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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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gemeinsam. Dann lernen Sie auch gleich das Haus ein bißchen kennen.«
    Mandy wiederholte skeptisch: »Lyrik?« Gedichte nach Tonbanddiktat zu schreiben war eine heikle Sache. Sie hatte die Erfahrung gemacht, daß sich zumindest bei moderner Dichtung kaum erkennen ließ, wo eine Zeile aufhörte und die nächste begann.
    »Nein, nein, auf dem Band sind keine Gedichte. Mr. Dauntsey macht derzeit eine Bestandsaufnahme unseres Archivs und überprüft, welche Dokumente von bleibendem Wert sind und welche vernichtet werden können. Peverell Press publiziert seit 1792, und da besitzen wir natürlich allerhand interessantes Material aus den Gründerjahren, das sich zu katalogisieren lohnt.«
    Mandy folgte Miss Etienne über die breite Freitreppe in die Halle hinunter und von dort zur Rezeption. Anscheinend würden sie den Fahrstuhl nehmen, und der ging nur vom Parterre aus. Wohl kaum der geeignete Weg, das Haus kennenzulernen, dachte sie. Trotzdem war das vorhin eine vielversprechende Bemerkung gewesen, die sich anhörte, als sei der Job ihr schon sicher, vorausgesetzt, sie wollte ihn. Und daß sie ihn wollte, wußte Mandy, seit sie vorhin von der Terrasse aus die Themse gesehen hatte.
    Der Lift war eng, maß kaum mehr als anderthalb Quadratmeter, und als die Kabine ächzend aufwärts ruckelte, spürte Mandy die beklemmende Nähe der stummen, hochgewachsenen Gestalt, deren Arm fast den ihren streifte. Zwar hielt sie den Blick starr auf das Fahrstuhlgitter gerichtet, aber natürlich roch sie trotzdem Miss Etiennes Parfüm, einen zarten, leicht exotischen Duft, dabei aber so schwach, daß es vielleicht gar kein Parfüm, sondern nur eine teure Seife war. Alles an Miss Etienne dünkte Mandy teuer: die Bluse, deren matter Glanz verriet, daß sie aus Seide war, die zweireihige Goldkette und die goldenen Ohrstecker, die lässig um ihre Schultern drapierte Strickjacke mit dem flauschigen Kaschmir-Look. Doch ihr von all den aufregenden neuen Eindrücken hier in Innocent House geschärfter Instinkt erriet auch, daß Miss Etienne unsicher und gehemmt war. Seltsam, wenn jemand hätte nervös sein sollen, dann höchstens sie, Mandy: statt dessen konnte sie es in der klaustrophobisch engen Kabine, die noch dazu aufreizend langsam nach oben schaukelte, vor Spannung förmlich knistern hören.
    Der Lift kam ruckartig zum Stehen, und Miss Etienne zog mit einiger Kraftanstrengung das Scherengitter zurück. Mandy betrat hinter ihr einen schmalen Gang, von dem direkt gegenüber eine Tür abging und etwas weiter links eine zweite. Die Tür vis-â-vis stand offen und gab den Blick frei auf einen großen, vollgestopften Raum, in dem sich auf bis zur Decke reichenden Metallregalen Aktenordner und Papierstöße türmten. Zwischen den Regalen, die von den Fenstern bis zur Tür gingen, blieb nur ein schmaler Durchgang frei. Es roch nach altem Papier, die Luft war muffig und verbraucht. Mandy zwängte sich hinter Miss Etienne zwischen Aktengestell und Wand durch bis zu einer kleinen Tür, die geschlossen war.
    Miss Etienne blieb davor stehen und sagte: »Hier drinnen arbeitet Mr. Dauntsey an unserer Verlagsgeschichte. Wir nennen diesen Raum das kleine Archiv. Mr. Dauntsey wollte das Band auf dem Tisch bereitlegen.«
    Mandy wunderte sich über diese eigentlich unnötige Erklärung, und ihr war, als ob Miss Etienne, die Hand schon auf dem Türgriff, sich nicht zu öffnen traute. Dann aber stieß sie mit einer so heftigen Bewegung, als erwarte sie von drinnen Widerstand, die Tür weit auf.
    Wie ein böser Geist entwich der Gestank und quoll ihnen entgegen; es roch nach Erbrochenem, gar nicht einmal stark, aber Mandy war so wenig darauf gefaßt, daß sie im ersten Moment zurückschrak. Über Miss Etiennes Schulter hinweg erfaßte sie mit einem Blick ein kleines Zimmer mit bloßen Dielen, einem quadratischen Tisch rechts von der Tür und einem einzigen hohen Fenster, das eigentlich nur eine Art Oberlicht war. Darunter stand ein schmales Bett, und darauf lag, der Länge nach ausgestreckt, eine Frau.
    Mandy hätte auch ohne den Geruch gewußt, daß sie eine Tote vor sich hatten. Sie schrie nicht, sie hatte noch nie aus Angst oder vor Entsetzen geschrieen; aber eine gepanzerte Riesenfaust hielt ihr Herz umklammert und drückte zu, bis sie so heftig zu zittern begann wie ein Kind, das man aus eiskaltem Wasser gezogen hat. Wortlos, mit leisen, fast unhörbaren Schritten, näherten sie sich dem Bett, Mandy dicht hinter Miss Etienne.
    Die Frau lag oben auf der

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