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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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nicht, ihn in Verlegenheit zu bringen. Aber sie gab nicht auf und fragte ihn, ob er jüdisch sei.
    »Wer weiß das schon«, sagte er.
    »Sie sollten es wissen, Jack.«
    »Sehen Sie, sowohl die irischen Moss als auch die italienischen Picalis, die Familie meiner Mutter, sind ein wilder Haufen. Ein wild kopulierender Haufen. Eine Kuckuckskinderbrutstätte. Und da weiß man halt nicht so genau, woher man kommt und was man eigentlich ist. Aber wenn es für Sie wichtig ist, Gnädigste, dann bin ich ab heute gerne Jude.«
    Jack stand Lara Cohen Rede und Antwort und steckte sich die neunte Zigarette an. Da erblickte ich meinen Opa.
    Die Tür zwischen Küche und Wohnzimmer war einen Spaltbreit offen. Moses stand, von allen anderen unbemerkt, in der dunklen Küche. Unsere Blicke trafen sich. Das, was in seinen Augen leuchtete, machte mir Angst. Als ich erkannte, dass mein Großvater einen viel zu kleinen Schlafanzug trug, dass seine Haare zu Berge standen und er sich seit mindestens einer Woche nicht rasiert hatte, beschloss ich, ihn zurück auf seinen Dachboden zu bringen, bevor Oma ihn entdeckte. Denn ich fürchtete, dass Moses’ Aufzug ihr einfach nur weitere Munition für die ominösen Englandpläne liefern würde.
    Während Jack erzählte, dass er in Frankfurt aufgewachsen sei, weil sein Vater dort stationiert war, stahl ich mich unter dem Vorwand, aufs Klo zu müssen, davon. Auf Zehenspitzen schlich ich über den Flur zu der zweiten Küchentür. Opa öffnete den Mund, aber ehe er sprechen konnte, schüttelte ich meinen Kopf und nahm ihn an der Hand. Folgsam wie ein gut dressiertes Pferd trottete er hinter mir her. Auf halbem Weg unternahm er einen zweiten Versuch, etwas zu sagen. »Gleich, Opa«, flüsterte ich.
    Auf dem Dachboden stank es wie im Zoo nach Affenpisse oder Pandapisse, dazu mischte sich Jacks Zigarettenrauch, der durch Ritzen und Spalten bis nach oben gedrungen war.
    »Welches Bild war heute drin?«
    Ich hatte keine Ahnung, was er von mir wollte. »Was meinst du?«
    Moses lachte. »Ich will es dir doch nicht wegnehmen.« Er strich mir über die Haare. »Aber du kannst es mir wenigstens zeigen.«
    »Was? Was soll ich dir zeigen.«
    »Manchmal glaube ich, sie raucht nur so viel, damit ihr eure Wand vollkriegt.«
    Seine Stimme war fest, der Blick wach, aber was er sagte, ergab keinen Sinn. Zumindest damals nicht. Ich hätte mich weniger geängstigt, wenn er wie wild mit dem Kopf gewackelt oder laut geschrien hätte. Klaviermusik drang von unten zu uns und riss mich aus meiner Starre. »Ich muss runter, sonst wird Oma sauer.«
    Moses lächelte. »Sag ihr, dass sie nicht so viel rauchen soll. Sag ihr das.«
    Ich nickte verwirrt. Er wusste doch ganz genau, dass Lara Cohen niemals eine Zigarette anrühren würde.
    Oma saß mit verschränkten Armen und überkreuzten Beinen auf ihrem Platz, während Jack im Stehen Klavier spielte und Mama neben ihm, ohne Taktgefühl, aber mit umso größerem Enthusiasmus, in die Hände klatschte. Jack fing an zu singen und sah mehr denn je wie Elvis aus. Die Beine meiner Mutter wippten, ihre Füße lösten sich vom Boden. Sie schüttelte ihr Haar, ihr Gesicht glühte, und als ich das Sofa erreicht hatte, unterbrach Jack sein Lied und sagte zu meiner Oma: »Gnädigste, ich glaube, ich muss Ihre Tochter heiraten.«
    Oma zog ihre Gliedmaßen noch fester zusammen. »Meine Tochter ist eine erwachsene Frau, auch wenn man das manchmal glatt vergessen könnte. Also, lieber Jack, tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
    Jacks Rumpf und seine Arme gehörten dem Klavier, die untere Hälfte seines Körpers suchte die Nähe meiner Mutter.
    Lara Cohen brodelte. Ihre ganze Haltung sagte: ›Lächerlich.‹ Ich hingegen sah nur die Schönheit dieses nicht enden wollenden Tanzes. Aber ist Schönheit nicht immer von einer Kruste Lächerlichkeit überzogen?
    Oma stand auf und packte mich unsanft am Arm. »Edward und ich gehen jetzt schlafen. Gute Nacht.«
    Jack verließ unsere Wohnung erst, als es draußen hell wurde. Er ging, ohne seine Telefonnummer oder Adresse zu hinterlassen. Als ich Mama fragte, wann sie ihn wiedersehen würde, antwortete sie nur: »Ich werde ihn wiedersehen.«
    Magda Cohen wartete geduldig, während mich bereits nach ein paar Tagen die Angst beschlich, dass Jack Moss Berlin schon verlassen haben könnte.
    Eine Woche später wurde ich krank und musste das Bett hüten. Fieberschübe versetzten mich in einen euphorischen Dämmerzustand. Phantasie und Wirklichkeit vermischten

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