog den Reißverschluss auf und präsentierte Zappaterra den Inhalt.
»Wirf sie her.«
Dany schleuderte Zappaterra die Tasche vor die Füße.
»Dany, Dany, du warst schon immer eine beschränkte Gans. Dumm fickt gut. Du weißt doch, wenn man einen Erpresser einmal bezahlt, muss man ewig bezahlen.«
Dany lächelte. »Und genau das wirst du tun.«
Er schüttelte den Kopf. »Du wirst jetzt wahrscheinlich irgend so einen Unsinn erzählen, dass eine Freundin von dir Kopien von allen Unterlagen hat und dass sie zur Polizei geht, wenn dir etwas zustößt. Aber wenn deine Freundin sieht, wie es dir ergangen ist, wird sie die Klappe halten. So einfach ist das.«
Dany reagierte nicht. Sie schaute Zappaterra nur an. »Und meinen Vater? Aus purem Sadismus hast du ihn zum Idioten gemacht? Wo ist das Geld?«
Zappaterra lachte höhnisch. »Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich jemandem zwei Millionen Euro gebe? Nach allem, was ich durchgemacht habe? Und dir schon gar nicht.«
Er zielte auf Danys Kopf und sagte: »Geh zum Wasser.«
»Nein.«
Sie schaute ihn verächtlich an.
»Du sollst gehen.« Seine Stimme hallte durch die Nacht.
»Schieß doch.«
Sie war ganz ruhig. Zappaterra schien einen Moment ratlos. Er spannte den Hahn und streichelte den Abzug. Dany lächelte ihn an, schloss die Augen und sagte: »Schieß!«
»So blöde werde ich sein«, zischte er, sprang dabei vor und griff sich Danys Handgelenke. Als er sie zum Wasser zerren wollte, kam Leben in sie.
Amanda sah die Waffe vor sich. Nur etwa zwanzig Meter entfernt, aber diese zwanzig Meter schienen ein unüberwindliches Hindernis. Und dann fing Dany so schrill zu schreien an, dass Amanda erstarrte. Sie wollte gegen die Lähmung ankämpfen, aber ihre Füße bewegten sich nicht vom Fleck.
Zappaterra hatte mit Dany das Flachwasser erreicht. Das Mädchen versuchte, ihm die Fingernägel ins Gesicht zu schlagen, aber er fing immer wieder ihre Hände ab. Er wollte Spuren vermeiden, und so brutal und enthemmt Zappaterra agierte – er hielt sich an seinen Plan.
84
Lunau hieb die Ruder ins Wasser. Die Schreie waren auf dem Fluss nicht leicht zu lokalisieren. Lunau passierte eine Bucht nach der anderen, aber wo war der Lido? Da war Licht im Ufergehölz, Autoscheinwerfer, warum war niemand auf der Deichstraße? Wo blieb die Polizei?
Der
Weitere Kostenlose Bücher