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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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sich bis zur Ununterscheidbarkeit. Ich habe Erinnerungen an meinen Opa, der nachts weinend in mein Zimmer geschlichen kam, als alle anderen schon schliefen, aber ich weiß nicht, ob ich es nur geträumt habe oder ob er tatsächlich an meinem Bett saß.
    Meine Mutter weigerte sich, das Haus zu verlassen, solange es mir nicht besserging. Das wiederum bescherte uns die viel zu häufige Anwesenheit des Professors. Jedes Mal, wenn es an der Tür klingelte, hoffte ich, dass Jack hereinmarschieren würde, und jedes Mal wurde ich enttäuscht.
    Bei seinen Besuchen ließ es sich der Professor nicht nehmen, auch in meinem Zimmer vorbeizuschauen. Meine glasigen Augen und meine verschwitzte Stirn inspirierten ihn zu medizinischen Referaten, mit Vorliebe über die Pest. Ob ich mich schlafend stellte oder wie ein sterbendes Tier zu wimmern begann, nichts brachte ihn zum Schweigen.
    Endlich begriff auch meine Oma, dass die Aufmerksamkeit, mit der mich Professor Doktor Strombrand-Rosselang verschwenderisch bedachte, meiner Genesung nicht zuträglich war.
    »Lieber Professor, Edward braucht Ruhe.«
    »Frau Cohen, ich komme nicht nur als Freund, sondern auch als Arzt.«
    Durch den Türspalt sah ich den Schatten von Lara Cohens Hals, der wie eine kampfbereite Schlange in die Höhe schoss.
    »Lieber Herr Professor, ohne Ihnen nahetreten zu wollen. Sie sind Gynäkologe.«
    Beleidigt folgte er meiner Oma ins Wohnzimmer.
    Seit dem Abend mit Jack lag eine nervöse Unruhe in der Luft, die auch ich in meinen wenigen klaren, fieberfreien Momenten spürte. Irgendetwas war ins Rollen geraten, und ich konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob Jack Moss der Auslöser war oder nur zufällig danebenstand.
    Es nahte der nächste Monat, der nächste erste Sonntag und damit die Möglichkeit herauszufinden, ob der Amerikaner noch in der Stadt war. Ich wurde gesund. Am Mittwoch ging ich wieder in die Schule, und am Freitag verabschiedete sich der Professor endgültig aus unserem Leben. Er gab meiner Mutter auf der Schwelle unserer Wohnungstür den Laufpass. Sein Adieu machte einen Schlenker vom Burgund über das zaristische Russland und die Eileiterinfektion im Allgemeinen. Als er schließlich am Ziel ankam, hörte meine Mutter längst nicht mehr zu.
    »Kommen Sie doch rein, Herr Professor, es zieht«, sagte sie mit einem müden Lächeln.
    »Fräulein Cohen, haben Sie mich denn nicht verstanden?«
    Meine Oma, die vom Wohnzimmer aus das ganze Gespräch, oder besser gesagt den Monolog belauscht hatte, sprang auf und machte der Szene ein Ende.
    »Was war denn?«, fragte Mama verwundert, als der Professor die Treppen hinunterlief.
    »Magda, Magda.« Lara Cohen schüttelte ihren Kopf und seufzte. »Er hat dich verlassen.«
    »Ach so.« Mama zuckte mit den Schultern.
    Oma stieß ein paar für ihre Verhältnisse ziemlich schlimme Flüche aus und prophezeite Magda Cohen eine sehr, sehr einsame Zukunft, aber dann gab sie doch zu, dass der Professor wahrlich zu viel redete und nicht nur »kluges Zeug«. »Wenigstens ist jetzt Ruhe«, sagte sie, nahm ihren Mantel und verließ die Wohnung.
    In der Nacht machte Moses auf dem Dachboden gewaltigen Lärm. Als ich nachsehen wollte, schickte Oma mich zurück ins Bett und lief selbst hinauf. Bevor sie die Tür der Bibliothek hinter sich schloss, hörte ich Opas Stimme.
    »Vielleicht haben sie sich nur versteckt. Vielleicht sind sie noch hier. Dieses Mal nehme ich sie einfach mit.«
    Dann polterte und rappelte es, und irgendwann war es still.
    Am Samstag hatte ich Klavierunterricht. Um Oma meine Gesundheit zu demonstrieren, damit sie mich am Sonntag aus dem Haus ließe, machte ich mich auf den Weg zu Frau Nöff.
    Ich klingelte und klopfte an der Wohnungstür. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis mir jemand öffnete. Die Frau, die vor mir stand, war nicht meine Klavierlehrerin, sondern eine wesentlich ältere, schnurrbartlose Version der Nöff. Ich hielt meine Noten hoch. Die Fremde stammelte etwas von unvollständigen Telefonlisten, es tue ihr leid, dass ich umsonst gekommen sei. »Möchtest du vielleicht kurz herein?«
    Ich folgte ihr. Jemand hatte das Leben der Nöff in Umzugskartons gestopft.
    »Zieht sie aus?«
    Die Alte nickte.
    »Wohin?«
    »Christina ist krank.«
    »Was hat sie?«
    »Der Kopf. Der Kopf macht, was er will. Aber jetzt bekommt sie Hilfe. Ich bin Christinas Mutter, und wer bist du?«
    »Eduard«, sagte ich, und dann ging es mit mir durch: »Eduard Moss-Chopin.«
    Ihr fielen fast die Augen aus den Höhlen.

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