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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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warte
draußen, sagte ich, denn ich hatte das Gefühl, dass ich in seinem Haus
fehlplatziert war, und ich fühlte mich fremd. Bo hatte mich nicht angesehen. Er
hatte nur achtlos die Hand gehoben, so als wollte er eine Fliege verscheuchen,
die immer wieder in sein Gesicht flog, oder einen Hund, der zu dicht neben ihm
ging.
    Im Hinausgehen fiel mein Blick auf
sein Bücherregal. Das Regal war bis auf einen Stapel Landwirtschaftszeitungen
leer. Die Zeitungen lagen ordentlich gestapelt in kleinen Türmchen
nebeneinander und ein dicker Ordner, auf dem Rechnungen stand, lag neben ihnen, sonst nichts. Ich blieb
stehen, drehte mich langsam um und sah Bo an. Er hielt den Kopf weiterhin
gesenkt und kritzelte mit dem Bleistift etwas auf die Papiere vor sich.
    Wann, hörte ich Bo sagen und ich
wusste, dass ich nicht mehr gemeint war, und ich fragte mich in diesem Moment,
wann es aufgehört hatte. Ich zog meine Schuhe wieder an und ging hinaus. Ich
lief um das große Haus herum und ging in den Stall. Die Kühe standen dicht
nebeneinander und ich streichelte die Kälbchen. Ich füllte ihre Heuraufen auf
und gab ihnen frisches Wasser. Ich kniete mich neben eine Kuh und fasste ihr
Euter an. Es war warm und haarig und es fühlte sich an wie weiches Sandpapier.
    Ich lehnte meinen Kopf gegen den
feuchten Körper der Kuh. Sie schwankte leicht hin und her, vielleicht hatte sie
schon geschlafen. Die Frauen aus England konnten überall sein, auch hier. Sie
hatten keinen Ort und keine Zeit, sie hatten sich auf nichts und niemanden
festgelegt. Sie waren an nichts gebunden, keine Großstadt, keine Universität,
keine Menschen. Wie ins All geschossen, dachte ich und die Kuh schwankte unter
meinem Kopf.
    Sie konnten hier ebenso sein wie
überall, ich hatte es nicht erkannt. Meine Stirn wurde warm durch den Körper
des Tieres und meine Gedanken flossen klar und sicher durch meinen Kopf. Ich
konnte sie mitnehmen, hierher, zu Bo, und es sprach nichts dagegen, hatte nie
etwas dagegengesprochen und Bo hatte es gewusst. Er hatte ihnen sogar ein Regal
gegeben in seinem Wohnzimmer. Bo, flüsterte ich und neben mir schlürfte eine
Kuh laut aus dem Wassertrog.
    Ich stand auf und verließ den Stall.
Draußen war es dunkel und kalt. Ich roch an meinen Händen, der Geruch von Euter
und Kuh klebte daran. Ich hatte ihn an Bo nie gerochen, er hatte ihn immer
abgeduscht, wenn ich da war. Bo, rief ich in die Dunkelheit. Es blieb still und
es dauerte einen Moment, bis ich mich orientieren konnte. Ich wollte zum Haus
zurückgehen und Bo sagen, dass ich eine Entscheidung getroffen hatte. Ich
wollte ihm sagen, dass ich es erkannt hatte und bereit war, ich wollte ihn
berühren und ihm sagen, dass er mein Zeuge sein würde und dass ich es lernen
konnte, und dann würde er irgendwann mein Gefährte sein.
    Ich ging zur Haustür, ich wusste, dass
der andere Weg jetzt nicht ging, dass der gewohnte Hintereingang durch die
Küchentür mir heute Abend nicht noch einmal zustand. Ich hatte diese Tür immer
benutzt, immer, wann ich es wollte. Bo hatte ich nie gefragt und Bo hatte nie
etwas gesagt. Nur heute Abend hatte er etwas gesagt, er hatte geschwiegen und
seine Augen von mir abgewendet, und das waren schneidende Worte gewesen, und
ich hatte es noch immer nicht verstanden.
    Die Haustür war groß und alt und ein
abgenutzter Klingelknopf ragte aus der steinernen Wand. Kein Name stand darauf.
Die Namen standen nur auf dem rostigen Briefkasten an der Hofeinfahrt, durch
die Jahre verwittert und abgeblättert, unleserlich und älter als ihre Träger.
Neben Bo standen dort noch Jost und Martha. Das waren seine Eltern gewesen, die
kurz nacheinander gestorben waren. Bo hatte mir ihre Namen gezeigt, als er
Elisabets hinzufügte, und gesagt, sie waren vierzig Jahre lang nur einen Tag
ohne einander und das war, als ich geboren wurde, später hat mein Vater vor
ihrem Grab gestanden und gesagt, das ist doch keine Geburt hier. Ein kalter
Wind hatte an dem Tag geweht, als Bo mir das erzählte, und Bo hatte gesagt, dass
es der gleiche Wind war, der seinen Vater von ihrem Grab nach Hause getrieben
hatte, bevor er sich auf seine Hälfte des Bettes legte, um nie wieder
aufzustehen.
    Ich wollte meinen Finger auf
den Knopf legen und es Bo endlich sagen, doch ich drückte die Klingel nicht
durch, etwas hielt mich zurück, eine Unentschlossenheit, ein leiser Zweifel,
und vor allem war es Angst. Ich hatte Angst, es Bo zu sagen, denn dann könnte
Bo sagen, nein, Ada, und das konnte er nicht in mein

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