Adams Erbe (German Edition)
damals in den Fundgegenden lebten oder ist anzunehmen, dass eine gemeinsame Ahnenschicht in den Fundgegenden und in den heutigen Hottentotten-Gegenden lebte, und dass diese Art Menschen bei uns durch irgendwelche Umstände – sagen wir durch Klimawechsel – oder durch die Cromagnon und die späteren nordischen Menschen vertrieben und vernichtet wurde.
4.) Genauestens wäre in diesem Zusammenhang nachzuprüfen, wie lange man von den Hottentotten und anderen Völkern, die solche Fettsteiße haben, diese Art des Körperbaues bereits weiß, und weiterhin, woher die Hottentotten und diese anderen Völker in jedem einzelnen Fall stammen. Insgesamt also, wie weit man sie zurückverfolgen kann.
5.) Interessant wäre hier nachzuforschen, wie die Hottentotten die Körperfülle gerade an diesen Stellen hervorbringen. Allein durch vieles Essen ist das nicht zu ermöglichen, da sonst die Fülle sich an allen Stellen des Körpers ansetzen würde.
6.) Bei der Zusammenarbeit mit dem Rasse- und Siedlungshauptamt-SS bitte ich beide Teile dafür zu sorgen, dass keine Doppelarbeit nebeneinander, sondern eine wirkliche Gemeinschaftsarbeit geleistet wird.
gez. H. Himmler«
Anna lächelte.
»Daran bin ich gescheitert.«
»Was ist das?«, fragte ich und hielt den absonderlichen Wisch hoch.
»Ein Forschungsauftrag. Erteilt von Heinrich Himmler im September 1941. Als das Massentöten bereits begonnen hatte.«
Immer noch lächelnd fuhr sie fort. »Als ich das gelesen habe, die Venus, der Fettsteiß, da wusste ich, dass ich niemals verstehen würde, dass ich gescheitert bin. Besser kann ich es nicht erklären. Ich hörte auf zu forschen und zog mich zurück. Es waren Menschen, das ist das Schlimme.«
»Und Ihr Verlobter?«
»Wir haben geheiratet. Er ist schon seit vielen Jahren tot. Aber wir sind bis zum Schluss zusammengeblieben. Er war ein guter Freund. Er hat auf mich aufgepasst. Bevor er starb, hat er zu mir gesagt: ›Anna, du musst warten, vielleicht hast du etwas übersehen.‹«
Es war still in dem gelben Zimmer. Für einen Moment verschwand alle Traurigkeit aus Annas Augen.
»Und jetzt kommst du, Edward, und erzählst mir… erzählst mir von der Liebe.« Sie stand auf und legte ihre dünnen Finger auf meine Schulter. »Ich bin froh, dass ich gewartet habe.«
Als ich mich von Anna verabschiedete, bestand sie darauf, dass ich Adams Buch wieder mitnehmen sollte. Es sei an mir, sagte sie, die Geschichte zu behalten.
Ich flog zurück nach Berlin. Neben mir im Flugzeug saß ein hübsches Mädchen. Vielleicht muss man sogar sagen, dass sie sehr schön war. Sie lächelte mich an, und auch ihr Lächeln war hübsch. Wir stellten uns vor, sie hieß Diana und war Fotografin.
»Und was machst du so?«, fragte sie. Auch ihre Stimme war hübsch.
Ich überlegte einen Moment lang. Was machte ich so? Und dann gab ich ihr die einzig ehrliche Antwort.
»Nichts.«
»So?… Und was willst du mal machen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Keine Pläne?«
»Nein.«
»Ach, komm schon«, sagte sie und stieß kameradschaftlich gegen meine Schulter. »Du musst doch irgendwelche Ziele haben?«
»Nein.«
Und dann erzählte sie mir von ihren Zielen und Plänen, und ihr Geschwätz machte mich müde, denn das hatte ich alles schon tausendmal gehört.
Sie klimperte mit ihren Wimpern. »Und wenn du jetzt die Augen schließt, wie stellst du dir dein Leben in zehn Jahren vor?«
»Gar nicht.«
Diana wurde es wohl langweilig mit mir. Sie setzte sich ihre Kopfhörer auf und starrte aus dem Fenster, während ich darüber nachdachte, wo ich wohl in zehn Jahren sein würde.
Und dann sah ich etwas vor mir und tippte Diana an. Sie nahm ihre Kopfhörer ab.
»Ja?«
»In zehn Jahren möchte ich auf dem Vulkan der Kaliken tanzen, das ist nämlich der einzige Ort, an dem Adams Erbe, der Sohn des einzigen Gottes der Elefanten, atmen kann. Leute wie du werden kommen und mich tanzen sehen. Sie werden über mich lachen und sagen: ›Ach, es ist ja nur der Narr.‹ Aber das wird mir nichts ausmachen.«
Ihr hübsches Lächeln verwandelte sich in eine hübsche Fratze. Sie stand auf, um aufs Klo zu gehen, sie kam nicht mehr zurück.
Erst am Gepäckband in Berlin sah ich Diana wieder.
»Tschüss«, sagte ich, als sich unsere Wege ein letztes Mal kreuzten.
»Du bist total krank«, sagte sie zum Abschied und eilte davon.
Fängt man an zu schreiben, weil es jemanden gibt, dem man alles erzählen will?
Fängt man an zu erzählen, weil der Gedanke, dass alles
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