Adams Erbe (German Edition)
oder nicht. Doch bevor sie sich entscheiden konnte, stimmte Jack ein Lied an, und ich klatschte und stampfte im Takt. Die Zwillinge begannen zu weinen, während wir für unsere Herde musizierten und mit den Hüften wackelten.
Es war bereits dunkel, als wir den Zoo verließen. Erst jetzt fiel mir ein, dass Oma und Mama wahrscheinlich schon zu Hause waren und nicht wussten, wo ich mich herumtrieb. Jack bot an, mich zu fahren. Zuerst lachte er, als er bemerkte, dass die Autoschlüssel nicht in seiner Jackentasche steckten, sondern im Zündschloss des schwarzen Volvos. Dann fluchte er und knallte seine Faust gegen das Fenster. Jacks Gesicht verzog sich zu einer unansehnlichen Grimasse. Je länger er vergeblich auf das Glas einschlug, desto zorniger wurde er. Fasziniert und verängstigt zugleich beobachtete ich, wie er außer Kontrolle geriet.
»Ich kann auch mit der Bahn fahren«, sagte ich vorsichtig. Jack sah mich an, und in diesem Moment schien er nicht mehr zu wissen, wer ich war, aber auch ich konnte in diesem tobenden Mann nicht mehr den einzigen Gott der Elefanten erkennen. Er holte aus, und für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er würde mich schlagen. Schützend hielt ich meine Arme hoch. Das Glas brach, seine Hand blutete, und Jack war wieder Jack. »Steig ein, Ed.« Er zwinkerte mir zu. Nur seine verletzte Faust erzählte von der unendlichen Wut, die ihn eben noch beherrscht hatte.
Jack begleitete mich nach oben. Oma öffnete uns die Tür, und noch ehe ich eine Entschuldigung herausbringen konnte, spuckte sie Gift und Galle. »Und wer sind Sie?« Es klang wie eine Drohung.
»Jack Moss, ich habe Ed nach Hause gefahren.« Er reichte Oma die Hand. Die heile natürlich.
»So, Sie haben Edward nach Hause gefahren.« Sie reckte ihren Hals und betrachtete Jack Moss genauer.
»Sie erinnern mich an irgendwen…« Und dann dämmerte es Lara Cohen. »Elvis«, zischte sie. Halb belustigt, halb verärgert.
»Ich nehme an, Sie kennen auch meine Tochter, Edwards Mutter?«
»Kennen ist wohl übertrieben, aber ich habe ihr schon einmal die Hand geschüttelt.«
Endlich bat Oma uns herein. »Möchten Sie etwas trinken, Herr Moss?«
»Jack, nennen Sie mich bitte Jack.«
Lara Cohen lächelte verächtlich, aber ganz kalt ließ er sie nicht, der hübsche Amerikaner, der da auf unserem Sofa saß.
»Gut, Jack, möchten Sie etwas zu trinken?«
Er wollte. Ohne zu fragen, zündete sich Jack eine Zigarette an. Das hatte noch niemand gewagt, aber er konnte ja nicht ahnen, dass meine Großmutter eine militante Nichtraucherin war. Mit offenem Mund verfolgte ich, wie sie einen Teller aus der Küche holte und ihn auf den Couchtisch knallte. »Wir haben leider keinen Aschenbecher«, sagte sie eisig. Jack bedankte sich artig.
»So, Herr Moss…«
»Jack.«
»Jack, woher kommen Sie?«
»Aus dem Zoo.«
Oma lachte ihr punktgenaues Lachen, das an diesem Abend ein kleines bisschen affektiert klang.
»Sind Sie Amerikaner?«
»Jawohl. Mit irischen und italienischen Wurzeln.«
»Und sind Sie geschäftlich in Berlin?«
»Auch.«
Doch bevor Oma das Verhör weiterführen konnte, ging die Wohnungstür auf und Mama kam herein. Es ist schwer zu sagen, wer von den beiden sich über dieses Wiedersehen mehr freute, Magda Cohen oder er.
»Jack Moss«, flüsterte Mama, sie hatte seinen Namen nicht vergessen. Er stand auf und begrüßte sie. Oma und ich waren nur noch Publikum. Stolz kroch durch meine Adern, denn ich hatte meiner Mutter dieses Lebendgeschenk mitgebracht. Lara Cohen betrachtete die Szene mit der amüsierten Herablassung, mit der man sich auch über einen onanierenden Gorilla, eine misslungene Slapstick-Einlage oder ein billiges Happyend amüsiert.
»Wo ist der Professor?«, fragte Oma, als Mama sich neben Jack auf das Sofa setzte.
»Zu Hause, nehme ich an.«
»So. Na ja dann… Jack wollte uns gerade erzählen, was er in Berlin macht. Nicht wahr?«
Er zündete sich eine weitere Zigarette an und grinste.
»Also Jack?«
»Ich handele.«
»Sie handeln? Und womit, wenn man fragen darf?«
»Zurzeit mit Halbedelsteinen und Fossilien.«
»Das klingt ja aufregend«, sagte Oma spöttisch.
Jack Moss lachte. »Aufregend ist das vollkommen falsche Wort, Gnädigste.«
»Dann ist es hoffentlich ein lohnendes Geschäft, wenn es schon nicht aufregend ist«, bohrte sie weiter.
»Das ist eine Frage für einen Philosophen. Ich möchte mir nicht anmaßen zu bestimmen, was lohnend ist und was nicht.«
Sie schaffte es einfach
Weitere Kostenlose Bücher