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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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kündeten davon, dass diese Geschichte nicht mit »Es war einmal vor langer, langer Zeit…« begann, sondern mit der Jahreszahl 1940. Oder hatte hier bloß ein schusseliger Regisseur den Schauspielern die falschen Kostüme angezogen?
    Nein, es war 1940. Und zur Begrüßung brüllten die Soldaten wie die dicke Gudrun und streckten ihre Arme in die Höhe. Bussler und ich antworteten nicht minder energisch mit dem gleichen Wunsch – oder war diese Heilsverkündung ein Befehl?
    Bevor wir den Garten betreten durften, wurden meine Papiere kontrolliert. Nicht sehr gründlich, schließlich stand ein Sturmbannführer neben mir. Bussler und ich stapften durch den winterlichen Park und suchten die Hütte, in der der Schlossgärtner auf uns wartete.
    »Ist Frank da?«, fragte ich Bussler.
    »Nein, Dr.   Frank ist nicht da.«
    »Kennen Sie ihn eigentlich persönlich?«
    »Ja, aber nur flüchtig.«
    »Bussler, Sie scheinen es ja ganz schön weit gebracht zu haben.«
    Der Sturmbannführer überging meine Bemerkung, und schweigend erreichten wir den Holzverschlag. Vor der Tür der Hütte standen vier Männer. Janusz, der Schlossgärtner, zuvorderst, die anderen drei einen Schritt weiter hinten. Er begrüßte uns ebenfalls mit einem »Heil Hitler«, die anderen drei rissen ihre Mützen vom Kopf. Ich spürte ihre Blicke, prüfende Blicke. Anton Richter war ein Mann an ihrer Wand, den es einzuschätzen galt.
    Der unaufhörlich lächelnde Janusz führte Bussler und mich durch die Anlage, um uns die Rosenbestände und die Gewächshäuser zu zeigen.
    Ich gab mir Mühe, wie ein Experte zu wirken, aber wie betrachtet ein Fachmann seine Blumen, wenn sie unter einer dicken Schneedecke liegen? Und während der Sturmbannführer in kurzen Sätzen den Park lobte und Janusz ihm untertänigst zustimmte, hielt ich den Mund und versuchte, irgendwie in meine Rolle hineinzufinden.
    »Habt ihr schon alles winterfest gemacht?« Diese Frage war das klägliche Ergebnis meiner Bemühungen.
    »Er meinen was bitte?« Januszs gemeißeltes Lächeln hielt, aber in seinen Augen glimmte… Was war es? Hohn? Verachtung?
    »Winterfest… Ähm… Die Rosen. Ich… Abgedeckt… Damit sie nicht frieren.«
    »Oh, der Herr, Sie fragen mich das im Ende des Februars? Ich meine, der werte Herr, winterfest muss man machen, bevor das Winter kommt.«
    »Der Winter, es heißt der Winter«, sagte ich hilflos.
    »Der Winter, wie Herr Richter meinen, der Winter.«
    Das war also der erste Auftritt von Anton Richter, dem germanischen Rosenzüchter. Der Winter!
    Als wir uns von Janusz verabschiedeten, beschlich mich die Ahnung, dass mein schnauzbärtiges Ich in dem Garten des Gouverneurs ein einsames Dasein fristen würde.
    Der Wagen fuhr uns zurück zu meiner Wohnung, und Bussler begleitete mich noch nach oben. Während ich die Tür aufschloss, kam ein Mann, der nicht älter als Anton Richter sein konnte, die Treppe herunter. Er trug eine Uniform. In meinen Augen die gleiche wie der Maestro. Die feinen Unterschiede, die den einen als Sturmbannführer und den anderen als Unterscharführer kennzeichneten, entgingen mir. Unterschiede, die Julian Bussler ziemlich weit oben auf der Karriereleiter ansiedelten und Bubi Giesel, so hieß der junge Mann, einen Platz auf den unteren Sprossen zuwiesen. Aber Bubi war jung, und man würde ihm sicher im Laufe der Zeit noch den einen oder anderen Streifen auf den Kragen kleben. Dann könnte er in ein paar Jahren auch Orkane bannen.
    »Guten Tag, Herr Sturmbannführer.«
    »Ah, Giesel, wie geht es Ihnen?«
    »Soweit, soweit… In Prag war’s besser.«
    Bussler nickte verständnisvoll, und nach zwei Seufzern stellte er uns einander vor. Adam Cohen meldete sich zurück und musterte das Gesicht des Unterscharführers. Seine dunkelblauen, fast violetten Augen waren nicht unsympathisch, seine Wangenpartie kräftig, ohne hart zu wirken. Ehrgeizig, aber nicht verbissen, lautete Adams Diagnose. Und was hätte die Seherin gesagt? Edda Klingmann hätte Bubi mit seinem glänzenden braunen Haar einen schönen, nein, sogar einen wunderschönen Mann genannt.
    »Dann wohnen Sie genau unter mir, Herr Richter«, sagte Giesel, bevor er weiterlief.
    »Wer war das?«, fragte ich Bussler, als wir die Tür von Antons Wohnung hinter uns geschlossen hatten.
    »Das war Bubi. Unterscharführer Bubi Giesel. Ich habe ihn in Prag kennengelernt. Er…«
    »Sie waren auch in Prag?«
    »Kurz.«
    Wie wenig wusste ich doch über meinen Sturmbannführer.
    »Jedenfalls ist Giesel

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