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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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jederzeit sah, ohne lange zu suchen. Ich wusste,
dass Situationen kommen würden, in denen ich diese Zettel noch brauchen würde,
außerdem beruhigten sie mich, wovon auch immer.
    Kurz vor Weihnachten kam mein Vater,
um mein Zimmer zu streichen. Es sollte eine Überraschung sein, er war mit dem
Auto gefahren und sie hatten Mint ausgesucht. Deine Mutter sagt, dass diese
Farbe zu deinen Haaren passt, sagte mein Vater. Ich freute mich, als er kam,
und er freute sich nicht, als er meine Notizen sah. Ada, sagte er, die müssen
abgenommen werden.
    Das geht nicht, hatte ich geantwortet,
dann finde ich nichts wieder, dann ist mein System dahin, an der Wand hängt
mein Studium, das kann man nicht einfach abnehmen, das Mint muss irgendwie
drumherum. Mein Vater ließ den Arm mit dem Farbeimer sinken und sagte, so geht
es nicht. Macht nichts, sagte ich.
    Er versuchte zu lächeln und brachte
das Mint wieder in sein Auto, mit dem wir zum Chinesen fuhren und Peking-Ente
aßen. Es begann zu schneien und deshalb war es irgendwie ein perfekter Moment.
Es ist schön hier zu sitzen, sagte ich. In China essen sie Hunde, sagte mein
Vater. Ja, sagte ich und an seinem Gesicht konnte ich sehen, dass er froh war,
dass wir Ente bestellt hatten.
    Ich denke über Weihnachten nach, sagte
mein Vater und blickte aus dem Fenster. Weihnachten war für mich bis zum 23.
Dezember immer noch weit weg und so rollte ich die Augen, als hätten wir Mai.
Ich möchte deiner Mutter dieses Jahr etwas Besonderes schenken, etwas, das gut
vorbereitet und durchdacht sein will, sagte er.
    Mein Vater kaufte meiner Mutter immer
ein Parfum zu Weihnachten, eines, das er von der freundlichen runden
Verkäuferin aussuchen ließ. Du weißt schon, sagte er, die mit dem wippenden
Pferdeschwanz und dem exzellenten Geschmack.
    Meine Mutter drehte jedes Jahr die
kleine Pappschachtel mit der großen Parfümerieschleife in ihren Händen und tat
überrascht und sagte, wie schön, Ada, riech mal. Mein Vater sah ihr beim
Auspacken zu und mir beim Riechen und lächelte. Ihr Frauen, sagte er.
    Dieses Jahr sollte es anders sein und
deshalb sagte ich, das ist schön. Ich dachte an meine Mutter und die Abende ohne
Blumen auf dem Tisch, dass es mehr wurden in letzter Zeit, und dass mein Vater
es anscheinend gemerkt hatte, und ich freute mich, dass er ihr eine Freude
machen wollte.
    Was schenkst du ihr, fragte ich. Sie
klagt über Rückenschmerzen und die viele Arbeit und das Haus, das so groß ist,
seit du weg bist. Vor allem der Rücken, Ada, sagte er.
    Ich dachte, dass er ihr eine Reise
nach Spanien zur Erholung schenken würde, und stellte mir die beiden am Strand
vor mit einer Pina Colada, die sie mit Strohhalmen aus einer Kokosnuss tranken.
Ich sah sie auf einem Katamaran sitzen und meine Mutter hielt die Beine ins
Wasser.
    Oder ein Wochenende in einem teuren
Wellness-Hotel irgendwo an der nordfriesischen Küste mit guter Luft und mit
Massagen und Peeling und Grünkernsuppe zum Frühstück und mein Vater würde die
Bedienung fragen, gibt es keinen Speck und keine Eier, und meine Mutter würde
sich schämen.
    Ich sah Mamas leuchtende Augen in
ihrem ungläubigen Gesicht unterm Weihnachtsbaum vor mir, da sagte er, eine
Putzfrau, Ada. Ich schenke deiner Mutter eine Putzfrau zu Weihnachten. Davon
hat sie lange etwas und dann ist sie am Abend nicht mehr so sehnsüchtig.
    Zufrieden lehnte er sich zurück, in
der einen Hand hielt er ein auf die Gabel gespießtes Stück Peking-Ente und mit
der anderen strich er sich über den Bart. Was meinst du, Ada, soll ich eine
Polin einstellen? Die sind sehr sauber und gründlich und die kosten nicht viel.
Eine Deutsche kann sich ja kein Mensch leisten heutzutage und zum Saubermachen
brauchen ja selbst die Frauen keine Vokabeln.
    Mir blieben sie aus, die Vokabeln,
nach diesem Gespräch und ich hatte meinen Reis nicht aufgegessen und war froh,
dass meine Wände nicht mint waren, als ich nach Hause kam.

9
    Wenn wir genug Mist
geschaufelt hatten und die Schweine satt waren oder sich im Schlamm wälzten,
und wenn Bo die Kühe gemolken hatte und es Abend war, verschwand er in der
Küche und es lärmte und krachte und einige Zeit später stand ein dampfender
Topf auf dem Tisch oder eine Bratpfanne und ich stellte Teller dazu und wir
tranken Wein.
    Einmal hatte ich die Teller
nebeneinander gestellt und Bo hatte verdutzt geguckt und er saß neben mir und
wir aßen kaum etwas. Es schmeckt anders, sagte Bo und ich lachte und die
Beklemmung fiel ab von uns.

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