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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Frequenzen zu entzerren versucht, so dass die Stimme natürlicher klang. Man konnte sie nicht eindeutig identifizieren, aber der Akzent war deutlich. Harte Konsonanten, Doppelkonsonanten, wie bei einem süditalienischen Akzent. Und am Tatort war nur ein Süditaliener gewesen.
    »Also doch Pulla?«, fragte Amanda.
    »Hört sich ganz so an. Und deswegen hast du ihn observiert?«
    Sie schwieg. Dann sagte sie: »Ich habe auch Hinweise. Ich werde sie dir später zeigen.«
    »Warum hast du mir die Fotos von Pirri nicht gezeigt? Hat das irgendetwas mit Marcos Tod zu tun?«
    »Nein. Nur mit meiner Wut an jenem Abend.«
    »Und warum hast du mich observiert?«
    Jemand klopfte ans Seitenfenster. Es war Balboni. Lunau ließ die Scheibe heruntergleiten.
    »Ich will sie nachher direkt vernehmen. Sie alle beide. Können Sie in einer Stunde auf der Dienststelle sein?«
    Lunau nickte. »Also, warum hast du mich observiert?«
    »Mein Vater hat mir verboten, dich zu sehen.«
    »Und deshalb bist du mir nicht mehr von den Fersen gewichen?«
    Sie nickte.
    »Er scheint viel Einfluss auf dich zu haben.«
    Sie lachte nicht.
85
    Lunau stand auf dem weichen Läufer, schaute durch die geöffnete Tür in den Salon und spürte die feindselige Atmosphäre wie ein geruchloses Gas durch die Räume strömen. Er ließ seinen Blick über den Marmorkamin, die Ölgemälde und die Louis-XV.-Sesselchen schweifen, auf denen Gasparottos Gattin und Mutter saßen. Er erwiderte deren verächtlichen Gruß und sagte zu Gasparotto: »Ich würde gerne unter vier Augen mit Ihnen sprechen.«
    Gasparotto wies mit einer Geste Richtung Treppe. »In meinem Arbeitszimmer, aber viel Zeit habe ich nicht.«
    »Natürlich nicht«, sagte Lunau mit ironischem Unterton. »Mir genügen fünf Minuten.«
    »Sie erlauben, dass ich vorgehe.«
    Lunau folgte dem hageren, steifen Körper und verabschiedete sich mit einem Nicken von den beiden Hausdrachen, in das er so viel Gift wie möglich legte.
    Da Gasparotto ihm keinen Platz anbot, setzte Lunau sich auf den kleinen Diwan und sagte: »Ich nehme mal an, dass Ihre Verbindungen effizienter sind als die Ermittlungsmethoden der hiesigen Polizei. Aber mich können Sie nicht täuschen.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Zappaterra hat nicht nur aus Eigeninteresse gehandelt. Den Mord an Di Natale haben Sie gemeinsam geplant.«
    Gasparotto wurde blass. An seiner Kinnspitze konnte man ein leichtes Beben erkennen. »Was erlauben Sie …?«
    »Sie haben jahrelang von dem illegalen Sandabbau profitiert. So wie Pirri und Zappaterra davon profitiert haben. Sie haben dafür gesorgt, dass die ARNI stillhält, so wie es Pirri bei der AIPO getan hat.«
    Gasparotto lachte künstlich. »Sie haben wirklich gar nichts verstanden. Weder die Mentalität dieses Ortes noch die eines Menschen wie mir.«
    »Erklären Sie sie mir.«
    »Ich bin ein Ehrenmann, kein Mörder.«
    »Ein Ehrenmann bereichert sich nicht jahrelang auf Kosten der Allgemeinheit.«
    »Sehen Sie, Sie haben nichts begriffen. Unsere Behörden haben gar nicht die Mittel, dem Gesetz zu gehorchen. Den Sand immer wieder abzusaugen und an anderer Stelle wieder einzuleiten ist ein Luxus, den wir uns nicht erlauben können.«
    »Der Sand ist für das ökologische Gleichgewicht unverzichtbar.«
    Gasparotto schnaubte verächtlich. »Vom ökologischen Gleichgewicht faselt jeder, der die Zusammenhänge nicht kennt.«
    »Erklären Sie sie mir.«
    »Die AIPO hat das Geld nicht, um die Deiche zu erhöhen, aber die Spitzenpegel steigen kontinuierlich. Eine Frage der Zeit, wann es zu einer Hochwasserkatastrophe kommt.«
    »Es sei denn, Sie baggern den Sand ab und senken damit wieder das Flussbett.«
    Gasparotto lächelte. »Sie lernen schnell.«
    »Also geben Sie zu, dass Sie sich an dem illegalen Handel beteiligt haben.«
    »Ich habe zum Schutz der Allgemeinheit agiert. Im übrigenhabe ich sämtliche Finanzmittel zum Wohle der Allgemeinheit investiert.«
    »Was Sie unerwähnt lassen, sind die Langzeitfolgen. Wenn das Flussbett sich an einer Stelle immer tiefer eingräbt, verengt es sich. Der Sand wird nicht mehr auf der ganzen Breite ins Meer gespült, und damit steigt am Ende die Hochwassergefahr. Das Wasservolumen, das zwischen die Deiche passt, wird geringer statt größer.«
    Gasparotto antwortete nicht. Lunau sah sich in dem Raum um, in dem ein Porträt von Gasparottos Vater hing, zwischen einem präparierten Löwen- und einem Nashornkopf, Trophäen von Großwildjagden in einstigen italienischen

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