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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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harmlos, im Gegensatz zu seinem Onkel.«
    »Wer ist sein Onkel?«
    » SS -Obersturmbannführer und Kriminalrat Dr.   Kurt Giesel. Er ist in Warschau. Ich denke nicht, dass er hier auftauchen wird, und wenn doch, dann geh ihm am besten aus dem Weg.«
    Nachdem er mir noch einen Haufen Ratschläge erteilt hatte, verabschiedete sich Bussler und versprach, nächste Woche wiederzukommen.
    Dann war es still, und ich war allein, zum ersten Mal in meinem Leben allein. Hier gab es keinen Dachboden, keine Mutter und keinen Bruder. Ich wanderte durch die Zimmer meines neuen Zuhauses. Als das Umherlaufen seine beruhigende Wirkung verloren hatte, kochte ich Kaffee und aß ein Stück Brot. Wo warst du wohl, Anna?
    Gedanken, die keinen Sinn ergeben wollten, flüsterten in meinem Kopf. Dann fiel mir das Fahrrad ein.
    Frau Kufner öffnete mir die Tür. Aus der Wohnung und aus ihren Haaren kroch der Geruch von gekochtem Kohl. Ihr neugieriger Blick huschte über meinen Körper und verweilte einen Atemzug lang auf Antons Oberlippenbart. Binnen weniger Minuten erfuhr ich, dass Rudolf, also Herr Kufner, also ihr Mann, noch nicht zu Hause war. Dass die Kufners aus Hamburg waren und seit fünf Monaten im GG wohnten und dass sie, Frau Kufner, bitte sagen Sie Erika, lieber in Hamburg geblieben wäre. Aber wenn die Pflicht ruft, was soll man da machen? Und wenn das Vaterland ihren Rudolf brauche, dann müsse man sich halt fügen. Mit den Polen sei es ein Kreuz, nichts als Ärger. Aber in diesem Haus würden jetzt, Gott sei Dank, ja nur Deutsche wohnen, man sei sozusagen unter sich.
    Nach Erikas Rapport folgte das Verhör.
    Ob ich den reizenden Unterscharführer Giesel schon kennengelernt hätte? Ob ich tatsächlich auf Schloss Kressendorf Rosen züchten würde? Ob ich das Schloss von innen gesehen hätte? So ein echtes Schloss, das würde sie ja schon mal interessieren. Und dann bombardierte sie mich mit den Namen ihrer Berliner Bekanntschaften. »Kennen Sie die Marion? Marion…« Ach der Nachname, etwas mit F, er lag ihr auf der Zunge. Mit F… Er wollte ihr einfach nicht einfallen. »Nein? Kennen Sie nicht? Oder den Uwe Obert oder Ubert? Nein, auch nicht? Aber vielleicht den Willi Morlein? Oder seinen Sohn, den Michi, ein sehr, sehr, sehr erfolgreicher Anwalt, der…«
    Doch bevor ich mehr über Michi erfahren konnte, betrat Bubi das Haus.
    »Herr Giesel, Herr Unterscharführer, guten Abend. Kennen Sie schon Herrn Richter? Herr Richter ist aus Berlin und…«
    »Ja, Frau Kufner, wir kennen uns bereits«, sagte er und lächelte. Die Frau des Hauswarts geriet unter seinem Blick, diesem strahlend violetten Blick, aus dem Takt, und ich nutzte die Gelegenheit und bat erneut um mein Fahrrad.
    »Das steht im Keller.« Seufzend zog sie einen dicken Schlüsselbund aus ihrer Schürzentasche.
    »Ich mache das schon, dann müssen Sie nicht die Treppen hinuntersteigen«, sagte Bubi und griff nach den Schlüsseln.
    »Ach, Herr Giesel, Sie sind aber zu reizend. Meine Knie, die…« Während sie weiterredete, verschwanden Giesel und ich im Keller.
    »Danke, Herr Giesel.«
    »Ich heiße Bubi.«
    »Gut, Bubi.«
    »Gut, Anton«, und er schüttelte meine Hand. »Wenn die Kufner einmal loslegt, gibt es kein Entkommen.«
    An dem Fahrrad hing ein Zettel mit meinem Namen, mit meinem neuen Namen: Anton Richter.
    Gemeinsam trugen wir das Rad nach oben.
    »Meine Güte, ihr Zivilisten habt aber auch immer ein Schweineglück«, sagte Bubi, als wir meine Wohnung betraten. »Ich habe nur zwei winzige Zimmer, verdammt noch mal.« Er lachte.
    »Die habe ich zugeteilt bekommen. Ich…«
    Giesel besichtigte Antons Reich, und in einem Raum entdeckte er ein Schachbrett. »Spielst du Schach?«, fragte er.
    »Nein. Das gehört mir nicht. Das stand schon hier.«
    »Soll ich es dir beibringen?«
    Ich war einverstanden, weil ich das Alleinsein, anders als Bubis Uniform, fürchtete. Der Unterscharführer war ein miserabler Lehrmeister und ich ein wahrlich unbegabter Schüler. Ohne es auszusprechen, gaben wir das Spiel auf und begannen uns zu unterhalten. Bubi, der eigentlich Bodo hieß, kam aus Köln. Er war das einzige Kind eines Konditormeisters und einer Friseurin. Mit neunzehn, also vor vier Jahren, war er der SS beigetreten und vor einem Jahr dem SD . Vielversprechend hatte seine Karriere in Himmlers Verein begonnen, aber dann…
    »Die Frauen«, sagte er und lächelte.
    In Köln hatte er eine verheiratete Dame geschwängert. Nur dank der Hilfe seines Onkels, eines hohen Tiers

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